Wozu das Ganze? Wollten Achenbach und Gaensel sich für den Fall vorbereiten, dass sie die Millionen vom slowenischen Staat zurückbekommen?
Auf Anfrage der Süddeutschen Zeitung schreibt Helmut Gaensel, er sei heute der Besitzer der Gelder. Abzüglich von Abgaben an zwei Investoren und Anwaltskosten in Höhe von 700 000 Euro, würden ihm die sechs Millionen gehören. Seiner Mail hängt er ein Formular an, in dem steht, dass ihm vom 23. Juni 1998 an, Achenbach den Anspruch auf das slowenische Konto übertragen habe.
Nach dem Gerichtsurteil in Slowenien wurde es zunächst ein paar Jahre still um Achenbach. Bis er im Jahr 2010 auf die Idee kam, den slowenischen Staat auf Schadenersatz zu verklagen. Schließlich sei ihm ein immenser Schaden entstanden, weil er acht Jahre lang keinen Zugriff auf sein Geld hatte. Er verlangte 1,2 Millionen Euro Schadensersatz plus Zinsen - und verlor. Die letzten Jahre seines Lebens hat Achenbach dann, wie ein Sprecher der Exilregierung von Sealand erklärt, in Belgien verbracht. Er sei vor etwa einem Jahr im Alter von 80 Jahren gestorben.
"Besonders sicher fühle ich mich auf Sealand, wenn es draußen stürmt, denn dann weiß ich, dass uns keiner erreicht."
Auch der selbsternannte Fürst Paddy Roy Bates ist mittlerweile tot, er starb im Jahr 2012 im Alter von 91 Jahren. Die letzten Jahre seines Lebens hat er auf dem Festland verbracht. Sein Sohn Michael leitet heute die Regierung.
Auf Sealand selbst versucht man bis heute, die Schein-Welt vom Fürstentum weiter aufrecht zu erhalten. Vor ein paar Jahren erzählte Michael, der amtierende Fürst, in einem Interview mit der Welt vom aus seiner Sicht unvergleichlichen Leben auf der Insel: "Die meisten Schlafzimmer auf Sealand befinden sich unter Wasser, in den beiden Türmen des Seeforts. Nachts hört man dann das Pochen der vorbeifahrenden Schiffe, wie im Film ,Das Boot'. Besonders sicher fühle ich mich auf Sealand, wenn es draußen stürmt, denn dann weiß ich, dass uns keiner erreichen - und damit keiner angreifen kann."
Vor sechs Jahren, nach einem Brand auf der Plattform, versuchte eine spanische Immobilienfirma, die rostige Stahlplattform auf zwei Beinen für 750 Millionen Euro zu verkaufen. Es fand sich aber kein Käufer, der die kuriose Immobilie wollte. Stattdessen bieten die Sealander nun allerlei skurrile Souvenirs an, um sich Geld zu beschaffen. Auf der Internetseite des Fürstentums kann man sich zum Beispiel für knapp 30 Pfund einen Fürstentitel kaufen oder für knapp sechs Pfund eine Mail-Adresse des fiktiven Staates.
Auch die Exil-Regierung ist nicht untätig. Sie hat zum Beispiel einen Sealand-Businessclub gegründet, mit internationalen Mitgliedern vorwiegend aus der Wirtschaft. Auf ihrer Webseite steht, die Klubbeiträge würden unter anderem dazu verwendet, um "die Unabhängigkeit des Fürstentums Sealand gegenüber dem internationalen Finanzwesen" zu wahren. Das Ziel sei es "ein weltweites Kredit- und Debitkartennetz" aufzubauen.
Fettes Brot drehte auf Sealand ein Musikvideo
Am Telefon erklärt ein Sprecher der Exilregierung außerdem, der Club wolle die sogenannte Vril-Technik vorantreiben. Wie bitte? Was ist das denn? Man habe, behauptet der Sprecher der Exilregierung, auf Basis deutscher Ufo-Technologie einen leistungsfähigen Generator entwickelt, der gewaltige Energiemengen erzeugen könne. "Heute weiß doch jeder, dass es Ufos gibt", sagt der Sprecher.
Ach ja. Und wer nutzt diesen seltsamen Vril-Generator? Antwort: Viele Leute.
Wie viele? Keine Antwort.
Gelegentlich kommen auch noch Besucher auf Sealand vorbei. So vor drei Jahren die deutsche Pop-Band "Fettes Brot", die auf der Plattform ein Musikvideo für ihren Song "Echo" produzierte. Die Dreharbeiten sind auf Youtube dokumentiert. Man sieht, wie die Bandmitglieder mit dem Boot an der Plattform anlanden, sich mächtig lustig machen über diese seltsame Nation, und sich dann von einer Schaukel nach oben ziehen lassen.
Heute soll auf der rostigen Plattform in der Nordsee nicht mehr viel los sein, an manchen Tagen wacht Berichten zufolge nur noch ein einsamer Wachmann über das Pseudo-Fürstentum.