Metro:Ende einer langen Verbindung

Handelskonzern Metro
(Foto: Ina Fassbender/dpa)

Der Duisburger Familienkonzern Haniel steigt nach mehr als 50 Jahren beim Handelskonzern Metro aus. Das Risiko wurde einfach zu groß.

Von Karl-Heinz Büschemann

Der eine glaubt an den Erfolg des Handelskonzerns Metro, der andere eher nicht. Der tschechische Investor EP Global Commerce GmbH, hinter dem die beiden Unternehmer Patrick Tkáč und Daniel Křetínský stehen, will bei dem Düsseldorfer Groß- und Einzelhändler als neuer Großaktionär einsteigen. Die Familiengesellschaft Haniel hat nach 50 Jahren als Metro-Aktionär offenbar die Nase voll und gibt ihre Beteiligung schrittweise ab.

Damit wird eine Partnerschaft wird aufgelöst, die lange als vorbildliches Bündnis galt: Metro und Haniel waren über Jahre praktisch eins. Der vormalige Daimler-Manager Eckhard Cordes war zeitweilig sogar gleichzeitig Chef von Haniel wie Metro. Und Franz Markus Haniel, der Aufsichtsratsvorsitzende des Familienunternehmens, war einige Jahre lang auch Chef-Kontrolleur bei Metro.

Allerdings hat der Metro-Konzern wegen ausbleibender Erfolge auch immer wieder für Turbulenzen gesorgt. Offenbar war Haniel die Entwicklung bei Metro nun einfach zu schlecht. Der Aktienkurs ist allein in den vergangenen zwölf Monaten um etwa 30 Prozent auf zuletzt 13 Euro gefallen.

"Haniel ist bestrebt, sein Unternehmensportfolio zu diversifizieren, auszubalancieren und zu erweitern", erklärt das Unternehmen den Ausstieg nach so langer Zeit. "Nach reiflicher Überlegung" habe man beschlossen, neue Investoren zu suchen.

Ein entscheidendes Stichwort ist offenbar: ausbalancieren. Offenbar war dem Duisburger Traditionskonzern das Risiko bei Metro zu groß geworden, zu schwankend war die Entwicklung des Konzerns, der mir etwa 15 0000 Beschäftigten rund 58 Milliarden Euro Umsatz macht und zu dem die Cash-and-Carry-Märkte dieses Namens gehören, aber auch die Real-Supermärkte. Über den Verkaufspreis schweigen beide Seiten. Gemessen am Börsenwert von 4,8 Milliarden Euro ergibt sich für die den Tschechen angebotenen Aktien ein Wert von etwa einer Milliarde Euro.

Die neuen Investoren, die zunächst 7,3 Prozent an Metro übernehmen und später weitere 15,2 Prozent von Metro kaufen wollen, sind dagegen höchst optimistisch über die künftige Entwicklung von Metro. So optimistisch, dass am Montag bestätigt wurde, dass die Investoren auch Metro-Anteile von der früheren Elektronik-Handelskette Mediamarkt-Saturn kaufen wollen, die seit der Abtrennung von Metro unter Ceconomy firmiert. "Wir sind zuversichtlich", erklärt Křetínský, der in Tschechien mit Kraftwerken zum Milliardär wurde, dass Metro die richtige strategische Antwort auf die Fragen der Zukunft geben könne. Man werde als Aktionär "eine positive Rolle für das Unternehmen spielen".

Die Börse reagiert erfreut: Die Metro-Aktie legt fast zwölf Prozent zu

Zuletzt gab es immer wieder viele Hoffnungen und Hoffnungsträger bei Metro. Doch der Konzern kam nicht zur Ruhe. Zu stark wurde der einstige Dax-Konzern, der 2017 in den M-Dax abgestiegen war, von den Veränderungen im Handel geschüttelt. Zusätzlich belastete der permanente Streit mit Saturn-Gründer Erich Kellerhals das Unternehmen und schüttelte die Führung durch. Metro hatte 2013 die Mehrheit an dem Ingolstädter Elektronikhändler erworben.

Aber auch das Kerngeschäft von Metro hat es seit langem schwer. Olaf Koch, der Metro seit 2012 führt, begründet das mit der Digitalisierung des Handels, der die Gewohnheiten der Kunden verändere. Allein in den Jahren von 2008 bis 2016/17 ging das Großhandelsgeschäft von Metro von 5,7 Milliarden auf 4,7 Milliarden Euro zurück. "Online-Player pflügen das Geschäft um", sagt Koch. "Die Händler müssen ihre Geschäftsmodelle überdenken". Noch aber scheint Koch mit dem Nachdenken über die Geschäfte von morgen nicht fertig zu sein.

Derweil scheint vor allem die Börse das Vertrauen in den Metro-Chef verloren zu haben. Seit unter Kochs Regie Ceconomy von Metro abgetrennt wurde, geht es weiter bergab - und zwar mit beiden Aktien, was der Theorie widerspricht, fokussierte Unternehmen seien an den Finanzmärkten erfolgreicher als Konglomerate. Nicht nur der Metro-Kurs ging nach unten, auch der von Ceconomy rutschte ab. Und schon zuvor hatte Koch der Verkauf der Metro-Tochtergesellschaft Kaufhof an die kanadische Hudson Bay's Company keine Entlastung gebracht. Einer der Gründe dafür ist, dass sich Metro in Russland schwer tut und in dem großen Markt von Krise zu Krise stolpert.

Jetzt hat also auch noch Großaktionär Haniel die Lust an Metro verloren. Haniel ist eines der ältesten deutschen Unternehmen und eines der größten heimischen Familienunternehmen. Gegründet 1756 in Duisburg, war es zunächst einer der Pioniere der Industrialisierung in Deutschland. Zum Haniel-Imperium gehörten Kohlezechen, Stahlwerke, Binnenschiffe oder ein Tankstellennetz. Später trennte sich die Familie, die heute aus knapp 700 Gesellschaftern besteht, von den alten Industrien und suchte sich neue Beteiligungen, die Haniel zu einer Finanzholding machten. So gehören heute neben Metro auch der Büroartikel-Lieferant Takkt, der Edelmetall-Wiederverwerter ELG oder der Waschraumausrüster CWS-Boco zum Konzern.

Der Familie Haniel fällt die Trennung von Metro nach so langer Zeit nicht leicht, so viel ist aus der Mitteilung herauszulesen. Der Schritt zeigt aber auch, dass selbst ein mehr als 200 Jahre altes Familienunternehmen manchmal keine andere Lösung mehr sieht als den Ausstieg. Und immerhin darüber zeigte sich die Börse zufrieden. Der Metro-Kurs legte am Montag wieder einmal deutlich zu: bis zum späten Nachmittag waren es 11,8 Prozent.

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