Mindestlohn:Ein Privileg, das fallen muss

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Das Bundesverwaltungsgericht wird das Berliner Urteil zum Post-Mindestlohn voraussichtlich kippen. Dabei verhindert nicht die festgelegte Lohn-Untergrenze den Wettbewerb, sondern der ungerechte Steuervorteil für die Post.

Detlef Esslinger

Es bleibt richtig, dass die Koalition für die Postbranche einen Mindestlohn eingeführt hat. Daran ändert auch das Urteil des Berliner Verwaltungsgerichts nicht, das ihn in der vergangenen Woche für rechtswidrig erklärte. Spätestens das Bundesverwaltungsgericht dürfte dieses Urteil wieder kassieren - das vermuten sogar die Berliner Richter selbst, wie sie zu erkennen gegeben haben. Auch die Insolvenz des Post-Konkurrenten Pin ändert an der Richtigkeit des Mindestlohns nichts. Dessen Geschäftsmodell gründete auf Hungerlöhnen sowie der Gewissheit, dass die Steuerzahler das Existenzminimum ihrer Mitarbeiter schon garantieren würden (indem sie deren Lohn mit Arbeitslosengeld II aufstocken). "Das ist fast obszön" - dies ist ein Zitat des seinerzeitigen Postchefs Klaus Zumwinkel. Trotzdem stimmt es.

(Foto: Foto: dpa)

Der Mindestlohn hat dieser Form staatlich subventionierten Wettbewerbs ein Ende bereitet. Allerdings: nur dieser einen Form. Der Wettbewerb auf dem Postmarkt wird aber noch durch eine weitere Subvention verzerrt. Und dabei handelt es sich um eine, von der nicht die neue Konkurrenz der Post profitiert, sondern der langjährige Monopolist: Das Unternehmen Deutsche Post AG ist von der Mehrwertsteuer befreit - und soll dies zumindest nach dem Willen des Bundesfinanzministeriums auch bleiben. Die Konkurrenten hingegen müssen Mehrwertsteuer zahlen, die vollen 19 Prozent.

Früher gab es daran wenig zu bekritteln. Solange die Post ihr Monopol hatte, gab es keinen Konkurrenten, der durch die Regelung diskriminiert worden wäre. Inzwischen hat sie aber genau diese Wirkung. Zwar argumentiert das Finanzministerium, dass die Post AG trotz des Wettbewerbs ihren sogenannten Universaldienst aufrechterhält: dass sie ein Netz an Filialen auch auf dem weniger rentablen Land garantiert - im Unterschied zu ihren Konkurrenten.

Aber zur Begründung für die Beibehaltung des Mehrwertsteuer-Privilegs taugt dies nicht. Der Universaldienst gehört bei der Post zum Unternehmensbereich Brief. Und der erzielte im vergangenen Jahr zwei Milliarden Euro Gewinn. Ergo: Eine Belastung dürften all die Filialen auf dem Land kaum sein. Der Chef des Verbandes der Post-Konkurrenten, Florian Gerster, hat schon recht mit seiner Polemik, dass es nicht die Aufgabe des Steuerzahlers sein kann, durch Subventionen die hohen Verluste der Post in ihrem US-Geschäft auszugleichen.

Die Folge der Mehrwertsteuer-Regelung ist: Die Konkurrenten der Post müssen von vornherein um 19 Prozent billiger sein, um auf den gleichen Preis zu kommen. Aber an der Bezahlung ihrer Mitarbeiter sparen, das dürfen sie nicht. Wie sollen sie so je ins Geschäft kommen? Das Monopol der Post wurde in Deutschland nur deshalb aufgehoben, weil das EU-Recht dem Bund, ihrem größten Aktionär, kaum eine andere Wahl ließ. Er konnte den Wettbewerb nicht verhindern. Also will er ihn wenigstens nach Kräften behindern.

© SZ vom 13.03.2008/mel - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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