Süddeutsche Zeitung

#MeineMiete:Wie ich meine Wohnung gefunden habe

Einfach klingeln, Ebay-Kleinanzeigen und Hundekot als Eisbrecher: SZ-Autoren und Leser erzählen, wie die Wohnungssuche bei ihnen geklappt hat.

Von Veronika Wulf

Dutzende Bewerbungen, Massenbesichtigungen, indiskrete Fragen zur Familienplanung - eine schöne (oder überhaupt eine) Wohnung zu finden, kostet Nerven, Zeit und Kraft. Tipps und glückliche Zufälle von Lesern und SZ-Mitarbeitern:

Auf gut Glück geklingelt

Meine Frau und ich wohnten bereits in Wuppertal und wollten zusammenziehen. Mit sehr konkreten Vorstellungen: Altbau, hohe Decken, großer Balkon, Wohnküche, in zwei bestimmten Vierteln, die innenstadtnah und lebendig sind. Wir haben immer mal wieder ins Internet oder in die Zeitung geschaut, dann aber sehr schnell gemerkt, dass eine andere Methode mehr bringt: Spaziergänge. Dabei haben wir nach Wohnungen Ausschau gehalten, die so aussehen, als ob sie leer stehen oder bald frei werden: wo keine Gardinen mehr hängen, wo die Fenster schon länger nicht mehr geputzt wurden, wo man keine Möbel sieht - solche Dinge. Dort haben wir einfach geklingelt und gefragt, wer der Vermieter ist und ob man Genaueres zur Wohnung wüsste. Manchmal lagen wir falsch, aber ganz oft funktionierte das. Bei einem Haus hatten wir uns eigentlich für eine Wohnung im ersten Stock interessiert. Uns öffnete ein freundlicher Mann, der dort gerade am Werken war. Er war zufällig einer der Hausbesitzer. Nachdem wir uns vorgestellt hatten, erzählte er uns, dass er selbst in diese Wohnung ziehen wird, seine jetzige aber, im dritten Stock, frei wird. Die haben wir dann spontan anschauen dürfen. Drei Monate später sind wir eingezogen. Dirk Groenewold, 49, Wuppertal

Mieten in Deutschland

Dieser Text ist Teil des Projekts #MeineMiete. Lesen Sie hier die zentralen Ergebnisse der großen SZ-Umfrage und hier alle Texte zum Thema.

Schneller als die App erlaubt

Wer keinen Onkel bei der Wohnungsbaugenossenschaft hat, muss bei der Wohnungssuche vor allem eins sein: schnell. Wenn in beliebten Vierteln eine gute und günstige Wohnung erstmal auf dem Markt ist, melden sich oft schon in den ersten Stunden Hunderte Interessenten. Das wissen auch die Anbieter der großen Immobilienportale und bieten deshalb ihren Nutzern an, sich über neue Angebote benachrichtigen zu lassen. Das Problem ist aber, dass diese Nachrichten nicht sofort rausgehen, sondern teils mit erheblicher Zeitverzögerung. Es gibt aber eine einfache Möglichkeit noch schneller zu sein - jedenfalls bei ImmoScout, dem größten Anbieter: Wer sich die Benachrichtigungen per Facebook-Messenger schicken lässt, wird sofort informiert. So sind wir zu unserer Wohnung gekommen: Wir waren die ersten, die bei der Maklerin angerufen haben. Wir waren die ersten, die die Wohnung besichtigen durften. Wir sind die, die jetzt in dieser schönen Wohnung leben dürfen. Wolfgang Jaschensky, 38, SZ.de-Entwicklungsredaktion, München

Wohnung und Freund auf einen Schlag

Wegen eines Studiumswechsels bin ich von Leipzig nach Berlin gezogen. In einer Neuköllner WG mietete ich ein Zimmer, stellte aber nach wenigen Tagen fest, dass unter mir drei DJs wohnten. Der Dauerbass war ziemlich anstrengend, weshalb ich rasch beschloss, wieder nach Leipzig zu ziehen und für den Rest des Masterstudiums zu pendeln. Aber es kam anders. Kurz vor dem Umzug besuchte mich eine Freundin in Berlin. Abends sind wir zusammen mit Freunden was trinken gegangen. Einer hat mir ziemlich gut gefallen. Da ich wusste, dass er plant, ins Ausland zu gehen, habe ich ihm nach einer Woche eine SMS geschrieben und gefragt, ob ich sein Zimmer ansehen könnte, da ich vermutete, dass er es zwischenvermieten würde. Eigentlich war ich gar nicht an dem Zimmer, sondern nur an ihm interessiert. Wir haben uns dann zur Wohnungsbesichtigung verabredet. Lange Rede, kurzer Sinn: Einen Monat später bin ich mit ihm zusammengezogen und hatte auf einen Schlag Freund und Zimmer. Teresa Bauer, 27, Berlin

