Süddeutsche Zeitung

Microsoft zeigt Interesse:Schnäppchen Yahoo

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Mehr als 44 Milliarden Dollar - dieses Angebot von Bill Gates schlug Yahoo vor drei Jahren aus. Jetzt ist Yahoo nur noch die Hälfte wert - und Microsoft wittert eine Chance, viel Geld zu sparen.

Moritz Koch, New York

Die gebotenen 44,6 Milliarden Dollar reichten Jerry Yang im Jahr 2008 nicht. Der Chef und Gründer des Internetkonzerns Yahoo schmetterte das Übernahmeangebot von Microsoft ab. Von einer "substantielle Unterbewertung" sprach Yang und entschloss sich, sein Unternehmen selbst zurück zu altem Glanz führen. Doch Yang scheiterte. Inzwischen hat Yahoo seinen Wert beinahe halbiert, und Microsoft wittert die Chance, das alte Kaufvorhaben doch zu verwirklichen - zum Schnäppchenpreis.

Gemeinsam mit der Beteiligungsgesellschaft Silver Lake Partners prüft der Technologiekonzern, ein neues Übernahmeangebot für Yahoo abzugeben. Das berichtete das Wall Street Journal am Donnerstag. Microsoft würde etwa die Hälfte des Kaufpreises übernehmen. Das restliche Geld soll von Silver Lake, dem staatlichen kanadischen Pensionsfonds und einigen Banken stammen. Derzeit notiert die Yahoo-Aktie bei etwa 16 Dollar.Analysten rechnen damit, dass das Unternehmen schon für 18 Dollar pro Aktie zu haben seien könnte.

Sollte der Plan aufgehen, hätte Microsoft viel Geld gespart. Es wäre eine späte Genugtuung für Konzernchef Steve Ballmer. Yang, das einstige Wunderkind der Presse, müsste sich in die Riege der großen Wertvernichter einreihen. Insofern ist es keine Überraschung, dass sich der Yahoo-Gründer windet. Ein Verkauf sei nur eine von mehreren möglichen Optionen, sagte er vor kurzem. Allerdings haben die Märkte längst das Vertrauen in Yahoo verloren. Nur die 40- prozentige Beteiligung an der florierenden chinesischen Internetfirma Alibaba verleiht dem Konzern noch ein gewisses Gewicht an der Börse. Sie allein wird mit 14 Milliarden Dollar bewertet. Yahoos amerikanisches Kerngeschäft liegt am Boden.

Yahoo stammt aus der Gründerzeit der Internets. Leistungsfähige Suchmaschinen gab es Mitte der 90er Jahre noch nicht und so kategorisierte das Unternehmen das wuchernde Datennetz nach Schlagwörtern wie Hobbys, Nachrichten und Finanzen. Jahrelang stand Yahoo im Zentrum der Onlinewelt und diente als Startportal für die junge Internetgemeinde. Doch als die Suchmaschinen besser wurden und sich die Surfgewohnheiten veränderten, fiel Yahoo zurück. Google und Facebook sind heute die Stars der Branche, Yahoo spielt keine Rolle mehr, wenn über die Zukunft des Internets gesprochen wird.

Auch Alibaba hat Chancen

Dabei hat das Unternehmen noch immer etwa 700 Millionen Nutzer. Das Email-Programm von Yahoo und Dienste wie Yahoo-News sind in Amerika sehr beliebt. Doch dem Unternehmen gelingt es nicht, über die Nutzerzahlen hohe Werbeeinnahmen zu generieren. Im September feuerte Yahoo Carol Bartz, die erst vor zweieinhalb Jahren die Führung von Yang übernommen hatte. Silver Lake und andere Investoren glauben, es besser machen zu können. Über mangelnde Kaufinteressenten jedenfalls kann sich die Yahoo- Führung nicht beklagen. Neben Silver Lake und Microsoft, das mit Yahoo schon im Suchmaschinen-Geschäft zusammenarbeitet, werden auch Alibaba gute Chancen eingeräumt, Yahoo zu übernehmen.

Alibaba-Chef Jack Ma brachte sich am Donnerstag erneut ins Spiel: "Wenn der Verwaltungsrat verkaufen will, ich bin interessiert. Sie müssen uns nur ein Zeichen geben." Ma versucht seit langem, den 40-Prozent-Anteil zurückzukaufen, den Yahoo an Alibaba erworben hatte. Eine Übernahme könnte das Problem auf elegante Weise lösen.

Doch noch zögert Yahoo. Das Unternehmen hat sich die Dienste der Investmentbank Goldman Sachs gesichert, um seine strategischen Optionen durchzuspielen. Ein Bieterwettbewerb käme Yahoo gerade recht. Die massiven Wertverluste, die Yang den Aktionären mit der Ablehnung des ursprünglichen Microsoft-Angebots eingehandelt hat, würden so wenigstens etwas abgemildert.

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Quelle:
SZ vom 21.10.2011
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