Angespielt, nicht durchgespielt: Unsere Games-Kurzkritik "Screenshot" beantwortet Fragen zu den neuesten Computer- und Videospielen auf allen gängigen Plattformen. Das Format gibt einen ersten Eindruck, worauf Sie sich bei einem neuen Spiel freuen können - und wann Sie lieber noch skeptisch sein sollten.
Worum geht es in "Mittelerde: Schatten des Krieges"?
Es geht um Orks, Elben und Ringe. Wir befinden uns in Mittelerde, dem fiktiven Kontinent aus den Romanen von J.R.R. Tolkien. Die Geschichte spielt im Land Mordor, irgendwann zwischen "Der kleine Hobbit" und "Herr der Ringe". Wie im Vorgänger "Mittelerde: Mordors Schatten" zieht der Held des Spiels, Talion, durch das düstere Reich. Erneut begleitet ihn der Geist von Celebrimbor, der ihn im Kampf unterstützt und ihn unsterblich macht. Dieser Elbenschmied hat auch die Ringe der Macht erschaffen.
Die Geschichte knüpft an den ersten Teil an. Talion führt nun einen Feldzug gegen Sauron und versucht, ihn mit seinen eigenen Waffen zu besiegen. Mit einem neuen, mächtigen Ring soll Talion Orks rekrutieren und unterjochen, um den dunklen Lord zu besiegen: "Einen Ring, sie zu knechten, sie alle zu finden. Ins Dunkel zu treiben und ewig zu binden." Letztendlich bleibt die Handlung aber Nebenschauplatz im Kampf gegen Sauron.
Was sieht vielversprechend aus?
Talion stellt seine eigene Armee auf, indem er Orks datet. Das funktioniert über das sogenannte Nemesis-System. Schatten des Krieges generiert für jeden Spieler individuelle Orks. Mit unterschiedlichem Aussehen, unterschiedlichen Eigenschaften und einem eigenen Anmachspruch. Die Auswahl erfolgt nach dem Tinder-Prinzip: Ein Wisch nach rechts, und es ist ein Match. Wer in die Gegenrichtung wischt, muss den hässlichen Typen nie wiedersehen.
Jeder Ork hat einen individuellen Steckbrief. Der füllt sich, wenn man sie stalkt, indem man andere Orks über sie ausfragt: "Hat Angst vor Fliegen" - nach links wischen. "Kommt mit einer Horde Bodyguards und lässt sich nicht gerne exekutieren." Mit diesem Profil hat sich "Shakuga The Heartless" einen Platz an der Seite des Spielers gesichert und darf fortan dessen Festung beschützen. Die Weiterentwicklung des Nemesis-Systems hebt "Schatten des Krieges" von anderen Spielen ab. Vor allem dann, wenn verschmähte Orks plötzlich wieder auftauchen und Talion für seine Ablehnung wüst beleidigen.
Warum sollte man trotzdem kritisch sein?
Im Unterschied zum Vorgänger muss der Spieler diesmal eine ganze Kriegsmaschinerie steuern. Dabei geht es nicht nur ums Kämpfen, sondern auch um die Versorgung der Armee. Neben den größten, schönsten und stärksten Orks kann der Spieler Beute einsammeln. Besiegte Gegner lassen Gegenstände und Mirian fallen, so heißt die Währung im Spiel. Wer brav der Handlung folgt, wird so langsam aber sicher stärker.
Doch das Spiel bietet auch die Möglichkeit, mit Devisen aus der realen Welt zu bezahlen. Für ein paar Euros lassen sich Gegenstände und Gefolgsleute erwerben. Ungeduldige können so das mitunter langwierige Sammeln umgehen. Viele Spieler lehnen solche Lootbox-Modelle mit In-Game-Käufen aber ab. Immerhin ist "Schatten des Krieges" ein Vollpreistitel und kostet etwa 60 Euro. Außerdem gibt es in Foren bereits Vorwürfe, dass die Entwickler das Ende des Spiels bewusst so gestaltet hätten, dass es ohne Mikro-Transaktionen äußerst mühselig sei voranzukommen. Das könnten aber auch vom Schwierigkeitsgrad genervte Spieler sein, die Frust ablassen.
Woran erinnert "Schatten des Krieges"?
Auf den ersten Blick ist das Spiel weniger Tolkien als sein Vorgänger. Zwar nehmen Kämpfe und Schlachten in den Büchern eine zentrale Rolle ein, doch "Schatten des Krieges" geht dabei deutlich brutaler zu Werke als die Romanvorlage. Während Talion in Mordors Schatten noch ein leisetretender Waldläufer war, wird er im neuen Spiel zum Kriegstreiber. Die Schläge, Tritte und Konter sind einem Arsenal von Waffen, Tricks und Drachen gewichen. Fast jeder Schwertstrich tötet einen Ork, an Blut wird dabei nicht gespart.
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Doch den Entwicklern war es auch wichtig, Tolkiens Geschichte weiterzuschreiben. So tauchen neben dem Ringschmied Celebrimbor auch die Riesenspinne Kankra, die neun Ringgeister und der Balrog auf. Die Spieleschmiede Monolith füllt die Zeit zwischen dem Hobbit und dem Herrn der Ringe mit Material aus Tolkiens Sagenbuch "Silmarillion" und erfindet selbst noch Handlungsstränge hinzu.
Was passiert, wenn man das Spiel zum ersten Mal startet?
Für alle, die den ersten Teil nicht gespielt haben, gibt es eine kurze Einführung: Talions Familie wird von Saurons Orks getötet. Der Waldläufer rächt sich mit Hilfe von Celebrimbor. Danach beginnt sofort die neue Handlung, indem Celebrimbor einen neuen Ring der Macht schmiedet. Bevor Talion den Ring verwenden kann, muss er ihn schon wieder abgeben, um Celebrimbor zu befreien. Die neue Besitzerin ist die Riesenspinne Kankra. Aus dem Prolog entspinnt sich der erste Akt, in dem der Spieler erfährt, wie aus der Stadt Minas Ithil das aus Buch und Film bekannte Minas Morgul wird.
Wie fühlt sich "Schatten des Krieges" nach vier Stunden Spielzeit an?
Vier Stunden gespielt und keinen einzigen Ork gedatet. Im ersten Akt bleiben dem Spieler alle Fähigkeiten verwehrt, die dem Aufbau einer eigenen Streitmacht dienen. Stattdessen präsentieren die Entwickler eine schön erzählte Solokampagne. Während die Handlung langsam voranschreitet, werden dem Spieler viele Kampfkünste und weitere Funktionen im Spiel erklärt. Erst nach fünf bis sechs Stunden öffnen sich für Talion schließlich die Tore nach Mordor und damit auch die Herzen der Orks.
"Mittelerde: Schatten des Krieges" ist am 10. Oktober 2017 für PC, Playstation 4 und Xbox One erschienen.