Logistik:Wieso der neue Post-Chef ein schweres Erbe antritt

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DHL-Chef Tobias Meyer und sein Vorgänger Frank Appel auf der Hauptversammlung im vergangenen Mai: Appel ging mit Rekordgewinnen. (Foto: Oliver Berg/dpa)

Der langjährige Konzernlenker Frank Appel erhält bei seiner letzten Hauptversammlung viel Lob. Doch sein Nachfolger muss nun mit einem schrumpfenden Geschäft kämpfen - und das nicht nur bei Briefen.

Von Björn Finke, Bonn

Frank Appel gesteht bei seiner letzten Hauptversammlung als Post-Chef einen Fehler ein: Als er vor anderthalb Jahren seinen Vorstandsvertrag bis just zum Termin dieses Aktionärstreffens verlängert habe, sei er davon ausgegangen, dass 2022 ein schwieriges Geschäftsjahr werde. "Dann wäre die Hürde nicht so hoch" gewesen für seinen Nachfolger Tobias Meyer, sagt Appel, der nach 15 Jahren an der Spitze ausscheidet. Doch in Wirklichkeit erwirtschaftete die Deutsche Post DHL im vorigen Jahr die vierte Bestmarke beim Betriebsgewinn in Folge, auch beim Umsatz gab es einen Rekord. "Das macht es für Herrn Meyer nicht einfacher", sagt Appel durchaus mitfühlend.

Bei der Hauptversammlung in einem Bonner Kongresszentrum loben Aktionärsvertreter den 61-jährigen Appel am Donnerstag; sie danken dafür, dass er ein "gut bestelltes Feld" hinterlässt, wie es Cornelia Zimmermann von der Fondsgesellschaft Deka Investment formuliert. Bei dem Dax-Konzern und seinen weltweit 600 000 Beschäftigten laufe es gerade "so gut wie schon lange nicht mehr", bestätigt Vanda Rothacker von der Fondsgesellschaft Union Investment. Dem neuen Chef Meyer wünschen die Vertreter viel Erfolg.

Der 47-Jährige übernahm die Führung des weltweit größten Logistikkonzerns nahtlos zum Ende der Hauptversammlung. Und der Wirtschaftsingenieur wird freundliche Wünsche gebrauchen können, denn das Umfeld für die Bonner Firma hat sich im Vergleich zum Rekordjahr 2022 deutlich verschlechtert. Gewinne auf einem ähnlichen Niveau erwartet das Management daher frühestens wieder in zwei Jahren, vielleicht aber auch erst bis Ende der Dekade.

Appel hingegen profitierte in seinen letzten Jahren an der Spitze von einem hilfreichen Umfeld. So ließ die Pandemie den Onlinehandel und damit die Menge an Paketen noch schneller wachsen als erwartet. Und dass Fluggesellschaften ihre Passagierjets am Boden ließen, bedeutete, dass dort im Gepäckraum keine Fracht mitgenommen werden konnte. Die Preise für Luftfracht schossen hoch - und die Post konnte kräftig kassieren, denn sie hat etwa 300 eigene Frachtflieger in ihrer Express-Sparte.

Der Tarifabschluss kostet 400 Millionen Euro pro Jahr

Doch die Preise für Luft- und Seefracht sind seit den Höchstständen wieder stark gefallen. Zugleich hat sich die Konjunktur abgeschwächt, was die Transportmengen sinken lässt. Im ersten Quartal lag das Volumen der Luft- und Seefracht bei Deutscher Post DHL fast ein Fünftel unter dem Vorjahreswert. Daneben bereitet das deutsche Brief- und Paketgeschäft weiter Probleme. Die Sparte hat damit zu kämpfen, dass immer weniger Briefe verschickt werden. Inzwischen steht der Bereich für weniger als ein Fünftel der Konzernerlöse.

Umsatz- und Gewinnbringer sind das internationale Speditions- und Expressgeschäft sowie Lagerhaus-Dienstleistungen. Das heimische Brief- und Paketgeschäft wirft dagegen wenig Profit ab. Und selbst den nur zu halten, wird schwierig, denn die Post und Verdi schlossen im März einen neuen Vertrag für die 160 000 Tarifbeschäftigten in dieser Sparte ab. Deren Löhne steigen im Durchschnitt um 11,5 Prozent; die Kosten wird dies um 400 Millionen Euro jährlich erhöhen.

Meyer kennt den Bereich gut. Er kam 2013 von der Unternehmensberatung McKinsey zur Post - Appel und dessen Vorgänger Klaus Zumwinkel hatten dort ebenfalls vor ihrer Konzernkarriere gearbeitet. Von 2019 bis Sommer 2022 leitete Meyer das deutsche Brief- und Paketgeschäft. Auf diesem harten Markt könnte sich der rechtliche Rahmen bald ändern: Die Bundesregierung will das Postgesetz reformieren.

Welche Krawatten wird Appel nun tragen?

Berlin erwägt, die Bedingungen für kleinere Wettbewerber der Post zu verbessern, zulasten des Konzerns. Außerdem könnte die Bundesnetzagentur erstmals das Recht erhalten, Strafen zu verhängen, wenn der Service nicht stimmt. So wie im vergangenen Jahr, als sich viele Kunden bei der Aufsichtsbehörde beschwerten, dass die Post Briefe zu spät zustellt. Pikanterweise war Meyer ja bis Sommer für die Sparte und ihre Qualitätsprobleme zuständig. Das Management sieht die Vorstöße der Bundesregierung naturgemäß kritisch. Auf der Hauptversammlung sagt Meyer, das Ringen um das Postgesetz werde einer der Schwerpunkte seiner Arbeit in den kommenden Monaten sein.

Appel wiederum macht klar, dass die Post zur Not darauf verzichten würde, Universaldienstleister für Deutschland zu sein, sollten die neuen Regeln zu unattraktiv ausfallen. Der Universaldienst bedeutet, dass der Konzern Briefe bundesweit zustellen muss - auch auf dem Land, wo dies recht teuer ist. Als Belohnung muss die Firma in dieser Sparte keine Umsatzsteuer abführen. Ein Ausstieg aus dem Universaldienst sei "eindeutig nicht" die Absicht des Unternehmens, sagt Appel. Aber "wenn der Gesetzgeber uns zwingt, dass wir andere Maßnahmen machen müssen, dann müssen wir das betrachten und sehen, was passiert".

Für den neuen Chef ist Appel voll des Lobes: "Ich wünsche mir einen Nachfolger, der entweder besser oder anders ist als ich. Tobias Meyer ist beides", sagt er. Appel selbst wird sich nun vor allem einem anderen Bonner Dax-Unternehmen widmen. Schon seit einem Jahr leitet er den Aufsichtsrat der Deutschen Telekom. Ein modebewusster Aktionärsvertreter will bei der Hauptversammlung wissen, ob Appel demnächst Krawatten in der Konzernfarbe der Telekom tragen werde. Der Manager weist das leicht indigniert zurück: Er habe bisher keine Post/DHL-Krawatten getragen, und "ich werde nicht mit Magenta-Krawatte auftreten".

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