Süddeutsche Zeitung

Milliardengeschäfte trotz Sanktionen:Iranischer Öl-Tycoon Babak Zanjani festgenommen

Der schwerreiche iranische Geschäftsmann Babak Zanjani ist in Iran festgenommen worden. Ist der Oligarch auch in den Korruptionsskandal der türkischen Regierungspartei AKP von Ministerpräsident Erdoğan verwickelt?

Laut einem Bericht der iranischen Presseagentur Irna untersucht Irans Parlament seit September die Geschäfte des iranischen Oligarchen Babak Zanjani. Er sei beschuldigt worden, Einkünfte in Höhe von 1,9 Milliarden Dollar aus einem Ölgeschäft in seine Unternehmen geschleust zu haben, berichtet BBC. Der Tycoon wies die Beschuldigungen zurück - trotzdem wurde er in Teherans Evin Gefängnis gebracht. Zwar wurden keine weiteren Angaben gemacht, aber Irna berichtete über einen Zusammenhang mit "Wirtschaftskriminalität".

Der schwerreiche Oligarch soll über ein Vermögen von 13,5 Milliarden Dollar verfügen. Seit den 2010 geltenden verschärften Sanktionen soll er über ein Netz von mehr als 60 Firmen mit Sitzen in den Vereinigten Arabische Emiraten, der Türkei und Malaysia Millionen Barrel iranischen Öls im Auftrag der Regierung in Teheran verkauft haben. Gesamtwert: 15,5 Milliarden Dollar. Zanjani steht laut BBC auf einer schwarzen Liste der USA und der EU, weil er der Regierung in Teheran und mehreren Firmen geholfen haben soll, das Öl-Embargo gegen Iran zu umgehen.

Als Anfang des Jahres erstmals Vorwürfe gegen Zanjani laut wurden, sagte der Oligarch, er habe bereits 700 Millionen Dollar überwiesen, aber die internationalen Sanktionen hätten ihn daran gehindert, noch ausstehende 1,2 Milliarden Dollar an den iranischen Staat zu überweisen. Würde es ein Konto geben, das eine Milliarde Euro als Überweisung akzeptieren würde, würde er das Geld umgehend zurückzahlen, zitiert ihn die BBC in Berufung auf ein (älteres) Interview in einem iranischen Magazin. Bis vergangene Woche sei bei der iranischen Zentralbank keinerlei Geld von ihm eingegangen, heißt es nüchtern in dem Bericht.

Die Festnahme Zanjanis erfolgte demnach einen Tag nach der Ankündigung des iranischen Präsidenten Hassan Rohani, dass seine Regierung verstärkt gegen Korruption vorgehen wolle - insbesondere gegen "priviligierte Figuren", die Vorteile aus den Sanktionen gezogen hätten.

Erdoğan ist sich sicher den Skandal politisch zu überstehen

Vergangenen Monat widersprach Zanjani Berichten, er sei in der Korruptionsskandal um Ministerpräsident Recep Tayyip Erdoğan verwickelt. Reza Zarrab, ein Geschäftsmann und Goldhändler aus Aserbeidschan, hatte mehrere Minister der türkischen Regierung beschuldigt, in die Geldwäsche im Zusammenhang mit dem Verkauf von iranischem Öl und Gas in die Türkei involviert zu sein.

Die Staatsanwaltschaft ermittelt gegen enge Verwandte von (bis vor einer Woche) wichtigen Regierungsmitarbeitern, weil sie in diese illegalen Geschäfte mit Iran verwickelt sein sollen.

Die türkische Presse meldete, dass die Justiz auch gegen Erdoğans Sohn Bilal ermittele, der die Jugend- und Bildungsstiftung Turgev leitet. Erdogan nannte die Dutzenden Verhaftungen in Folge der Ermittlungen eine "Schmierenkampagne" - und entließ rund 70 an den Ermittlungen beteiligte Polizisten.

Allerdings reagierte er auch mit einer umfassenden Kabinettsumbildung, bei der zehn Minister ausgetauscht wurden. Als Ersatz holte er sich allerdings als besonders loyal geltende Politiker an seine Seite.

Erst heute trat aus Protest ein weiterer Abgeordneter aus Erdoğans Partei für Gerechtigkeit und Freiheit (AKP) aus. Der Parlamentarier Hasan Hami Yildrim erklärte heute seinen Rücktritt. Damit traten seit Bekanntwerden des Korruptionsskandals vor zwei Wochen insgesamt fünf Abgeordnete aus der AKP aus. Sie alle begründeten dies mit dem Druck, den Erdogan im Zusammenhang mit der Affäre auf Polizei und Justiz ausübe. Kritiker werfen Erdoğan vor, die Ermittlungen der Justiz zur Aufklärung des Skandals zu behindern. Auch nach den Austritten aus der Fraktion hat die AKP mit 320 von 550 Sitzen im Parlament noch eine breite Mehrheit - und zeigt sich trotzig: Er werde die Krise überstehen, sagte Erdoğan erst vor drei Tagen vor Anhängern. Diejenigen, die versuchten, ihn zu stürzen, würden mit ihren Vorhaben genauso scheitern wie die Anti-Regierungsdemonstrationen im vergangenen Sommer im Gezi-Park in Istanbul. "Sie sagten Gezi und zerschmetterten Fenster. Nun sagen sie Korruption und schlagen Scheiben ein. Diese Verschwörung wird keinen Erfolg haben", rief Erdoğan jubelnden Menschen zu. Der Skandal sei ein internationaler Komplott. Seinen Gegnern gehe es nicht um Korruption, sie hätten eine Schwächung der Türkei im Sinn.

In der Affäre geht es nach Angaben der Ermittler um die Bestechung von Politikern, um Genehmigungen für Bauvorhaben zu erreichen und illegale Goldgeschäfte der staatlichen Halkbank mit Iran zu vertuschen. Hintergrund ist aber offenbar ein Konflikt zwischen der AKP und der Bewegung des islamischen Predigers Fethullah Gülen. Erdoğan hatte die Bewegung mit der Ankündigung gegen sich aufgebracht, hunderte ihrer Nachhilfezentren zu schließen.

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