Contra Mietendeckel:Der Deckel wird viele Schwierigkeiten verursachen

Grünen-Politikerin: Mietsenkungen per Gesetz rechtlich möglich

Bei Modernisierungen hilft auch kein Mietendeckel.

(Foto: dpa)

Der Deckel mag populär sein und nach einer einfachen Lösung klingen. Allerdings ist er generell eine schlechte Idee.

Von Henrike Roßbach

Ein Preis verrät etwas über die Sache, auf der er klebt. Zum Beispiel, ob sie starke Begehrlichkeiten weckt. Ob es sich um eine Rarität handelt oder um ein beliebig reproduzierbares Massenprodukt. Ob viel Material, komplizierte Maschinen und viele Arbeitsstunden für die Herstellung nötig waren. Ein Gemälde von Leonardo da Vinci kostet mehr als ein Poster von Ikea, ein Kampfjet mehr als ein Plastikflugzeug aus dem Überraschungsei. Und in boomenden Städten sind die Mieten höher als in der Provinz.

Womit wir im Zentrum des Problems angekommen wären, also in Berlin. Dort nämlich sind die Mieten rasant gestiegen, jedenfalls bei Neuvermietungen, und auch die Immobilienpreise erreichen immer neue Höhen. Ein Grund ist, dass internationale Investoren entzückt sind von Berlin. Ebenso schwer wiegt, dass der Bau neuer Wohnungen mit dem Wachstum der Stadt nicht mithält. Der Preis brüllt unüberhörbar: "Knappheit!"

Die Landesregierung will diese Knappheit nun mit einem Deckel bekämpfen. Das hört sich merkwürdig an, was daran liegt, dass es merkwürdig ist. Die Mieten in Berlin dürfen in den kommenden fünf Jahren im Großen und Ganzen nicht steigen. Für Neuvermietungen gelten Höchstpreise, und Bestandsmieten, die um ein Fünftel darüberliegen, gelten als Wucher; Mieter können eine Senkung verlangen.

Das alles wird als "Atempause" verkauft, in der ganz schnell ganz viel gebaut werden soll, um das eigentliche Übel, den Wohnungsmangel, in den Griff zu kriegen. Nun ja. Mal abgesehen davon, dass immer Skepsis angebracht ist, wenn in Berlin von schnellem Bauen (Flughafen!) die Rede ist: Der Mietendeckel ist generell eine schlechte Idee, auch jenseits der Hauptstadt mit ihrer überforderten Verwaltung, den von früheren Regierungen verkauften Wohnungen und ihrer Unfähigkeit, eine auch nur annähernd so solide Baupolitik hinzukriegen wie Hamburg.

Der Mietendeckel mag populär sein und nach einer einfachen Lösung klingen. Es gibt aber keine einfache Lösung für das Wohnungsproblem, das in der Tat die soziale Frage der Gegenwart ist. Der Deckel wird stattdessen jede Menge Schwierigkeiten verursachen. Wo Knappheit herrscht, führen Höchstpreise zu Schwarzmärkten. Und was passiert in fünf Jahren? Kein Senat wird es sich erlauben können, die Mieten einfach wieder freizugeben; das wäre politischer Selbstmord. Das Bauen von Mietwohnungen wird also dauerhaft unattraktiver. Denn selbst wenn der Neubau anfangs ausgenommen ist: Der Investitionshorizont ist viel länger, und die Bau- und Grundstückskosten sind zu hoch für auf breiter Front gedeckelte Mieten. Staatliche Baugesellschaften wiederum werden es alleine nicht schaffen.

Hinzu kommt die beschädigte politische Verlässlichkeit: Der Staat greift in bestehende Verträge ein, der von der Bausenatorin höchstselbst vorgestellte Mietspiegel ist Makulatur, und die vom Bund verschärfte Mietpreisbremse gilt nicht mehr. Dabei wäre sie das bessere Instrument, weil sie sich an Vergleichsmieten orientiert und Bestandsschutz gewährt. Helfen würden leistungsfähigere Bauämter, Strafsteuern auf brachliegende Grundstücke, Aufstockungen, die Ausweisung von Bauland und die Vorgabe für Investoren, Sozialwohnungen mitzubauen. Das klingt weniger aufregend als "Mietendeckel". Wäre aber die größere Revolution.

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