Old School beim Makler vorstellen

Meine eigene Nachmieterin, die aus beruflichen Gründen von Paris nach München zieht, hat es folgendermaßen gemacht: Sie hat sich im Internet alle möglichen Makler und Immobilienagenturen herausgesucht und ist persönlich hingegangen, mit allen Unterlagen. Old School. Manch ein Makler hat sie freilich abgewiesen, einer allerdings fand ihr Engagement gut. Er hat sie dann an mich verwiesen, bevor meine Einzimmerwohnung überhaupt auf den Markt kam. Ich selbst habe gute Erfahrungen damit gemacht, mit dem Makler, der einem die Wohnung besorgt hat, lose in Kontakt zu bleiben und rechtzeitig vor dem nächsten Auszug anzurufen mit der Bitte, neue Wohnungsangebote direkt weiterzuleiten, bevor sie veröffentlicht werden. Spart ihm Arbeit und er hat gleich einen Nachmieter, von dem er alle Kontaktdaten hat und weiß, dass er ein zuverlässiger Mieter ist. Mittlerweile stellen sich Suchende bei Plattformen wie WGgesucht.de oder Ebay-Kleinanzeigen auch selbst mit Profil und Portfolio rein - so ähnlich wie früher das Wohnungsgesuch in der Zeitung. So haben Vermieter die Chance, sich ihre Mieter gezielt selbst auszusuchen. Matthias Fiedler, 34, SZ.de-Newsdesk, München

Als Single ohne Kinder oder Tiere und mit festem Arbeitsvertrag gehört man eigentlich zu der attraktivsten Mietergruppe. Trotzdem war die Wohnungssuche in Hamburg extrem langwierig und nervenaufreibend. Massenbesichtigungen hatte ich nach kurzer Zeit von der Liste gestrichen, es war ein reines Glücksspiel. Tatsächlich Glück hatte ich dann aber zu später Stunde bei Ebay-Kleinanzeigen: ein interessantes Angebot für eine kurzfristige Nachmiete - inklusive der Übernahmekosten für diverse Möbel. Es war mitten in der Nacht, doch die Anzeige war erst wenige Minuten alt. Nach kurzer Kommunikation hatte ich mich mit dem Vormieter um 1.30 Uhr darauf geeinigt, dass ich mir die Wohnung am nächsten Morgen um 8.30 Uhr anschauen kann. Danach ging es ziemlich schnell: Ich wollte die Wohnung (und konnte die Möbel sehr gut gebrauchen), er hatte keine Lust, endlos vielen Leuten die Wohnung zu zeigen und nahm die Anzeige gleich wieder aus dem Netz. Bei der Wohnungsverwaltung hat er mich dann als "gute Freundin" vorgestellt, die Interesse habe, die Wohnung zu übernehmen. Hat geklappt! Simone B., 31, Hamburg

Im Uniseminar aufgestanden

Ich hatte an der Universität in Frankfurt an der Oder mein schriftliches Jura-Staatsexamen abgeschlossen und überlegte, nach Berlin zu ziehen. Dort war ein halbes Jahr später meine mündliche Prüfung und ich wollte wieder in einer Großstadt leben. Ich hatte es zwar noch nicht konkret versucht, aber mir war klar, dass es schwierig wird, dort ohne Kontakte eine Wohnung zu finden. Zu der Zeit habe ich freiwillig ein politikwissenschaftliches Seminar an der Uni besucht, in dem viele Berliner waren, die nach Frankfurt an der Oder pendelten. Also dachte ich mir, ich frag mal. Ich saß in der letzten Reihe und kurz vor Schluss bin ich aufgestanden und habe gesagt: "Hey, bevor ihr geht, ich bin gerade auf der Suche nach einem WG-Zimmer in Berlin. Wenn ihr was wisst, dann sagt mir bitte Bescheid, ich bin nächste Woche wieder im Seminar." Neben mir saß ein Mädel, das mich danach angesprochen hat: Sie kenne da zwei Brüder, die in Neukölln wohnen, bei denen gerade jemand ausgezogen sei. Dort bin ich dann eingezogen - ohne eine einzige Massenbesichtigung. Julia Solbach, 25, Frankfurt an der Oder/Berlin

