Mindestlohn für Taxifahrer:Überleben am Steuer

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Taxis Hamburg: Die Branche hält einen Mindestlohn für existenszbedrohend. (Foto: picture alliance / dpa)

Die Taxibranche fürchtet den Mindestlohn, manche Unternehmen haben Angst vor einer Pleite. Der neue Lohn hätte aber wohl auch Auswirkungen auf Fahrer: Sind sie nicht besonders geschickt und fleißig, könnten sie ihren Job verlieren.

Von Thomas Öchsner

Die 200.000 Taxifahrer Deutschlands gehören zu den am schlechtesten bezahlten Beschäftigten der Nation. 87 Prozent von ihnen arbeiten zu einem Niedriglohn. Im Durchschnitt kommt der Mann oder die Frau hinter dem Steuer eines Taxis auf 6,85 Euro pro Stunde. Das hat das Statistische Bundesamt festgestellt.

Der Deutsche Taxi- und Mietwagenverband veranschlagt das Stundensalär sogar noch niedriger, auf sechs bis 6,50 Euro. So viel bleibt übrig, wenn man die Umsatzbeteiligung eines Taxifahrers von 40 bis 45 Prozent auf die Arbeitszeit inklusive Wartezeiten umrechnet. In der Regel gibt es in dem Gewerbe keine Stundenlöhne - zumindest noch nicht. Der für 2015 geplante Mindestlohn von 8,50 Euro, der nach dem Willen von Arbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) auch für die Taxler gelten soll, könnte dies ändern. Viele Fuhrunternehmer sind deshalb besorgt. Manche fürchten gar die Pleite.

Thomas Grätz, Geschäftsführer des Taxiverbands, sagt: "Der Sprung um zwei Euro oder mehr auf die 8,50 Euro innerhalb eines Jahres ist immens." Das könnten gerade Fuhrunternehmen mit geringen Verdiensten wie in großen Teilen Ostdeutschlands nicht schaffen, außer sie reichen die Zusatzkosten über höhere Preise an ihre Kunden weiter. Nötig wäre nach den Berechnungen des Verbands ein Aufschlag von 20 bis 25 Prozent. Doch das geht nicht so einfach.

Brief an Nahles

Taxipreise legen die Städte und Landkreise fest. Mehr als 800 Tarifordnungen gibt es in Deutschland. Bis die alle geändert sind, kann es Jahre dauern, wenn die Stadt- und Kreisräte überhaupt bereit sind, den Bürgern die drastischen Preissteigerungen zuzumuten. Grätz hat deshalb einen Brief an Nahles geschrieben. Darin fordert er, die Tarife für die Taxiunternehmer bundesweit einheitlich um 25 Prozent zu erhöhen. Falls das nicht klappt, pocht er auf Ausnahmen: "Wir brauchen dann eine Übergangsfrist von zwei Jahren, um den Mindestlohn in unserer Branche umsetzen zu können."

Ein anderer Ausweg bleibt den Taxlern versperrt: Sie könnten laut Koalitionsvertrag den Mindestlohn für zwei Jahre umgehen und noch schnell einen Tarifvertrag abschließen, der schrittweise eine höhere Entlohnung der Taxifahrer bis Ende 2016 auf 8,50 Euro vorsieht. Aber dazu wird es nicht kommen. Wo keine Gewerkschaft und kein Arbeitgeberverband ist, gibt es auch keine Lohnverhandlungen. Nahles müsste also eine Extra-Ausnahme machen, was sie auf keinen Fall will. Die Taxifahrer sind ja nicht allein: Nach Berechnungen des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung gibt es eine Million gering entlohnte Arbeitnehmer, die nicht nach der Stunde, sondern auf Stücklohnbasis bezahlt werden.

Geschäftsführer Grätz rechnet jedenfalls langfristig damit, dass nach Einführung des Mindestlohns auch die meisten Taxifahrer Stundenlöhne erhalten werden. Nur in Orten, in denen besonders gute Erlöse zu erzielen seien, könnte die Beteiligung am Umsatz bleiben, kombiniert mit den 8,50 Euro. Das heißt für ihn auch: Fahrer, die nicht besonders geschickt oder fleißig sind und mit ihrem Auto die meiste Zeit herumstehen, werden ihren Job verlieren. "Kein Taxibetrieb kann es sich leisten, dafür 8,50 Euro die Stunde zu bezahlen."

© SZ vom 23.01.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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