Milliardenverlust der Deutschen Bank:Schock aus Frankfurt

Deutsche Bank

Die Co-Chefs der Deutschen Bank, Fitschen und Jain: Nach den Skandalen kämpft das Geldinstitut jetzt mit einem Milliardenverlust.

(Foto: dpa)

Die Deutsche Bank meldet überraschend einen Milliardenverlust, der Aktienkurs bricht massiv ein. Dass nun zum Libor-Skandal oder Kirch-Prozess auch noch schlechte Zahlen kommen, dürfte den Co-Chefs Fitschen und Jain schwer zu schaffen machen.

Von Andrea Rexer, Frankfurt

Anshu Jain, Co-Chef der Deutschen Bank, ist einer, der hart zu sich selbst ist. Einer, der jeden Tag das Beste aus sich herausholen will. Bisher hat ihm dieser Ehrgeiz stets Erfolg gebracht. Über Jahre hinweg war er der "Regenmacher" der Bank, derjenige, der Jahr für Jahr mit dem von ihm verantworteten Investmentbanking mehr als die Hälfte der Gewinne der gesamten Bank eingespielt hat.

Doch nun kehrt sich der einstige Erfolg gegen ihn: Die Deutsche Bank gab für das vierte Quartal einen Milliardenverlust bekannt - vor allem wegen des Investmentbankings. Nicht nur das aktuelle Geschäft mit Fusionen, Börsengängen und anderen Platzierungsgeschäften läuft schlecht, sondern es drücken noch Altlasten auf das Ergebnis. Das Gros der Verluste im Schlussquartal verursachte die interne Bad Bank, in der vor allem toxische Wertpapiere der Investmentbank lagern. Hinzu kommen höhere Kosten für Rechtsstreits.

Im Gesamtjahr 2013 erwirtschaftete die Bank zwar unter dem Strich rund eine Milliarde Euro, das ist jedoch nur halb so viel, wie von den Experten erwartet. Das war auch der Grund, warum die Bank die Ergebnisse eineinhalb Wochen früher vorlegte: So verlangen es die Börsenregeln.

Für die Deutsche Bank reißt damit die Kette an schlechten Nachrichten nicht ab. Seit die beiden Co-Vorstandschefs Anshu Jain und Jürgen Fitschen im Sommer 2012 das Amt von Josef Ackermann übernommen haben, taucht ein Skandal nach dem anderen auf. Die beiden haben versprochen, diesen Altlasten mit einem Kulturwandel zu begegnen. Dass nun zu den Reputationsthemen auch noch Probleme mit dem laufenden Geschäft kommen, dürfte den beiden schwer zu schaffen machen.

Aktienkurs bricht ein

Denn so bitter die öffentlichkeitswirksamen Skandale auch waren, bislang haben die Großaktionäre daran geglaubt, dass Anshu Jain und Jürgen Fitschen zumindest gute Zahlen liefern. Und sie und der Aufsichtsrat sind es, die entscheiden, wer Vorstandschef der Deutschen Bank ist - nicht die Medien oder die Politik. Die Aktionäre jedenfalls zeigten sich mit dem Management unzufrieden: Nach Bekanntgabe der Zahlen brach der Aktienkurs des Unternehmens ein und zog den gesamten deutschen Leitindex Dax mit nach unten.

Analysten konnten dem Ergebnis der Bank jedoch auch etwas Gutes abgewinnen: Sie wiesen darauf hin, dass die Bank sehr schnell und sehr aggressiv Risiken abbaut - das ist auch der Grund für einen Teil der Verluste. Am deutlichsten zeigt sich das bei der internen Bad Bank: Diese Einheit hat im Jahr 2013 über drei Milliarden Euro Verluste gemacht, sie ist aber auch seit Juni 2012 um die Hälfte geschrumpft und umfasst derzeit nur mehr eine Bilanzsumme von gut 50 Milliarden Euro.