Suche nach überteuerten Dachgeschossen

Ich bin - für mein Alter - schon sehr häufig umgezogen und daher geübt im Finden von Mietwohnungen. Meine jetzige Wohnung habe ich nur bekommen, weil ich irgendwann angefangen habe, bei Immoscout jenen Maklern zu schreiben, die ein Dachgeschoss in einem offenbar frisch renovierten Haus anboten. Das hat einen einfachen Grund: Oft wird nur die teuerste Wohnung des komplett neu sanierten Hauses überhaupt inseriert, weil der Rest auch ohne Inserat binnen einer Woche unter der Hand oder über die Website des Maklers weggeht. So auch in unserem jetzigen Wohnhaus: Wir hatten, sobald ich ins Blaue angefragt hatte, noch am selben Tag die Besichtigung und tags darauf wurden alle Wohnungen vergeben.

Ich habe, als ich noch nach einer WG-geeigneten Wohnung suchte, auch schnell gemerkt, dass ich es bei Zwei- oder Dreizimmerwohnungen aufgrund der Konkurrenz zu Doppelverdiener-Paaren (zu welchen ich nun selbst gehöre) gar nicht versuchen brauche und habe fortan Wohnungen ab vier Zimmern gesucht. Oft fand ich erst die Wohnung und dann die Mitbewohner dazu, weil man ja selbst bei sehr großen Wohnungen, deren (für eine WG aber erschwinglichen) Preis glücklicherweise viele abschreckt, oft schnell zugreifen musste. War ich eingeladen worden, habe ich stets alles in die Waagschale werfen müssen: den Beamtenstatus meines Vaters, meinen Arztberuf (in spe) und mein bester Freund wurde zum festen Freund (Pärchen bevorzugt). Laura, 30

Verzweifelte Mailbox-Nachricht

Meine erste eigene Wohnung habe ich gefunden, weil ich eine freundliche Stimme habe. Das zumindest fand mein damaliger Vermieter. Ich hatte mehrfach vergeblich versucht, ihn zu erreichen, um einen Besichtigungstermin auszumachen. Kleine Wohnungen sind in Köln ähnlich begehrt wie in München. Gewiss würde er sich nicht die Mühe machen, einen der unzähligen Anrufer zurückzurufen, dachte ich. Trotzdem sprach ich ihm irgendwann verzweifelt auf die Mailbox. Wenige Minuten später klingelte das Telefon. Ob ich direkt vorbeikommen wolle? Der Vermieter trifft seine Vorauswahl prinzipiell anhand der Sprachnachrichten. Larissa Holzki, 27, SZ.de-Bildungsressort, München

Ich hatte zweimal Glück. Das erste Mal wollte ich in die Stuttgarter Innenstadt ziehen und habe ein paar WGs besichtigt, hatte sogar eine Flasche Wein oder Bier dabei, je nachdem, wie ich die Leute eingeschätzt habe. Trotzdem gab es nur Absagen. Dann meinte ein guter Kumpel, er und seine Mitbewohnerin seien sowieso gerade am Zweifeln mit ihrem dritten Mitbewohner: komplett anderer Tagesrhythmus, andere Ansichten, harmoniert einfach nicht. Ich habe nur gesagt: "Also, ich stünde bereit." Dann haben sie ihm eine Frist gesetzt und ihn rausgeschmissen. Später wollte ich nach Berlin ziehen und war ein Wochenende mit einer Freundin dort, um WGs anzuschauen. Vor der ersten Besichtigung ist sie in einen Hundehaufen getreten. Als wir bei der Wohnung ankamen, haben wir gesagt: "Wir ziehen mal die Schuhe aus", die meinten aber: "Ne ne, muss nicht sein." Und die Freundin von mir sagte: "Naja, muss schon sein, ich bin nämlich in Kacke getreten" und zog ein bisschen verschämt die Schuhe aus. Das war der perfekte Eisbrecher. Wir hatten gleich ein Gesprächsthema: Wie dreckig Berlin ist, aber doch auf eine bestimmte Art und Weise schön. Die Freundin, mit der ich dort war, war auch meine aktuelle Mitbewohnerin und konnte gleich ein gutes Wort für mich einlegen bei der neuen WG. Ich wurde genommen. Felix Hoppe, 27, Berlin

