Süddeutsche Zeitung

Missliebige Geschäfte:Kein Geld für Mugabe

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Die Wirtschaft ist Teil der Gesellschaft und kann sich deshalb nicht um politische und ethische Diskussionen drücken - schon gar nicht, wenn es um den simbabwischen Gewaltherrscher Mugabe geht.

Judith Raupp

Es kommt nicht alle Tage vor, dass die deutsche Regierung Druck auf ein privates Unternehmen ausübt, weil dieses missliebige Geschäfte betreibt. Beim Münchner Geldnoten-Konzern Giesecke & Devrient ist das geschehen.

Bundesentwicklungsministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul nannte die Lieferungen von Banknotenpapier an das Regime des simbabwischen Gewaltherrschers Robert Mugabe in einem Interview "schrecklich". Und Außenminister Frank-Walter Steinmeier hat persönlich beim Vorstand angerufen, um ihm das Geschäft auszureden. Schließlich hat Giesecke & Devrient den Vertrag mit der Zentralbank in Harare gekündigt. Dieser Vorfall zeigt, dass die Wirtschaft ein Teil der Gesellschaft ist und sich deshalb nicht um politische und ethische Diskussionen drücken kann. Genau das hat Giesecke & Devrient versucht - und es ist gründlich schiefgegangen.

Menschenrechtsorganisationen kritisieren das Unternehmen wegen seines Geschäfts mit dem Verbrecherregime in Simbabwe seit Monaten. Die Konzernleitung ist dieser moralischen Kritik stets mit einer juristischen Rechtfertigung begegnet. Es gebe keine internationalen Wirtschaftssanktionen gegen Simbabwe. Also habe Giesecke & Devrient auch keine Handhabe, den Vertrag zu kündigen. Weshalb konnte das Geschäft nun aber mit sofortiger Wirkung beendet werden? Die Sanktionen sind bisher noch nicht verhängt worden. Die Europäische Union und der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen diskutieren bis auf weiteres nur über solche Strafmaßnahmen. Und auch an der Tatsache, dass die Bundesregierung das Privatunternehmen Giesecke & Devrient rechtlich nicht zum Rückzug aus Simbabwe zwingen kann, hat sich nichts geändert. Mit anderen Worten: Das Unternehmen wollte das Geschäft bisher nicht kappen. Erst der öffentliche Druck, den Berlin aufgebaut hat, führte zu dieser Entscheidung.

Berlin unter Zugzwang

Nun stellt sich die Frage, ob es legitim ist, wenn Bundesminister einem Unternehmen derart zusetzen. Für den Fall Simbabwe gilt: Ja, es war legitim in der Sache, aber über die Motive der Regierung muss man streiten. Vermutlich war Giesecke & Devrient ein willkommenes Opfer, um international ein Zeichen zu setzen. Andere westliche Länder rufen schon seit langem nach scharfen Sanktionen gegen Simbabwe. Damit geriet Berlin unter Zugzwang. Und natürlich hat die Regierung die Gunst der Stunde genutzt, um Pluspunkte in der Bevölkerung zu sammeln. Fast die ganze Welt empört sich derzeit über den dreisten Machthaber Mugabe, der den Wahlsieg mit Gewalt an sich gerissen hat. Da kommt es gut an, wenn sich die Minister als Retter der Menschenrechte aufspielen. Berlin könnte auch andere Konzerne anprangern, die Geschäfte mit zwielichtigen Regimen betreiben. Es ist aber einfacher, einen Konzern zu ächten, der in Simbabwe tätig ist, als einen, der etwa mit China Geschäfte macht. Denn in Simbabwe sind kaum noch deutsche Unternehmen vertreten, während Deutschlands Konzerne in China dick im Geschäft sind.

Und dennoch war es richtig, Giesecke & Devrient zum Ausstieg zu bewegen. Das Unternehmen hat Mugabe nicht etwa Autos oder Äpfel geliefert, sondern Papier für Banknoten. Angesichts der Hyperinflation in Simbabwe und der Wechselkurspolitik, die allein das Regime begünstigt, erleichtert es der stetige Bargeldfluss Mugabe, an der Macht zu bleiben. Der Rückzug von Giesecke & Devrient bedeutet zwar nicht, dass das Gewaltregime über Nacht verschwindet. Aber er erschwert es Mugabe zumindest, seinen Machtapparat zu finanzieren.

Unabhängig davon, wie sich der Lieferstopp in Harare auswirkt, hätte Giesecke & Devrient prüfen müssen, ob das Simbabwe-Geschäft noch dem hauseigenen ethischen Verhaltenskodex entspricht. Spätestens seit der ersten Runde der Präsidentschaftswahl im März ist die Gewalt in dem Land eskaliert und die Repressionen sind immer härter geworden. Unternehmen, die sich selbst ethische Leitlinien geben, müssen auch eigene ethische Urteile treffen. Sie können die Verantwortung nicht allein der Staatengemeinschaft zuschieben.

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SZ vom 04.07.2008/mel
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