Anstieg der Preise: Höhere Löhne erfordern höhere Preise - das gilt besonders für die Friseurbranche, denn hier machen die Löhne die Hälfte der Kosten aus. Bundesweit lagen die Preise in Friseursalons seit der Einführung des Mindestlohns zwischen drei und vier Prozent über dem Vorjahresniveau. Besonders stark stiegen sie im Osten: Hier berichten Salonbesitzer von Preiserhöhungen zwischen 20 und 30 Prozent.
Weg vom Billiglohn hieße auch weg vom Billigpreis. Für die Friseurbranche war das nicht weniger als ein Imagewechsel. Doch wie erhöht man die Zahlungsbereitschaft der Kunden, die seit Jahren an Niedrigpreise gewöhnt waren? Das Problem kennt auch Michael Klier. 900 Friseursalons betreibt der Unternehmer unter eigenem Namen. Mehrmals hatten sich Regionalleiter der Kette vor Gericht verantworten müssen, weil sie Friseure in den falschen Tarif eingestuft hatten und diese deshalb zu niedrig entlohnt wurden. Noch im September 2012 berichtete das Nachrichtenmagazin Stern über die ausbeutende Lohnpolitik des Unternehmens. Klier gelobte Besserung. In den Verhandlungen mit Verdi trat er dann als großer Mindestlohn-Verfechter auf: "Wir wollen, dass unsere Mitarbeiter an allen Standorten vom Lohn ihrer Arbeit leben können und überall die gleiche Wertschätzung erfahren", sagte er, und testete den Mindestlohn schon vorab in zwölf seiner Salons.
Das war im März 2013, mittlerweile zahlt Klier den Mindestlohn in sämtlichen Filialen. Ohne Folgen blieb das nicht: Seit der Einführung ist sein Betriebsergebnis nach eigenen Angaben um 15 bis 20 Prozent gesunken. "Uns war klar, dass das nicht sang- und klanglos über die Bühne geht", sagt Klier.
Auswirkungen auf die Beschäftigung: Für den flächendeckenden Mindestlohn prognostiziert Nahles "keine negativen Effekte auf den Arbeitsmarkt". Es gibt noch keine Zahlen darüber, wie sich die Beschäftigung der Friseure seit Einführung des Mindestlohns entwickelt hat. Laut dem Zentralverband und Verdi blieben große Entlassungswellen aus. Jedoch arbeiten Friseure - gerade im Osten - nun häufig weniger Stunden. Von "massiven" Kürzungen besonders im ländlichen Raum spricht Sybille Hain von der Landesinnung Thüringen.
Ronny Rosenau besitzt 15 Salons in und um Erfurt. "Seit es den Mindestlohn gibt, habe ich fünf bis zehn Prozent weniger Kunden", sagt er. Er zog Konsequenzen - und kürzte Mitarbeitern die Stunden. So ist die Summe auf der Lohnabrechnung nicht höher, auch wenn die Friseure pro Stunde mehr verdienen. "Es trifft die, die wenig leistungsfähig sind und noch nicht viele Stammkunden haben - den Nachwuchs also. Das drängt sie in die Schwarzarbeit", so Rosenau. Das bestätigt auch Sybille Hain: "Einsteiger und Anfänger haben jetzt viel weniger Chancen", sagt sie.
Erfolg hängt stark von der Branche ab
Insgesamt ist Rainer Röhr bisher zufrieden. "Wir haben klargemacht, was es bedeutet, wenn jemand eine halbe Stunde am Kopf des Kunden herumwerkelt", sagt er. Der Mindestlohn sei dringend notwendig gewesen.
In der Diskussion um den allgemeinen Mindestlohn wird das Friseurhandwerk oft als Beispiel genannt. Davor warnt jedoch Steffen Henzel vom Ifo-Institut für Wirtschaftsforschung. "Das Friseurhandwerk ist eine spezielle Dienstleistung, die nur Menschen ausüben können", sagt der Arbeitsmarktökonom. Deshalb könnten Salonbetreiber die höheren Kosten vor allem durch höhere Preise ausgleichen und nicht etwa durch den Einsatz von Maschinen. "Offenbar gelingt es hier, die Preise an die Kunden weiterzugeben, anstatt Mitarbeiter zu entlassen", sagt Henzel. Ob das auch auf andere Branchen zutreffe, könne niemand voraussagen.