Künstliche Intelligenz:Microsoft treibt Google vor sich her

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Der Umbau von Microsoft auf Cloud-Geschäfte und künstliche Intelligenz setzt Alphabet unter Druck. (Foto: Gerard Julien/AFP)

Beide Konzerne setzen auf künstliche Intelligenz, doch nur einem von ihnen will das bislang gelingen - und der andere wird langsam nervös.

Von Simon Hurtz

Am Mittwochabend stellten zwei mächtige Menschen mit indischen Wurzeln Zahlen mit vielen Nullen vor und bemühten sich, Erfolgsgeschichten zu erzählen. Neben diesen Gemeinsamkeiten gibt es einen großen Unterschied. Satya Nadella hat Microsoft in den vergangenen Jahren radikal umgebaut und dabei auf die Cloud und künstliche Intelligenz (KI) gesetzt. Damit setzt er Googles Mutterkonzern Alphabet unter Druck, dessen Chef Sundar Pichai noch beweisen muss, dass er Transformation kann.

Was Nadella Aktionärinnen und Investoren erzählte, übertraf deren Erwartungen. In den ersten drei Monaten des Jahres steigerte Microsoft Umsatz und Gewinn deutlich. Einnahmen von rund 53 Milliarden Dollar stehen Ausgaben von knapp 30 Milliarden Dollar gegenüber. Nach Steuern bleibt ein Reingewinn von gut 18 Milliarden Dollar. Google nahm etwa 70 Milliarden Dollar ein, gab aber auch mehr aus. Unter dem Strich stehen rund 15 Milliarden Dollar Gewinn.

Die Ergebnisse der einzelnen Sparten offenbaren, wie wenig Microsoft mittlerweile mit dem Konzern zu tun hat, der einst Geld mit Windows-Rechnern verdiente. Dass der Umsatz mit dem Betriebssystem um mehr als ein Viertel sank, spielt keine Rolle, weil die Prioritäten längst woanders liegen: in der Cloud, bei Unternehmenskunden und allem, was mit KI zu tun hat. Microsoft vermietet Unternehmen Speicherplatz, Cloud-Anwendungen und Office-Software, bündelt die Lizenzen mit dem Mailprogramm Outlook sowie der Chatsoftware Teams und schnürt damit ein Paket, das viele Konkurrenten aus dem Markt gedrängt hat.

Microsoft setzt auf KI

Mehrere Dutzende Mal erwähnten Nadella und seine Finanzchefin Amy Hood KI, die Microsoft in fast alle Produkte integrieren möchte, von Excel über Outlook bis zu Websuche. Menschen sollen damit produktiver arbeiten, Entwicklerinnen effizienter programmieren, Unternehmen Prozesse optimieren und Kosten sparen. Die größte Hoffnung setzt Nadella aber auf KI, die Googles Suchmonopol ins Wanken bringen könnte.

Rund 13 Milliarden Dollar investierte Microsoft in OpenAI, das Unternehmen hinter Chat-GPT. Das zugrundeliegende Sprachmodell GPT-4 bildet die Grundlage für Microsofts eigenen Chatbot, mit dem es die Suchmaschine Bing ergänzt. Nadella setzt darauf, dass Menschen in Zukunft nicht mehr googeln, sondern auf KI vertrauen. Im Vergleich zu Google ist Bing ein Zwerg, doch jeder Prozentpunkt, den Microsoft an Marktanteil gewinnt, entspricht zusätzlichem Werbeumsatz von rund zwei Milliarden Dollar.

Diese Zahlen kennt auch Google, entsprechend groß ist die Nervosität. Im Dezember rief man intern "Alarmstufe rot" aus, um der Bedrohung durch Microsoft zu begegnen. Hektisch wurde ein eigener Chatbot veröffentlicht, obwohl manche Mitarbeiter eindringlich davor warnten. Bard sei "peinlich" und ein "pathologischer Lügner", zitierte Bloomberg Angestellte, die das Sprachmodell getestet hatten. Tatsächlich ist Bard noch unzuverlässiger als Chat-GPT und Bing, der Chatbot erfindet regelmäßig Antworten, die überzeugend klingen, aber komplett falsch sind.

Google bleibt abhängig von der Suche

Glaubt man Konzernchef Pichai, ist das kein Grund, sich Sorgen zu machen. Alphabet habe die KI-Entwicklung seit Jahren vorangetrieben und stehe gut da. Trotzdem ist der Konzern nach wie vor abhängig vom Werbegeschäft und dabei insbesondere von seiner Suchmaschine. Der Anzeigenverkauf macht den Großteil des aktuellen Quartalsumsatzes aus.

Dadurch wird Google verwundbar. Als Samsung kürzlich erwog, die Standardsuche auf seinen Smartphones von Google zu Bing zu ändern, sei bei Google "Panik" ausgebrochen, berichtete die New York Times. Auch deshalb braucht Google weitere Einnahmequellen, etwa das Cloud-Geschäft. Im vergangenen Quartal machte die Sparte erstmals einen kleinen Gewinn. Dennoch bleibt Google genauso abhängig von der Suche, wie es Microsoft vor 20 Jahren von Windows-Rechnern war.

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