Künstliche IntelligenzWarum Facebook und Instagram massenhaft Nutzer anschreiben

Lesezeit: 3 Min.

Meta AI: Der KI-Chatbot, der Nutzern von Meta-Diensten seit Kurzem angeboten wird.
Meta AI: Der KI-Chatbot, der Nutzern von Meta-Diensten seit Kurzem angeboten wird. (Foto: Franziska Gabbert/dpa-tmn)

Meta fragt wieder an, ob man seine Daten an die KI des Konzerns verfüttern will. Das hat mit dem kleinen blauen Kreis in Whatsapp, Instagram und Facebook zu tun.

Von Jannis Brühl

Etwas mehr als einen Monat Zeit haben viele Nutzer und Nutzerinnen von Facebook und Instagram, um zu reagieren. Sie bekommen gerade Mails von Meta, dem Konzern hinter Facebook, Instagram, Whatsapp und Threads. Seit Mittwoch verschickt Meta den Hinweis, Nutzer könnten widersprechen, dass Daten des jeweiligen Nutzers von der künstlichen Intelligenz (KI) des Konzerns genutzt werden. Am 27. Mai wird Meta dann beginnen, mit den Daten all jener Nutzer zu trainieren, die bis dahin nicht widersprochen haben. Datenschützer hatten versucht, diese Datensammlung zu verhindern.

Meta betont, man werde nur öffentlich geteilte Beiträge, Bilder und Kommentare nutzen, und zwar nur die von Erwachsenen. Private Nachrichten seien genauso tabu wie die Beiträge von Minderjährigen.

Was will Meta mit den Daten?

Jeder einigermaßen kohärente Beitrag auf Social-Media-Plattformen ist geeignet für das Training der KI-Modelle. Je besser die Trainingsdaten, desto „intelligenter“ die KI, und desto nützlicher ist sie in der Praxis. Dass aktuelle KI-Software so menschlich erscheint und Chatbots einigermaßen sinnvolle Unterhaltungen mit Menschen führen können, liegt auch an den vielen Informationen, durch die sie Muster über die Welt gelernt haben wie ein Kleinkind.

Meta versucht mit den Daten von seinen Content-Plattformen, seine eigene KI „Meta AI“ zu verbessern. Das ist eine mehr oder weniger intelligente Chatbot-Hilfe, erkennbar an dem blauen Kreis, den Nutzer seit einigen Wochen zum Beispiel in Whatsapp oder ihrer Instagram-Nachrichtenübersicht sehen.

Für Meta ist es die nächste Stufe seines Datengeschäfts: Eine beliebte Gratis-Dienstleistung – soziale Vernetzung über die Plattformen – liefert Daten, die die Konzern-KI mächtiger machen. Die soll dann wiederum die Produkte verbessern. Geld verdient Meta mit Anzeigen auf seinen Plattformen.

Die Informationen, an die Meta nun ran will, würden es der KI ermöglichen, auch europäisch zu denken, heißt es vom Konzern. Mit den Daten der Europäer werde man „Millionen Menschen und Unternehmen in der EU besser unterstützen, indem Meta AI lernt, europäische Kulturen, Sprachen und Geschichte besser zu verstehen und wiederzugeben“.

Warum fragt Meta nun noch einmal nach?

Schon vergangenes Jahr hatte Meta seinen Nutzern eine Frist bis 25. Juni gesetzt, der Nutzung zu widersprechen. Unter anderem die Verbraucherzentrale NRW hatte Meta damals abgemahnt, und versucht, die Datensammlung zu verhindern. Ihre Forderung: Meta solle Daten von Nutzern und Nutzerinnen nur dann an die KI verfüttern, wenn der oder diejenige dem Training aktiv zugestimmt hat – das sogenannte Opt-in-Prinzip. Für das Opt-out-Verfahren, das Meta nun verfolgt, sind viele Nutzer zu bequem. Sie bleiben tendenziell bei ihrer Voreinstellung – oder bekommen von der Möglichkeit zum Widerspruch gar nichts mit.

Auch EU-Datenschützer begannen, den Fall zu prüfen, und Meta pausierte daraufhin die Erfassung. Wegen der Debatte hatte Meta die KI-Funktion mit dem Kreis in der EU monatelang zurückgehalten. Mittlerweile hat der Europäische Datenschutzausschuss seine Vorgaben präzisiert. Ein Prozess, an dem Datenschützer und auch Unternehmen wie Meta Stellung nahmen. Meta ist überzeugt, sich durchgesetzt zu haben, denn das Unternehmen bleibt bei der ursprünglichen Opt-out-Lösung.

Datenschützer monierten auch, dass insbesondere die persönlichsten Daten nach europäischem Datenschutzrecht geschützt werden müssten. Das sind zum Beispiel Daten, aus denen „ethnische Herkunft, politische Meinungen, religiöse oder weltanschauliche Überzeugungen oder die Gewerkschaftszugehörigkeit hervorgehen“, und biometrische Daten. Der Konzern geht hingegen davon aus, dass er jenes „berechtigte Interesse“ hat, das ihm das Gesetz zuspricht und das ihm die Verarbeitung erlaubt. In seiner Stellungnahme für den Datenschutzausschuss argumentierte der Konzern, es könne nicht sein, dass Datenschützer einfach jegliche Information für theoretisch verräterisch erklärten, dass sie also Rückschlüsse auf die speziell geschützten Merkmale erlaube.

Der Hamburgische Datenschutzbeauftragte Thomas Fuchs, der in Deutschland für Meta zuständig ist, erklärt: „Ich kann gut verstehen, dass es Nutzer:innen sorgt, wenn alle ihre in sozialen Netzwerken geteilten Bilder und Texte nun in KI-Modelle fließen. Hier schützt nur ein rechtzeitiger Widerspruch. Wenn, dann jetzt.“

Wie Nutzer und Nutzerinnen einfach widersprechen können

Widersprechen können Nutzer nicht nur auf eine Mail von Meta hin, sondern auch direkt hier in ihrem Instagram-Konto, hier in Facebook oder hier in ihrem Meta-Konto.

Oder in der Instagram-App unter Info>Datenschutzrichtlinie die Lupe (in der App) anklicken oder (im Desktop-Browser) mit STRG+F das Suchfeld öffnen, dann „Widerspruchsrecht“ eingeben und das Widerspruchsrecht auswählen. Dort findet sich der Link zum Widerspruch.

In Facebook findet sich der Widerspruch unter: Einstellungen und Privatsphäre>Einstellungen>Datenschutzrichtlinie. Dann nach „Widerspruchsrecht“ suchen.

Wer schon widersprochen hat, der müsse es nicht noch einmal tun, erklärt Meta: „Meta wird alle bereits eingegangenen Widersprüche berücksichtigen, ebenso wie neu eingereichte.“

© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: