VermögensungleichheitWeltweit gibt es nun 2769 Milliardäre und Milliardärinnen

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Deutschland steht im Milliardärs-Ranking auf dem 4. Platz. 
Deutschland steht im Milliardärs-Ranking auf dem 4. Platz.  (Foto: Hannes P. Albert/dpa)

Vergangenes Jahr gab es 204 neue Superreiche – und im weltweiten Milliardärsranking steht Deutschland auf Rang vier, hat die Entwicklungsorganisation Oxfam ermittelt. Dabei stammt der Reichtum hierzulande hauptsächlich aus einer Quelle: Erbschaften.

Von Kathrin Werner

Es ist eine gute Zeit, um unermesslich reich zu sein. So viel Macht hatten Milliardärinnen und Milliardäre noch nie. In der Regierung von Donald Trump, der an diesem Montag als US-Präsident eingeführt wird, verfügen 13 Menschen über ein Vermögen von mindestens einer Milliarde Dollar, darunter der Finanzinvestor Stephen Feinberg, die Wrestling-Unternehmerin Linda McMahon und der reichste Mann der Welt, Elon Musk. Insgesamt könnte das kombinierte Nettovermögen der US-Regierung laut Schätzungen 460 Milliarden Dollar übersteigen. Auch wenn man Musk herausrechnen würde, würde Trumps Kabinett den historischen Vermögensrekord knacken, den bislang noch die Regierung seiner ersten Amtszeit hält.

Linda McMahon auf einer Veranstaltung der Republikaner im vergangenen Jahr. In der neuen Regierung von Donald Trump soll sie Bildungsministerin werden.
Linda McMahon auf einer Veranstaltung der Republikaner im vergangenen Jahr. In der neuen Regierung von Donald Trump soll sie Bildungsministerin werden. (Foto: ANDREW CABALLERO-REYNOLDS/AFP)

Wer sich seine Regierungsmitglieder aus der Milliardärsklasse aussuchen will, hat derzeit eine größere Auswahl als je zuvor: Im Jahr 2024 gab es 204 neue Milliardärinnen und Milliardäre, hat die Entwicklungsorganisation Oxfam berechnet. Das Vermögen von Milliardärinnen und Milliardären wuchs 2024 um zwei Billionen Dollar auf 15 Billionen Dollar, es wuchs dreimal schneller als im Vorjahr, so die Studie, die Oxfam an diesem Montag zu Beginn des Weltwirtschaftsforums (WEF) in Davos veröffentlichte. Weltweit gibt es nun 2769 Milliardäre und Milliardärinnen.

Ein nicht unerheblicher Teil von ihnen befindet sich gerade auf dem Weg nach Davos, um beim WEF über die Themen zu diskutieren, die Politik und Wirtschaft bewegen: die vielen Krisen und Kriege, Hürden für den Welthandel und das Wachstum, Umwälzungen durch neue Technik wie künstliche Intelligenz, der Klimawandel. Für seine Rede wird Trump am Donnerstag per Video zugeschaltet.

Einige wenige Privilegierte würden die globale Wirtschaft erobern, kritisierte Oxfam-Chef Amitabh Behar in einer Pressemitteilung. „Das Kronjuwel dieser Oligarchie ist ein milliardenschwerer Präsident, der vom reichsten Mann der Welt, Elon Musk, unterstützt und gekauft wird und die größte Volkswirtschaft der Welt führt.“ Laut Oxfam sei der Reichtum der Milliardäre größtenteils unverdient: 60 Prozent ihres Vermögens stammten „aus Erbschaften, Monopolstellung oder korrupten Netzwerken“. 36 Prozent seien geerbt. Oxfam zitiert Untersuchungen des US-Magazins Forbes, die ergaben, dass jeder Milliardär unter 30 Jahren sein Vermögen geerbt hat. Die Bank UBS schätzt, dass mehr als 1000 der heutigen Milliardäre in den nächsten zwei bis drei Jahrzehnten mehr als 5,2 Billionen Dollar an ihre Erben weitergeben werden.

