Milchbauern:Eine Quote, zwei Ansichten

Milchbauern fürchten wegen der Futterkosten um ihre Existenz

Kühe in einem Stall in Mittelhausen bei Erfurt.

(Foto: dpa)
  • Die Milchquote fällt. Das bedeutet: Jeder Bauer kann so viel Milch liefern, wie er will.
  • Viele Bauern fürchten, dass die Preise damit noch weiter fallen - andere sehen in der Quote vor allem eine Benachteiligung.

Von Daniela Kuhr, Berlin

Hans Foldenauer, 57, ist Milchbauer im Allgäu, seine Familie besitzt 95 Kühe. Jan Heusmann, 50, ist ebenfalls Milchbauer, aber in Niedersachsen. 440 Kühe stehen auf seinem Hof. Beide Landwirte haben damit zu kämpfen, dass sie derzeit nicht mal mehr 30 Cent pro Liter für ihre Milch bekommen. Und beide gehen davon aus, dass der Preis in den kommenden Wochen noch weiter sinken wird. Denn am 31. März ist endgültig Schluss mit der Milchquote. Das heißt: Dann schreibt die EU nicht mehr jedem Landwirt vor, wie viel Milch er höchstens produzieren darf.

Stattdessen darf jeder so viel liefern, wie er will. Schon jetzt aber ist das Angebot an Milch riesig. Dem Allgäuer Landwirt Foldenauer graut es darum vor dem Ende der Quote. "Der Preis könnte dann durchaus bis auf 25 Cent pro Liter fallen." Der Niedersachse Heusmann dagegen freut sich auf April. "In nicht allzu ferner Zukunft wird der Preis auf jeden Fall wieder steigen", sagt er - und ergänzt: "Wir brauchen die Quotenregelung nicht."

Zwei Milchbauern - und zwei Positionen, die unterschiedlicher kaum sein könnten. Als die EU die Quote im Jahr 1984 einführte, wollte sie die jahrelange Überschussproduktion beenden, in deren Folge Milchseen und Butterberge entstanden waren. Fortan wurde den Landwirten daher strikt vorgeschrieben, wie viel Milch sie liefern durften. Wollte jemand mehr an die Molkerei abgeben, musste er Quotenanteile zukaufen. Andernfalls wurden Strafen fällig.

Dieses System aus Strafen, Zukauf und Pacht von Milchquoten hat Deutschlands Milchbauern in den vergangenen 30 Jahren ganze drei Milliarden Euro gekostet. "Ein Kostenblock, der uns gegenüber Konkurrenten aus Nicht-EU-Ländern benachteiligt hat", sagt der Niedersachse Heusmann. Und deshalb ist es seiner Meinung nach "höchste Zeit, dass die Quote endlich fällt."

"Uns blieb nichts anderes übrig, als zu erweitern"

Mit seinen 440 Tieren zählt Heusmann in Deutschland eindeutig zu den Großbetrieben. Im Schnitt hält ein Milchbauer hierzulande 56 Kühe. Als der studierte Agraringenieur den Hof, wenige Kilometer von Bremerhaven entfernt, 1990 von seinem Vater übernahm, standen bereits 100 Kühe im Stall.

2001 beschloss Heusmann, in großem Stil zu erweitern. Aus zwei Gründen: "Zum einen waren in den Jahren zuvor die Preise stetig zurückgegangen, die Kosten aber gleich geblieben." Da könne man "nur reagieren, indem man den Umsatz ausweitet, sonst bleibt jedes Jahr weniger Geld übrig". Zum anderen stieg sein Bruder, ein ausgebildeter Tierarzt, in den Betrieb mit ein. "Wir wollten gern gemeinsam wirtschaften. Das Geld musste also fortan für zwei Familien reichen", sagt Heusmann. "Uns blieb gar nichts anderes übrig, als zu erweitern."

Insgesamt 1,4 Millionen Euro musste der Landwirt mit den kurzen blonden Haaren und der randlosen Brille für die Quote zahlen, um die zusätzliche Menge an Milch liefern zu dürfen. Hinzu kamen 1,1 Millionen Euro für den Aus- und Neubau von offenen Ställen, in denen die Tiere frei herumlaufen können. All das musste finanziert werden. Heusmann hat also einige Schulden gemacht. Und doch bereitet der niedrige Milchpreis ihm keine schlaflosen Nächte. "Es kann schon sein, dass wir in diesem Jahr nichts verdienen werden, im Dreijahresschnitt aber sind wir noch immer auf unsere Kosten gekommen." Und er ist sicher, dass das auch nach dem Auslaufen der Quote so bleiben wird.

Dass der Preis derzeit so niedrig sei, liege ja nicht an mangelnder Nachfrage, "sondern daran, dass weltweit Landwirte im vergangenen Jahr ihre Produktion deutlich ausgeweitet haben". Es werde schlicht zu viel Milch produziert. "Wobei ,zu viel' ja auch wieder nicht stimmt", sagt Heusmann. "Es wird keine Milch weggeworfen, es findet alles Absatz, nur eben zu einem geringeren Preis als früher."

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