Metro-Tochter Kaufhof:Warum der Schlussverkauf vertagt wird

Es waren 300 Millionen Euro zu wenig - der Handelskonzern Metro stoppte nun den Verkauf der Tochter Kaufhof. Später soll mehr Geld in die Kasse kommen. Metro braucht Erfolge: Der Druck auf den Konzern zeigt sich im Kursverlauf der Aktie.

Hans-Jürgen Jakobs und Stefan Weber

Der Mann aus dem Kreis der Eigentümer hätte sich einen Deal vorstellen können. Endlich einen Abschluss der monatelangen Verhandlungen um den Verkauf der Kaufhof-Geschäfte. Das hätte einen Extragewinn bedeutet und damit womöglich eine schöne Sonderausschüttung. Das wiederum hätte die Bilanz des Kaufhof-Besitzers Metro aufgehellt und damit dem Metro-Großaktionär geholfen, der Duisburger Industriellendynastie Haniel. Noch am Montag soll der Familiensprecher und Metro-Aufsichtsratschef Franz Markus Haniel durchaus von der Aussicht beglückt gewesen sein, auf einen Schlag rund 2,1 Milliarden Euro zu erlösen. Doch dann überzeugte ihn der erst zum Jahreswechsel bestellte neue Vorstandschef Olaf Koch: Warten bringe mehr. Die Zeit spiele noch mehr Geld in die Kasse.

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Vielleicht 300 Millionen Euro mehr - so viel hatte sich die Metro AG intern beim Kaufhof-Schlussverkauf als Ziel gesetzt. Davon sind auch die Investoren an der Börse ausgegangen. Und so endete erst mal die spektakuläre Transaktion mit dem Wiener Immobilien-Unternehmer René Benko, der sich die Kaufhof-Geschäftsbücher intensiv angeschaut hatte und als Favorit verblieben war. Auch die Mitbieter - der flamboyante Investor Nicolas Berggruen (Karstadt) sowie der unscheinbar gebliebene Ex-Handelsmanager Wolfgang Urban - müssen ihre Siebensachen zusammenpacken.

Abgesagt: Metro-Mann Koch bleibt bis auf weiteres Herr im Kaufhof und entgeht so Abstrafungen an der Börse. Die Warenhaus-Gruppe wird mit ihren 140 Häusern in Deutschland und Belgien noch eine Weile bei Metro bilanziert. "Die aktuelle Lage am Kapitalmarkt bietet keine geeigneten Rahmenbedingungen für eine so wichtige Transaktion", erklärt er nach der überraschenden Absage. Ein Verkauf müsse "das Potential des Kaufhofs reflektieren" - und das könne Metro aus heutiger Sicht besser selbst heben als durch einen Verkauf. Mit dem neuen Finanzchef Mark Frese will Koch den Beweis führen. Die Truppe braucht Erfolge, schließlich ist der Konzernumsatz im Jahr 2011 um 0,8 Prozent auf 66,7 Milliarden Euro gefallen.

Zum Schluss war es in dem Gespräch mit Benko um ein Verkäuferdarlehen in Höhe von 400 Millionen Euro gegangen (das auf 200 Millionen sinken sollte) und um die Bewertung einzelner Häuser. Aber irgendwie fehlte es an der von Metro erhofften Dynamik, an einem Bietergefecht, das dem Handelskonzern die erhofften süßen Früchte erbracht hätte. Und Neu-Chef Koch wurde womöglich der Boden zu heiß: Er und seine Leute fürchteten offenbar, einen Kaufvertrag zu unterzeichnen, der eventuell in ein paar Monaten nachzuverhandeln wäre. Man wollte sich nicht in die Hand von Benko und seiner Mitstreiter begeben.

Der Kaufinteressent reagiert gelassen auf den Schritt der Metro: "Aufgeschoben ist nicht aufgehoben." Im Umfeld des Karstadt-Eigners Berggruen, der sich im Verkaufsprozess benachteiligt gefühlt hatte, wurde die Wende sogar begrüßt. Es sei vernünftig, irgendwann einen neuen Versuch zu starten, hieß es.

Vorstandschef Koch betont, dass seine Entscheidung an der "bisherigen Portfoliostrategie von Metro nichts ändert". Das heißt: Der Kaufhof gehört ebenso wie die SB-Warenhauskette Real weiter zu jenen ungeliebten Töchtern, von denen sich der Konzern trennen will. Diese Strategie hatte im März 2008 der damalige Vorstandschef Eckhard Cordes verkündet - das Warenhausunternehmen habe keine Zukunft mehr unter dem Metro-Dach. Das Geschäft sei zu sehr nach Deutschland ausgerichtet und passe nicht zu einem nach internationaler Größe strebenden Konzern.

Es klemmt seit Jahren beim Kaufhof-Deal

Sätze, die auch von seinem Nachfolger Koch stammen könnten, der wie Cordes in der Daimler-Welt groß geworden ist. Eine Welt, die von großen Würfen geprägt war. Dabei hat Cordes selbst bei der Frage nach seinem vielleicht größten Fehler stets erklärt: "Ich habe zu früh die Trennung vom Kaufhof in Aussicht gestellt." Bei Metro hat es jedoch 45 Monate nicht mit dem großen Kaufhof-Coup geklappt. Erst in den letzten Wochen von Cordes' Ära hatte sich eine Lösung abgezeichnet. Was in drei Monaten, wenn die Aktion wieder auf der Agenda steht, besser sein soll als in den ersten Januar-Wochen, bleibt das Geheimnis von Metro-Chef Koch. Die Preise dürften angesichts des Wirrwarrs in den Verhandlungen kaum abzischen wie eine Silvesterrakete.

Zum Kerngeschäft rechnet das Metro-Management in Düsseldorf allein das Geschäft mit den Großverbrauchern - bekannt als "Cash & Carry" - sowie die Mehrheitsbeteiligung an Media Saturn in Ingolstadt, dem größten europäischen Elektronikhändler. Investitionen fließen vor allem in diese beiden Sektoren. Gleichwohl will Metro auch weiter Geld in die Hand nehmen, um das Warenhausgeschäft voranzubringen. Die Braut soll ja hübsch sein, wenn die Freier zurückkommen.

An der Börse kam die Nachricht vom geplatzten Kaufhof-Deal überraschend gut an. Die Aktie verteuerte sich zeitweise um mehr als fünf Prozent. Viele Analysten werteten es als Stärke, dass Metro beim Verkaufspreis keine Abstriche macht. Sie verschmerzten auch, dass der Konzern von einem schwachen Weihnachtsgeschäft berichtete; der Umsatz sank im vierten Quartal um 1,3 Prozent. Das lag auch am Kaufhof - er darf nicht zum Ladenhüter werden.

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