Menschenrechte:Firmen fordern Kontrolle

Menschenrechte: Kakaobohnen-Ernte im afrikanischen Inselstaat São Tomé und Príncipe. Die Beschäftigten arbeiten oft unter sehr schwierigen Bedingungen.

Kakaobohnen-Ernte im afrikanischen Inselstaat São Tomé und Príncipe. Die Beschäftigten arbeiten oft unter sehr schwierigen Bedingungen.

(Foto: Mauritius)

Deutsche Unternehmen sollen per Gesetz gezwungen werden, bei der Produktion soziale und ökonomische Standards einzuhalten. Dabei kommt die Forderung von den Unternehmen selbst.

Von Caspar Dohmen

Erstmals fordert eine Gruppe von Unternehmen aus Deutschland gemeinsam ein verbindliches Lieferkettengesetz, mit dem die Einhaltung von menschenrechtlichen und umweltbezogenen Sorgfaltspflichten bei Zulieferern gewährleistet werden soll. 42 Unternehmen haben sich in einer am Montag veröffentlichten Erklärung für ein entsprechendes Gesetz ausgesprochen.

Die Spannbreite an teilnehmenden Firmen ist groß, sie reicht von Konzernen wie Hapag-Lloyd und Nestlé Deutschland über Familienunternehmen wie Ritter Sport, Tchibo und Vaude bis hin zu Start-ups und Handelsgenossenschaften.Die Erfahrung zeige, "dass freiwillige Selbstverpflichtungen allein nicht ausreichen", heißt es in der Erklärung, die vom Business & Human Rights Resource Centre koordiniert wurde. Eine gesetzliche Regelung würde zu Rechtssicherheit und gleichen Wettbewerbsbedingungen beitragen. "Wie begrüßen es, wenn mit einem Sorgfaltspflichten-Gesetz in Deutschland der Weg für eine anspruchsvolle europäische Regelung geebnet wird", heißt es in dem Aufruf.

Zu den Unternehmen, die sich schon länger öffentlich für ein Lieferkettengesetz aussprechen, gehört Tchibo. Dort drängt man nun: "Wir benötigen eine kritische Masse in der Wirtschaft, um die drängenden globalen Fragen unserer Zeit schneller und tief greifender zu lösen." Eine nachhaltige Entwicklung werde es "nicht zum Nulltarif geben", heißt es bei Studiosus Reisen. Viele Unternehmen könnten oder wollten sich zusätzliche Kosten aus Wettbewerbsgründen aber nicht leisten, daher brauche es gesetzlich geregelte Mindeststandards, "um Wettbewerbsneutralität zu gewährleisten".

Einige Länder haben bereits Gesetze verabschiedet, mit denen einzelne oder weitgehende menschenrechtliche Sorgfaltspflichten verbindlich geregelt werden, darunter Frankreich, Großbritannien, die Niederlande oder Australien. Deutschland setzt bisher auf einen freiwilligen Ansatz. Allerdings ist im Nationalen Aktionsplan für Wirtschaft und Menschenrechte eine Überprüfung der Freiwilligkeit eingebaut. Sollte bis 2020 nicht die Hälfte aller Unternehmen mit mehr als 500 Beschäftigten ihrer Sorgfaltspflicht nachkommen und entsprechende Managementprozesse eingeführt haben, droht eine gesetzliche Verpflichtung. Derzeit läuft eine Überprüfung bei 1800 Unternehmen - die Ergebnisse sollen in dieser Woche vorliegen.

Die endgültige Auswertung wird aber noch einige Zeit in Anspruch nehmen. Entwicklungshilfeminister Gerd Müller (CSU) ist pessimistisch. Dann werde es in "Deutschland eine gesetzliche Sorgfaltspflicht geben", heißt es in einem gemeinsamen Positionspapier von Müller und Arbeits- und Sozialminister Hubertus Heil (SPD), welches die beiden Politiker kürzlich vorstellten. Eine gesetzlich verankerte Sorgfaltspflicht solle sich an den internationalen Rahmenwerken orientieren, "von den Unternehmen wird dabei nur verlangt, was vor dem Hintergrund ihres individuellen Kontextes machbar und angemessen ist". Konkret könnten kleine und mittlere Unternehmen von verbindlichen menschenrechtlichen Sorgfaltspflichten befreit werden.

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