Mitbegründer verlässt Kurznachrichtendienst:Twitter ohne Biz

Er hat Twitter programmiert, zum Erfolg gemacht und wurde zum Gesicht des Unternehmens: Jetzt verlässt Biz Stone den Führungszirkel des Kurznachrichtendienstes - und hat schon das nächste Online-Projekt in den Startlöchern.

Jannis Brühl und Johannes Kuhn

Nein, er hat es nicht auf Twitter verkündet. Dort hat Biz Stone lediglich auf einen Blogeintrag verwiesen, in dem er über sein nächstes Projekt schreibt - und am Ende des Texts enthüllt, dass er aus dem Führungszirkel des von ihm mitgegründeten Nachrichtendienstes Twitter ausscheidet.

Biz Stone

Erst half er den Leuten, sich in 140 Zeichen auszudrücken, jetzt will er ihnen helfen, "die Welt zu verbessern": Twitter-Mitbegründer Isaac "Biz" Stone.

(Foto: AP)

Nach fünf Jahren will "Biz" - der eigentlich Isaac heißt - das US-Unternehmen verlassen und etwas Neues anfangen. "Ich habe entschieden, dass ich meine Zeit am effektivsten nutze, wenn ich den Leuten nicht im Weg herumstehe, bis ich zu einem spezifischen Einsatz aufgefordert werde", schreibt der 37-Jährige.

Stone programmierte den Twitter-Prototyp und wurde zum Gesicht des Unternehmens: Das Magazin Time nahm ihn 2009 in seine Liste der 100 einflussreichsten Menschen auf. Während seiner Zeit als Kreativdirektor begannen Millionen zu tweeten, ein Twitter-Account wurde zur Pflicht, für Popstars wie Lady Gaga und für Politker wie US-Präsident Barack Obama. Er hat aber nicht nur den Kurznachrichtendienst mitentwickelt, sondern auch Blogdienste wie Blogger oder Xanga.

Große Technologieunternehmen könnten die Ideen des Bloggers und Programmierers Stone gut gebrauchen. Doch Stone ist sein eigener Unternehmer: Künftig wolle er sich darauf konzentrieren, Schulen, Nichtregierungsorganisationen und Firmen zu unterstützen, kündigte er an.

Außerdem will Stone mit Evan Williams, mit dem er auch Twitter gründete, die "Obvious Corporation" aufbauen. Was genau sie mit dem Online-Start-up vorhaben, klingt allerdings noch etwas nebulös: Obvious wolle "große Probleme lösen" und Systeme entwickeln, die "Menschen helfen, die Welt zu verbessern", schreibt Stone.

Führungskarussell beim Kurznachrichtendienst

So ganz will sich Stone allerdings nicht von seinem Liebling verabschieden: Einen Teil seiner Zeit werde er Twitter nach wie vor unterstützen, schreibt er.

Überraschende Personalentwicklungen in der Führungsebene des im kalifornischen San Francisco ansässigen Unternehmens sind nicht völlig neu. So verließ Geschäftsführer und Mitbegründer Williams die Führungsriege von Twitter im Herbst 2010; Dick Costolo wurde sein Nachfolger als CEO.

Erst im März kündigte dann Geschäftsführer und Mitbegründer Jack Dorsey an, sich künftig als Aufsichtsratsvorsitzender um die Produktentwicklung in Übersee kümmern zu wollen. Im Mai löste Technik-Chef Greg Pass seinen Vertrag auf.

Die Veränderungen spiegeln auch einen Richtungsstreit um die Strategie wider: Twitter soll mittelfristig an die Börse, wird aber im Jahr 2011 Prognosen zufolge nur einen Umsatz von 100 Millionen Dollar generieren.

Twitter will mehr Geld verdienen

Derzeit versucht das Unternehmen deshalb der Financial Times zufolge, in großem Stil Werbekunden zu gewinnen. Im Moment bekommen Twitter-Nutzer nur wenige Anzeigen zu sehen, dies soll sich offenbar ändern.

Unter den Gründern war dieser Kommerzialisierungs-Kurs, der von CEO Dick Costolo nun mit aller Macht verfolgt wird, immer umstritten: Evan Williams' Rückzug galt als Signal, dass dem Idealismus der ersten Jahre nun der Versuch folgen wird, Geld zu verdienen.

Anders als Williams gilt Rückkehrer Jack Dorsey in dieser Hinsicht als pragmatisch. Biz Stone nahm eine Art Mittelrolle ein: Als Aushängeschild des Unternehmen verkörperte er einen Jungunternehmer, der den idealistischen Hintergrund der Twitter-Idee jedoch nie zu erwähnen vergaß. In die aktuellen Planungen, so ist aus seinem Beitrag herauszulesen, war er allerdings kaum mehr eingebunden.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: