Es ist eine Form von Brief-Diplomatie: Neun EU-Regierungen, die den umstrittenen Handelsvertrag mit dem südamerikanischen Wirtschaftsblock Mercosur unbedingt in Kraft setzen wollen, schickten Handelskommissar Valdis Dombrovskis ein zweiseitiges Schreiben, in dem sie das Abkommen preisen und vor einem Scheitern warnen. Zugleich verfassten fünf andere EU-Regierungen ein dreiseitiges Positionspapier, das mögliche negative Folgen des Vertrags betont; sie präsentierten es diese Woche bei einer Konferenz der Agrarminister. Der Süddeutschen Zeitung liegen beide Dokumente vor - sie spiegeln wider, wie tief die Gräben zwischen Befürwortern und Gegnern sind.
Der Vertrag soll die größte Freihandelszone der Welt schaffen, zwischen der EU und den vier Mercosur-Mitgliedern Brasilien, Argentinien, Uruguay und Paraguay. Die Kommission schloss die Verhandlungen vor einem Jahr ab, doch damit das Abkommen wirksam wird, müssen EU-Regierungen, Europaparlament und nationale Parlamente zustimmen. Das gilt im Moment wegen der scharfen Kritik an dem Vertrag als ausgeschlossen. So beklagen Gegner die Brandrodungen im brasilianischen Regenwald. Sie befürchten, höhere Rindfleischexporte dank des Abkommens würden das Problem verschärfen.
Das Positionspapier der fünf ablehnenden Regierungen - Österreich, Bulgarien, Luxemburg, Rumänien und die Slowakei - greift diese Bedenken auf und argumentiert zudem, dass der Vertrag und höhere Agrarimporte aus Südamerika "eine Bedrohung für europäische Bauern" wären. Auf der anderen Seite betont der Brief der neun Befürworter, darunter Portugal, Spanien und Italien, die Vorteile für Europas Industrie und die Chance, durch den Vertrag Einfluss zu nehmen in Lateinamerika: Ein Scheitern würde die Glaubwürdigkeit der EU beschädigen.