Wohnung trotz Absage

Dass die Wohnung zu klein sein würde, hatten wir gleich befürchtet. Aber sie klang so nett, an der Isar gelegen, Dachgeschoss, zwei Zimmer - und wenn eine Familie mit Baby es dort aushielt, dann könnte sie ja vielleicht doch etwas für uns beide sein? Die Mieter suchten eine größere Wohnung zum Tausch, wir hatten eine sich potenziell auflösende Dreier-WG im Angebot. Die Wohnung war zwar wirklich zu klein, aber sehr sympathisch - und ihre Bewohner waren es auch. Wir verstanden uns gut, sagten aber ab. Ein paar Wochen später kam eine Nachricht von der Familie: Sie hatten eine tolle Wohnung entdeckt, aber für sie nicht das Richtige, weil es kein drittes Zimmer fürs Kind gäbe. Ob wir vielleicht Interesse hätten? Und ob. Wir malten uns das Modell Dreiertausch aus, mit dem wir dem Immobilienmarkt endgültig eins ausgewischt hätten: Die Familie zieht in die freiwerdende große Wohnung der WG, ein Teil des frischgetrennten Pärchens aus der Traumwohnung in deren kleine Wohnung, und wir ziehen zu zweit in die Traumwohnung. Leider hat das Dreieck nicht geklappt. Aber ein Teil der Kette funktionierte: Wir sind in der Traumwohnung gelandet. Und das nur, weil wir wider besseren Wissens eine Wohnung besichtigt haben. Elisa Britzelmeier, SZ.de Ressort München und Bayern, München

Acker gegen Dachboden

Als meine Mutter ein Grundstück erbte, wollte sie davon mir eine Wohnung kaufen. Ich hatte genaue Vorstellungen: Altbau, oberster Stock, Lage zwischen Hauptbahnhof und dem Kleingarten, den ich gepachtet habe. Leider hatte sich eben dieses Stadtviertel, einst bewohnt von einfachen Leuten, in den vergangenen Jahren zu einer der teuersten Gegenden entwickelt. Weil das Grundstück ein Acker und nicht allzu wertvoll gewesen war, rechneten wir damit, dass wir lange suchen würden, um meine Traumwohnung zu finden. Einem Freund erzählte ich beim Bäcker in meinem Lieblingsviertel von der Suche. Gegenüber hatte ich sieben Jahre zuvor für einige Monate zur Untermiete in einem Zimmer mit Türmchen im obersten Stock gewohnt und dachte wehmütig an den riesigen, ungenutzten Dachboden zurück, der zu der Altbauwohnung gehörte. Ein paar Wochen nach dem Bäckerbesuch entdeckte ich eben diese Wohnung im Internet - mitsamt Dachboden und zu einem Preis, den wir uns leisten konnten. Der Makler, weniger am Profit interessiert als daran, Menschen glücklich zu machen, sagte allen anderen Interessenten ab. Zu wissen, dass ich dort dauerhaft bleiben kann und dieser wunderschöne Dachboden endlich sinnvoll genutzt wird - ein unfassbares Gefühl. Jasmin Siebert, 31, Nürnberg

Die falschen Nachmieter

Als ich vor Jahren in München suchte, konnte eine Freundin für ihre Wohnung drei potenzielle Nachmieter vorschlagen. Wir haben abgesprochen, dass sie mich und zwei Freunde vorschlägt, die in Wirklichkeit keine Wohnung brauchten. Die beiden sollten sich als Interessenten ausgeben und so die Chance erhöhen, dass ich den Zuschlag erhalte. Sie erschienen zur Besichtigung und taten so, als würden wir uns nicht kennen. Der eine behauptete, zu rauchen, der andere erzählte, er sei Musiker. Ich bekam den Zuschlag. Und sagte dann doch ab, weil das Ding winzig und überteuert war. Violetta Simon, SZ.de-Panoramaressort, München

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