In der Gesamtbank ist die Bilanzsumme um 14 Prozent auf 1,5 Billionen Euro geschrumpft, die Bilanzrisiken, auf die besonders die Bankenaufsicht schaut, wurden um 11 Prozent abgebaut. Und auch der Mix der Einnahmen ist ausgeglichener: Hat die Investmentbank noch im Jahr 2004 über 60 Prozent zu den Gewinnen beigetragen, waren es im Jahr 2013 nur mehr 51 Prozent. Dafür haben die Vermögensverwaltung, das Privatkundengeschäft und der Zahlungsverkehr anteilsmäßig aufgeholt.

"Der Kulturwandel braucht Zeit"

Diese Veränderung in der Grundstruktur hat auch für den Steuerzahler positive Seiten: Denn wenn die Bank einen weniger riskanten Weg einschlägt, wird es immer unwahrscheinlicher, dass der Staat die Bank retten muss. "Die Deutsche Bank ist sicherer geworden", betonte denn auch Jain in einem Telefongespräch mit Analysten. Er verwies darauf, dass die Bank ihr Kernkapital-Polster auf 9,7 Prozent verbessert hat. Auch die absolute Verschuldungsquote (Leverage Ratio) verbesserte sich 2013 auf 3,1 Prozent.

Die Regulatoren verlangen in Europa ab 2015 eine Quote von drei Prozent. Weil aber die Definition verändert wurde, wird künftig eine höhere Bilanzsumme angewendet - was das Erreichen der Verschuldungsgrenze erschwert. Man sei sehr zuversichtlich, auch dies zu schaffen, sagte Finanzvorstand Stefan Krause.

Bei der Bewältigung der juristischen Streitigkeiten ist die Bank offensichtlich bei der Halbzeit angekommen. 2013 schlugen die Nachwehen der Finanzkrise mit 2,45 Milliarden Euro zu Buche. Im Dezember wurden allein 1,4 Milliarden Euro für einen Vergleich mit der US-Behörde FHFA bezahlt, bei dem es um fragwürdige Hypothekengeschäfte ging. Dazu verhängte die EU-Kommission 725 Millionen Euro Buße für Absprachen über Referenzzinssätze wie den Libor. Damals hatte die Bank gesagt, dass sie diese Kosten größtenteils aus den Rückstellungen decken könne.

Milliarden, um juristische Konflikte zu lösen

Dennoch wurden im vierten Quartal erneut 500 Millionen Euro für Rechtsstreitigkeiten reserviert. Insgesamt hat die Bank damit 2,3 Milliarden Euro auf der hohen Kante, um juristische Konflikte zu lösen. Dazu gehören etwa der Streit mit den Kirch-Erben und noch ausstehende Vergleiche mit den Behörden in den USA und Großbritannien im Zusammenhang mit dem Libor.

Für wenig Freude sorgte an den Börsen der trübe Ausblick auf das laufende Jahr. Jürgen Fitschen und Anshu Jain stimmten die Aktionäre bereits auf ein mageres Jahr ein: "Wir erwarten, dass 2014 ein Jahr mit weiteren Herausforderungen und ihrer disziplinierten Bewältigung sein wird", erklärten sie in einer schriftlichen Mitteilung. "Wir sind jedoch zuversichtlich, unsere für 2015 gesetzten Ziele zu erreichen." Dazu gehört ein Renditeziel von 12 Prozent nach Steuern, ein ehrgeiziges Sparprogramm und hohe Investitionen in die technische Infrastruktur.

Aber nicht nur bei den harten Zahlen versprach Anshu Jain zu liefern, sondern auch bei den weichen Faktoren: "Der Kulturwandel braucht Zeit, aber Sie dürfen nicht daran zweifeln, dass wir uns in höchstem Maße dazu verpflichtet fühlen, unsere Ziele auch hier zu erreichen", sagte er in der Telefonkonferenz.

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