Metallindustrie:Ansage vom Neuen

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Der frisch gekürte Gesamtmetall-Chef Stefan Wolf schickt vor den Tarifverhandlungen gleich klare Botschaften an die IG Metall: Deren Forderungen seien "völlig fehl am Platz".

Von Benedikt Peters, München

Gleich seinen ersten Auftritt als Chef des Arbeitgeberverbands Gesamtmetall hat Stefan Wolf für eine Attacke genutzt: "Viele in der IG Metall haben noch nicht verstanden, in welcher Situation wir sind", sagte Wolf am Freitag angesichts der anstehenden Tarifverhandlungen in der Metall- und Elektroindustrie. "Jetzt in eine Tarifrunde zu gehen mit einer Forderung von vier Prozent, und auch Streiks und sonstige Arbeitskampfmaßnahmen nicht auszuschließen, ist völlig fehl am Platz."

Am Donnerstag hatte die IG Metall ihre Forderung beschlossen. Sie verlangt vier Prozent mehr Geld für die bis zu 3,9 Millionen Beschäftigten bei einer Laufzeit von zwölf Monaten. Allerdings sollen nur in Betrieben, in denen es gut läuft, auch die Löhne erhöht werden. In kriselnden Firmen soll das Geld stattdessen in einen teilweisen Lohnausgleich fließen, den die Beschäftigten dafür bekommen sollen, dass sie weniger arbeiten, zum Beispiel in einer Vier-Tage-Woche.

Wolf sagte, angesichts der Krise in der Branche sei die Lage "äußerst ernst". Die Produktion liege 17 Prozent unter dem Vorkrisenniveau, es seien aber nur 3,3 Prozent der Arbeitsplätze abgebaut worden. Der IG Metall warf er vor, sie habe sich von den Beschäftigten entfernt. "Den Menschen in unseren Unternehmen ist ganz wichtig, dass sie ihren Arbeitsplatz behalten." Es gehe ihnen nicht "um vier Prozent mehr oder weniger Lohn".

Die IG Metall wiederum betont, dass sie auch in der kommenden Tarifrunde anstrebe, Arbeitsplätze zu erhalten. Sie fordert neben der Option auf eine Vier-Tage-Woche für Betriebe einen Rahmen für sogenannte Zukunftstarifverträge. Belegschaft und Geschäftsleitung einer Firma sollen in einem solchen Vertrag Schritte vereinbaren können, um die aktuelle Krise zu bewältigen.

Streit gibt es zwischen Arbeitgebern und Gewerkschaft darum, ob die Vier-Tage-Woche mit einem Lohnausgleich einhergehen soll. Die IG Metall fordert, dass Beschäftigte, die ihre Arbeitszeit reduzieren, einen Teil der wegfallenden Bezahlung erstattet bekommen. Gesamtmetall-Chef Wolf sprach sich dagegen aus. Die Firmen könnten nur aus der Krise kommen, indem sie neue Kunden gewännen, sagte er. "Produkte über Arbeitspreise teurer zu machen hilft nicht." Weiter sagte Wolf, er hoffe, sich mit der Gewerkschaftsseite einig zu werden. "In der Vergangenheit haben wir noch immer einen Kompromiss gefunden. Dieses Mal geht es um sehr, sehr viel."

Strukturwandel trifft auf Corona-Pandemie

Wegen des Strukturwandels in der Automobilindustrie sind viele Firmen in der Krise, durch die Corona-Pandemie wird sie noch zusätzlich verschärft. Allerdings sind von der anstehenden Tarifrunde auch Betriebe betroffen, denen es deutlich besser geht, etwa aus dem Bereich Medizintechnik. Sie profitieren zum Teil von der Pandemie. Wolf sagte dazu, es dürfe nicht vergessen werden, dass auch in dieser Branche einige Firmen Verluste schrieben. Das betreffe etwa die Hersteller medizinischer Geräte, da viele Routine-Operationen verschoben worden seien. "Bei vielen dieser Unternehmen gibt es keinen Verteilungsspielraum."

Ursprünglich hätte die Tarifrunde im Frühjahr starten sollen, wegen der Corona-Pandemie war sie verschoben worden. Anfang des Monats hatten die Arbeitgeber angesichts der wieder hohen Infektionszahlen eine erneute Vertagung ins Gespräch gebracht, die IG Metall wies das jedoch zurück. "Wir müssen nun schauen, wie wir das ausgestalten und wer dann tatsächlich physisch zusammenkommt", sagte Wolf.

Am Donnerstag hatte er das Amt des Gesamtmetall-Präsidenten von seinem Vorgänger Rainer Dulger übernommen, dieser wechselte an die Spitze der Bundesvereinigung der Arbeitgeber. Wolf war zuvor Chef des baden-württembergischen Verbands Südwestmetall. Im Hauptjob führt er den Automobilzulieferer Elring-Klinger.

Mitte Dezember sollen die Tarifverhandlungen offiziell beginnen und im kommenden Jahr fortgesetzt werden. Die sogenannte Friedenspflicht endet am 1. März 2021 - wenn es bis dahin keine Einigung gibt, könnte es Streiks geben.

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