Kuriose Urteile:Viermal am Tag stoßlüften

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Lüften ist wichtig, das weiß jeder. Aber wie oft ist das Öffnen der Fenster zumutbar? Auch dazu gibt es Urteile.

(Foto: Sergio Victor Vega / imago images / Addictive Stock)

Vor deutschen Gerichten geht es immer wieder um Fragen, die Vermieter und Mieter anders beurteilen. Wer zahlt für neue Fenster? Wer, wenn der Rollladen zwickt? Eine Auswahl aktueller Urteile.

Von Marianne Körber

Wieso fällt Erbschaftsteuer an, obwohl man zur Familie gehört und selbst in der Immobilie wohnen wird? Warum müssen Mieter im Erdgeschoss für den Schmutz der Nachbarn im vierten Stock mitzahlen? Und wer kommt für kaputte Gegenstände in der Mietwohnung auf? Worüber in jüngster Zeit vor deutschen Gerichten gestritten wurde.

Später Einzug

Wer eine Immobilie erbt und sie dann selbst nutzt, muss in der Regel keine Erbschaftsteuer zahlen. Doch wer zu spät in das Haus oder die Wohnung einzieht, riskiert die Steuerbegünstigung. So erging es einer Frau, die eine Wohnung erbte, sie umfassend renovieren ließ und erst 18 Monate nach der Erbschaft einzog - und vom Fiskus zur Kasse gebeten wurde. Zu Recht, entschied das Finanzgericht Düsseldorf (Az.: 4 K 2245/19), wie die Zeitschrift NJW Spezial berichtet. Die Erbin habe die Wohnung nicht wie vorgeschrieben "unverzüglich" übernommen. Erfolge der Einzug erst später als sechs Monate nach dem Tod des Erblassers, müsse der Erbe glaubhaft darlegen, was ihn von einer früheren Nutzung abgehalten habe. Die Argumente der Erbin, sie habe die Wohnung von einem Privatmann ausräumen lassen, der nur an Wochenenden Zeit gehabt habe, zudem hätten sich die Renovierungsarbeiten wegen der Auslastung der Handwerksbetriebe verzögert, ließ das Gericht nicht gelten. Der Erbin sei der erhebliche Renovierungs- und Instandhaltungsrückstand der Wohnung spätestens nach dem Erbfall bekannt gewesen. Sie hätte das Ausräumen einem Unternehmen überlassen und die Handwerker früher beauftragen können, so das Gericht.

Teure Lagerschäden

Wird es zu Hause zu eng, kann eine Lagerfläche helfen. Doch wer Möbel woanders unterbringt, sollte auf die vertraglichen Regelungen achten: Handelt es sich um einen Lager- oder Mietvertrag? Denn das ist bei Beschädigungen wichtig, wie eine Entscheidung des Oberlandesgerichts Dresden zeigt (Az.: 5 U 2247/20), über die die Zeitschrift Das Grundeigentum des Eigentümerverbandes Haus & Grund Berlin berichtet. In dem Fall wollte ein Kunde - auch aus Angst vor Hochwasserschäden - Möbel einlagern. Dazu hat er mit einem Unternehmen einen Mietvertrag geschlossen. Da dieses aber selbst nicht genug Lagerfläche hatte, wurden die Gegenstände in der Halle einer anderen Firma untergebracht. Als der Kunde die Sachen nach einer Weile abholte, stellte er Feuchtigkeitsschäden fest und wollte den Schaden in Höhe von 12 800 Euro ersetzt haben. Doch vor Gericht scheiterte er: In diesem Fall sei kein Lager-, sondern ein Mietvertrag abgeschlossen worden. Anders als bei einem Lagervertrag lagere der Mieter die Ware selbst und könne keinen Schadenersatz geltend machen.

Lästiges Modernisieren

Vermieter können einen Teil der Modernisierungskosten auf die Miete umlegen. Nicht selten kommt es deshalb zum Streit, zum Beispiel über den Austausch von Kastendoppelfenstern gegen Isolierglasfenster. Den müssen Mieter dulden, wie ein Urteil des Landgerichts Berlin zeigt (Az.: 67 S 108/19), über das ebenfalls in Das Grundeigentum berichtet wurde. In dem Fall hatte sich ein Mieter gegen den angekündigten Austausch der Fenster gewehrt. Er könne die Vorgaben zum Heizen und Lüften nach dem Austausch der Fenster - viermal am Tag stoßlüften - nicht einhalten. Deshalb sei er nicht verpflichtet, den Austausch zu dulden. Das Gericht war anderer Ansicht. Durch die neuen Fenster werde Energie eingespart; dass hier die Einsparung gering sei, ändere an diesem Sachverhalt nichts. In dem Merkblatt heiße es zudem, es solle "möglichst" viermal am Tag gelüftet werden. In manchen Fällen können Mieter Härtegründe angeben, um eine Modernisierungsmaßnahme zu verhindern. Doch das Lüften samt Auf- und Zudrehen der Thermostate stelle allenfalls eine Lästigkeit dar, aber keine Härte, so das Gericht.

Defekter Rollladen

Geht in einer Mietwohnung etwas kaputt, stellt sich oft die Frage: Wer muss für den Schaden aufkommen? Ein Urteil des Amtsgerichts Stuttgart zeigt nun: Macht ein Vermieter den Mieter verantwortlich, muss er die Beschädigung nachweisen (Az.: 32 C 2844/19). In dem Fall, über den auch die Zeitschrift des Eigentümerverbandes Haus & Grund Berlin berichtet hat, ging es um einen defekten Rollladen. Der Vermieter wollte vom Mieter das Geld für die Reparatur erstattet bekommen, weil dieser den Schaden verursacht habe. Der Mieter wehrte sich: Er habe den Rollladen immer vertrags- und bestimmungsgemäß benutzt und auf die Rollladenmechanik im Innern zu keiner Zeit Zugriff gehabt. Das Gericht gab dem Mieter recht. Der Vermieter müsse nachweisen, dass die Ursache des Schadens beim Mieter zu suchen sei. Auch dass der Schaden nicht auf Verschleiß beruhe, müsse der Vermieter darlegen. In diesem Fall war der Rollladen mehr als 20 Jahre alt, ein Verschleiß der Mechanik daher naheliegend.

Sauberes Treppenhaus

Die Kosten für die Reinigung von Gemeinschaftsräumen dürfen auf alle Mieter umgelegt werden. Ob und wie Mieter die Räume nutzen, spielt dabei keine Rolle. Sie müssen also auch dann voll für die Treppenhausreinigung zahlen, wenn sie im Erdgeschoss wohnen und nur die Kellertreppe nutzen, entschied das Amtsgericht Brandenburg an der Havel (Az.: 31 C 295/19), wie es in der Zeitschrift Das Grundeigentum heißt. In dem Fall wollten die Mieter die Kosten für die Reinigung des Treppenhauses nicht in voller Höhe zahlen, da sie im Erdgeschoss wohnen. Das Gericht folgte dieser Argumentation nicht. Eine nach Nutzung differenzierte Umlage wäre unpraktikabel, unübersichtlich und habe möglicherweise auch laufende Veränderungen in der Abrechnung zur Folge, so das Gericht.

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