Mietrecht:Zutritt verboten

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Klare Ansage: Nur wenn der Vermieter gute Gründe hat, darf er in die Wohnung. Das gilt zum Beispiel, wenn Reparaturen anstehen. (Foto: Sebastian Kahnert / dpa)

Die Wohnung ist für den Vermieter tabu. Nur in bestimmten Fällen hat der Eigentümer das Recht, die Räume des Mieters zu betreten. Welche Regeln dafür gelten, haben die Gerichte entschieden.

Von Andrea Nasemann

Wer eine Wohnung mietet, darf selbst bestimmen, wen er reinlassen will. Auf keinen Fall darf der Eigentümer zum Beispiel einfach ins Wohnzimmer platzen. Allerdings gibt es Fälle, in denen es dem Vermieter gestattet ist, die Mietwohnung zu betreten. Juristen nennen dies ein "berechtigtes Interesse". Gemeint sind zum Beispiel Situationen, in denen Schäden in der Wohnung behoben oder Ablesungen durchgeführt werden müssen. Auch wenn die Wohnung verkauft oder vermietet werden soll, müssen Mieter Interessenten in die Wohnung lassen. Eigentümer müssen sich aber an klare Regeln halten.

In einem Fall hatte sich eine 92-jährige Mieterin über undichte Fenster und Schimmel in der Wohnung beschwert und deshalb die Miete gemindert. Der Vermieter wollte daraufhin die Fenster austauschen . Davor sollten die Handwerker für Aufmaßarbeiten die Wohnung betreten. Die Mieterin weigerte sich, die Handwerker hineinzulassen und verwies auf ihr Alter. Das Amtsgericht München gab aber dem Vermieter recht: Die Mieterin müsse nach vorheriger Ankündigung mit einer Frist von fünf Tagen montags bis freitags zwischen 9 Uhr und 17 Uhr Handwerker für die Aufmaß- und Vorbereitungsarbeiten in die Wohnung lassen. Das hohe Alter der Mieter ändere daran nichts (Amtsgericht München, Urteil vom 13.12.2018, 418 C 18466/18).

Wenn Schäden behoben werden müssen, steht dem Vermieter grundsätzlich ein Zutritts- und Besichtigungsrecht zu. Denn es ist Sache des Vermieters zu entscheiden, wie der Mangel beseitigt werden soll. Dies aber setzt voraus, dass er diesen zuvor in Augenschein nehmen kann. Wenn der Mieter den Eigentümer nicht in die Wohnung lässt, verliert er unter Umständen das Recht, die Miete zu mindern. So entschied auch der Bundesgerichtshof vor Kurzem, dass der Mieter bei einer Weigerung, die Beseitigung von Mängeln zu dulden, einbehaltene Beträge nachzahlen muss und er von diesem Zeitpunkt an die Miete nicht mehr kürzen darf (Urteil vom 10.04.2019, VIII ZR 12/18).

