Merkel und Sarkozy: Vor dem Euro-Krisengipfel:Letzte Chance zum Zusammenraufen

Nur noch ein Tag bis zum entscheidenden Gipfel zur Griechenland-Rettung: Die deutsche Kanzlerin will private Gläubiger beteiligen, Frankreichs Präsident ist strikt dagegen und soll hinter den Kulissen böse über die deutsche Krisenpolitik gelästert haben. Eine spontane Dreierrunde mit Merkel, Sarkozy und EZB-Chef Trichet verhandelte am Mittwochabend sechs Stunden lang, vorerst ohne konkretes Ergebnis. Wie wollen sich die beiden wichtigsten europäischen Länder einig werden?

Vor dem Euro-Krisengipfel am Donnerstag haben Angela Merkel und Nicolas Sarkozy versucht, sich zusammenzuraufen - trotz gegenteiliger Positionen bei der Beteiligung privater Gläubiger an der Griechenland-Rettung. Die Bundeskanzlerin und der französische Präsident wollten sich bei einem spontanen Treffen am Mittwochabend auf eine gemeinsame Linie einigen.

Sarkozy berät mit Merkel vor Euro-Gipfel

Wenn sie sich nicht einigen, geht nichts voran: Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy und Bundeskanzlerin Angela Merkel bei einer Pressekonferenz am 17. Juni. Am Mittwochabend verhandelten sie in Berlin weiter.

(Foto: dpa)

Merkel und Sarkozy hätten das Vorbereitungstreffen in einem Telefonat am Dienstag kurzfristig vereinbart, so Regierungssprecher Steffen Seibert. Es gebe auf beiden Seiten die Zuversicht, dass eine gemeinsame Linie heute erarbeitet werden kann, hieß es noch am frühen Abend.

Aber auch nach sechsstündigen Verhandlungen bis spät in die Nacht war offenbar noch keine Einigung erreicht. Merkel und Sarkozy liegen offenbar noch weit auseinander, was die Details des neuen Rettungspakets für Griechenland betrifft. Überraschend nahm nach Angaben aus französischen Regierungskreisen auch der Chef der Europäischen Zentralbank, Jean-Claude Trichet, an dem Treffen teil.

Die Bundesregierung halte an ihrer Forderung fest, private Gläubiger an einer Bewältigung der Griechenland-Krise zu beteiligen, sagte Seibert. Dies sei für Deutschland eminent wichtig. Auch ein Sprecher von Finanzminister Wolfgang Schäuble, sagte: "Wir gehen weiter davon aus, dass es zu einer Lösung mit Privatgläubigerbeteiligung kommen wird."

Nach Angaben aus Regierungskreisen gibt es zwei wesentliche Streitpunkte zwischen Merkel und Sarkozy. Die französische Regierung sperre sich nach wie vor gegen eine Beteiligung des privaten Sektors an einer Umschuldung Griechenlands. Sarkozy fürchte Schaden für die französischen Banken, die deutlich mehr griechische Staatsanleihen und Beteiligungen hielten als die deutschen Institute. Berlin hingegen bewerte den französischen Vorstoß zur Einführung einer europäischen Bankenabgabe oder Finanztransaktionssteuer skeptisch, da die Steuereinnahmen nicht den einzelnen Ländern, sondern der EU zur Verfügung stehen sollen.

Im kleinen Kreis soll sich Sarkozy wesentlich harscher über die aus seiner Sicht zögerliche deutsche Haltung bei den Griechenland-Hilfen geäußert haben. Die französische Zeitung Le Canard Enchaîné berichtet, Sarkozy habe gesagt: "Die Griechen tun, was sie können, und sie haben schon eine Menge erreicht. Die einzigen, die es an Solidarität fehlen lassen, sind die Deutschen." Laut dem Bericht äußerte sich Sarkozy kurz vor einer Kabinettssitzung in der vergangenen Woche vor Vertrauten: "Der deutsche Egoismus ist kriminell, er verlängert die Krise." Wie ernstzunehmend diese Informationen sind, ist allerdings unklar: Das Blatt ist sowohl für seriösen Enthüllungsjournalismus als auch für satirische Beiträge bekannt.

Der Brüsseler Gipfel soll das zweite Hilfspaket für Griechenland auf den Weg bringen. Teilnehmer sind die Staats- und Regierungschefs der 17 Euro-Länder, EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso, EZB-Präsident Jean-Claude Trichet sowie die neue IWF-Chefin Christine Lagarde. Die Bundeskanzlerin hatte die Erwartungen an das Treffen zuletzt gedämpft: Das Euro-Schulden-Problem sei kaum durch einen spektakulären Schritt zu lösen. Vom Euro-Gipfel sei kein abschließender großer Schritt zu erwarten.

Barroso: "Die Situation ist sehr, sehr ernst"

EU-Kommissionspräsident Barroso forderte die Euro-Regierungen ungewöhnlich deutlich zum Handeln auf. Die Staats- und Regierungschefs hätten immer versichert, alles Notwendige zu tun, um den Euro zu erhalten. "Die Zeit ist gekommen, diese Versprechen einzulösen", sagte er. Die Gefahr, dass die Krise in Griechenland auf andere Euro-Länder übergreife, müsse jetzt gebannt werden. Die Lage sei sehr, sehr ernst, sagte er.

Barroso kündigte an, dass die Behörde eine spezielle Arbeitsgruppe "Griechenland" berufen habe, um dem Land bei so grundlegenden Dingen wie der Einrichtung eines Katasteramtes, dem Versenden elektronisch geschriebener Behörden-Bescheide oder dem Ausfüllen von Antragsformularen für EU-Fördertöpfe zu helfen. Bisher hat Athen erst knapp ein Fünftel der vorhandenen Gelder abgerufen. Die neue Arbeitsgruppe soll direkt mit den griechischen Behörden zusammenarbeiten.

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