In Deutschland stieg die Gesamtzahl der Milliardäre auf 130

In Deutschland ist der Anteil der Erben unter den Milliardären sogar noch höher. 71 Prozent des Gesamtvermögens der deutschen Milliardäre stammen aus Erbschaften. Die Gesamtzahl der Milliardäre und Milliardärinnen sei um neun auf 130 gestiegen. Deutschland hat damit die viertmeisten Milliardäre weltweit. Ihr Gesamtvermögen sei 2024 um 26,8 Milliarden Dollar auf 625,4 Milliarden gestiegen.

BMW-Erbin Susanne Klatten steht seit Langem auf der Liste der Milliardäre in Deutschland.
BMW-Erbin Susanne Klatten steht seit Langem auf der Liste der Milliardäre in Deutschland. (Foto: Johannes Simon/Johannes Simon)

Die Zahl der Menschen, die unter der erweiterten Armutsgrenze der Weltbank von 6,85 Dollar pro Tag leben, ist dagegen seit 1990 unverändert geblieben, es sind fast 3,6 Milliarden. Weltweit hungern 733 Millionen Menschen, rund 152 Millionen mehr als 2019. Auch in Deutschland habe die Armut in den vergangenen Jahren stark zugenommen, viele Menschen könnten ihren gewohnten Lebensstandard nicht mehr halten.

Oxfam nutzte die Studie, um die Forderung an die Bundesregierung zu wiederholen, Milliardäre und Multimillionäre in die Pflicht zu nehmen und ihr Vermögen mit zwei Prozent zu besteuern. Die extreme Ungleichheit in Deutschland entstehe maßgeblich durch eine ungerechte Steuerpolitik. „Superreiche zahlen hierzulande oft weniger Steuern und Abgaben als Mittelschichtsfamilien“, wird Manuel Schmitt, Referent für soziale Ungleichheit bei Oxfam Deutschland, in der Pressemitteilung zitiert: „Die kommende Bundesregierung muss endlich eine Besteuerung großer Vermögen beschließen und dafür sorgen, dass Superreiche ihren fairen Beitrag zum Gemeinwohl leisten.“

Der alljährlichen Oxfam-Studie liegen Daten aus verschiedenen Quellen zugrunde. So führte Oxfam etwa Schätzungen von Forbes und der Bank UBS zum weltweiten Vermögen zusammen. Die Daten, die die kapitalismuskritische Organisation stets zum gleichen Zeitpunkt veröffentlicht, sind allerdings umstritten, auch weil der UBS Global Wealth Report zu anderen Ergebnissen kommt, unter anderem in Deutschland maß er zuletzt sinkende Ungleichheit zwischen Arm und Reich.

In der Volkswirtschaft wird die Ungleichheit mithilfe des sogenannten Gini-Koeffizienten gemessen, einer Zahl zwischen null und 100. Ein Wert von null bedeutet exakte Gleichheit, dann hätte in einem Land jeder genau die gleiche Menge an Vermögen. Ein Wert von 100 würde bedeuten, dass eine Person das gesamte Vermögen besitzt und alle anderen nichts. In Deutschland ist die Ungleichheit zwischen 2008 und 2023 laut Global Wealth Report um 5,4 Prozent, in der Schweiz um etwas mehr als 4,5 Prozent und in den Niederlanden um etwas mehr als 3,5 Prozent gesunken. Deutschlands Gini-Koeffizient lag 2008 noch bei 72, im Jahr 2023 dann nur noch bei 68. Die Zahlen seien für Deutschland „weit weniger dramatisch“, als Oxfam es klingen lasse, kritisierte das Institut der Deutschen Wirtschaft (IW) nach der Oxfam-Studie im vergangenen Jahr.

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