Vermieter müssen auf berufstätige Mieter besonders Rücksicht nehmen

Das Landgericht Oldenburg hielt sogar die fristlose Kündigung des Mieters für rechtens, nachdem dieser - nach zehnjähriger Mietzeit - die Besichtigung der Wohnung durch Handwerker verweigert hatte. Der Vermieter habe auch vor der Kündigung nicht zunächst eine Klage auf Zutritt zur Wohnung erheben müssen (Landgericht Oldenburg, Urteil vom 03.08.2012, 6 S 75/12). Anders entschied das Amtsgericht Stuttgart-Bad Cannstatt: Der Vermieter, der die Wohnung auf mögliche bauliche Mängel untersuchen, Vermessungen vornehmen und die Wohnung seiner Frau zeigen wollte, habe kein Besichtigungsrecht (Urteil vom 27.10.2014, 6 C 1267/14). Kurios war folgender, vor dem Bundesgerichtshof (BGH) entschiedener Fall: Die Vermieterin wollte zur Kontrolle eingebauter Rauchwarnmelder die Mieträume betreten, was der Mieter gestattete. Als sie allerdings versuchte, auch in die Küche, in der keine Rauchwarnmelder installiert werden, einzudringen, trat der Mieter in Aktion: Er umfasste die Vermieterin und trug sie in seinen Armen aus der Wohnung. Die Vermieterin fand dies unerhört und kündigte fristlos. Der Bundesgerichtshof jedoch stellte sich auf die Seite des Mieters: Die Vertragsparteien hätten vereinbart, dass die Vermieterin nur die Räume mit den angebrachten Rauchwarnmeldern besichtigen dürfe. Zu einer weiteren eigenmächtigen Besichtigung sei sie nicht berechtigt gewesen. Indem sie gegen den Willen des Mieters eine Besichtigung anderer Räume durchsetzen wollte und das Haus trotz Aufforderung des Mieters nicht verlassen hatte, habe sie das Hausrecht des Mieters verletzt. Sie trage zumindest eine Mitschuld an dem Geschehen (Urteil vom 04.06.2014, VIII ZR 289/13).

Wenn die Wohnung neu vermietet oder verkauft werden soll, muss der Mieter die Besichtigung aller Räume gestatten. Ohne Begleitung des Vermieters oder des autorisierten Maklers ist der Kaufinteressent aber nicht berechtigt, die Wohnung des Mieters zu betreten - es sei denn, der Vermieter ermächtigt den Interessenten zur Besichtigung und nennt dem Mieter vorher dessen Namen. Der Mieter darf sich dann den Personalausweis des Interessenten zeigen lassen.

Wird die Wohnung besichtigt, können Mieter dafür keine Aufwandsentschädigung verlangen. Bei einem Mieter erschienen an zwei Terminen zwei verschiedene Makler mit Kaufinteressenten. Als ein neuer Makler zu einem dritten Termin kam, verlangte der Mieter eine Aufwandsentschädigung für die Besichtigung in Höhe von 75 Euro pro angefangener Stunde. Er habe erhebliche Unannehmlichkeiten, da er ganztags beruflich unterwegs sei. Als die Vermieterin die Zahlung verweigerte, ließ der Mieter keine Besichtigungen mehr zu. Die Eigentümerin mahnte ihn ab und kündigte schließlich den Mietvertrag. Das Amtsgericht Landsberg am Lech hielt die Kündigung für unwirksam. Zwar könne der Mieter keine Entschädigung für die Besichtigung verlangen. Auf der anderen Seite könne die Vermieterin deshalb nicht gleich kündigen. Immerhin habe der Mieter bereits zwei Besichtigungen mit erheblichem Zeitaufwand zugelassen (Urteil vom 06.02.2017, 3 C 701/16).

Der Vermieter sollte dem Mieter drei Besichtigungstermine schriftlich mitteilen - am besten per Boten oder per Einschreiben mit Rückschein. Für den Fall, dass dem Mieter sämtliche Termine nicht passen, sollte dieser Alternativtermine vorschlagen. Die Besichtigungen sollten werktags zwischen 10 und 13 Uhr und zwischen 15 und 18 Uhr stattfinden. An Sonn- und Feiertagen sind Termine zwischen 11 und 13 Uhr möglich. Der Samstag gilt als Werktag. Ist der Mieter berufstätig, ist darauf Rücksicht zu nehmen. Dann sind auch Besichtigungen werktags zwischen 19 und 20 Uhr möglich. Das Landgericht Frankfurt begrenzte die Besichtigungstermine auf höchstens dreimal im Monat nach einer Ankündigungsfrist von drei Tagen und einer Besichtigungsdauer von höchstens 30 bis 45 Minuten (Urteil vom 24.05.2002, 2/17 S 194/01).

"Da der Vermieter auf die Belange des Mieters Rücksicht nehmen muss, sollte er Termine bündeln, also am besten einen Sammeltermin für mehrere Interessenten anberaumen", sagt Ulrich Ropertz vom Deutschen Mieterbund.

© SZ vom 26.10.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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