Milliardär in Geldnot:Luft für Merckle

Späte Offenbarung: Erstmals gesteht die Firmengruppe von Adolf Merckle ein, sich mit Aktien verspekuliert zu haben - nun verhandelt der Milliardär mit den Banken.

Dagmar Deckstein

Der Ulmer Industrielle und Unternehmerpatriarch Adolf Merckle hat sich einstweilen finanziell Luft verschafft. "Heute hat die VEM nach intensiven Verhandlungen mit circa 30 Banken ein sogenanntes Stillhalteabkommen abgeschlossen", teilte Merckles Sohn Ludwig mit. Er führt die Geschäfte der VEM, in denen Merckle seine Unternehmensbeteiligungen bündelt. Erstmals gibt die Unternehmerfamilie auch offen zu, sich mit Spekulationsgeschäften auf den Kurs von VW-Aktien verhoben und dabei einen "niedrigen dreistelligen Millionenbetrag" verloren zu haben. Bisher existierten nur Gerüchte, Merckle habe bei solchen Leerverkäufen sogar bis zu einer Milliarde Euro Verlust gemacht.

Milliardär in Geldnot: Unternehmer Adolf Merckle braucht dringend Geld von den Banken.

Unternehmer Adolf Merckle braucht dringend Geld von den Banken.

(Foto: Foto: dpa)

In Geldnöten ist die Merckle-Gruppe dennoch: "Konkret verhandeln wir über einen Überbrückungskredit", erklärte Merckle junior. Damit hätten die VEM und deren Hauptbanken - darunter die Landesbank Baden-Württemberg (LBBW) - die Möglichkeit, "die nächsten zwei Wochen eine in Aussicht gestellte langfristige Lösung weiter auszuarbeiten". Zum Imperium des Ulmer Unternehmers gehören der Generikahersteller Ratiopharm, der Pharmagroßhändler Phönix, die Mehrheit am Baustoffhersteller Heidelberg Cement sowie der Pistenbully-Hersteller Kässbohrer.

Staatsbürgschaft abgelehnt

Als Begründung für die derzeitige finanzielle Schieflage nennt Ludwig Merckle Kapitalerhöhungen bei Beteiligungsunternehmen, insbesondere bei Heidelberg Cement. Diese seien teilweise mit Krediten finanziert worden, für die wiederum Aktien als Sicherheiten hinterlegt worden seien. Angesichts des "drastischen Abschwungs an den internationalen Börsen" infolge der Finanzkrise sei der Wert der Bank-Sicherheiten jedoch geschmälert worden. Daher hätten die Banken in den vergangenen Wochen größere Nachschüsse oder auch zum Teil Kredittilgungen gefordert.

Vor wenigen Tagen erst hatte Merckle auf Druck seiner Banken bei der baden-württembergischen Landesregierung um eine Staatsbürgschaft nachgesucht, die aber abgelehnt worden war. Ebenso halten sich nach wie vor Spekulationen, Merckle könne dazu gezwungen sein, Ratiopharm komplett zu verkaufen oder sich von Heidelcement-Aktien zu trennen. "Das Wertpapiergeschäft war seit Jahrzehnten ein Geschäftszweig, der erheblich zum Erfolg der VEM beigetragen hat", begründete Merckle die VW-Optionsgeschäfte.

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