Medikamente:Trump legt sich mit der Pharmaindustrie an

Donald Trump

Kraftprobe: US-Präsident Trump versucht 2017 bei einem Treffen mit der Pharmaindustrie eine Arznei-Ampulle zu zerdrücken.

(Foto: Alex Brandon/dpa)
  • US-Präsident Trump beschwert sich auf Twitter über Preissteigerungen in der Pharmabranche und droht mit Konsequenzen.
  • Wie er das Problem in den Griff kriegen will, sagt er allerdings nicht.
  • Die USA haben die höchsten Medikamentenkosten der Welt. Zuletzt hatte der Konzern Pfizer die Konditionen bei rund 40 Medikamenten erhöht.

Von Kathrin Werner, New York

Donald Trump teilt mal wieder bei Twitter gegen Unternehmen aus. "Pfizer und andere sollten sich schämen, dass sie die Medikamentenpreise ohne Grund erhöht haben", schrieb der US-Präsident und drohte: "Wir werden antworten!" Sein Gesundheitsminister Alex Azar, ein ehemaliger Pharmamanger, ergänzte: "Medikamentenpreise werden sich ändern, ob es für die Pharmakonzerne schmerzhaft wird oder nicht." Genaue Angaben, wie die Regierung in die Preispolitik der Branche eingreifen will, machte keiner von ihnen.

Pfizer hatte Anfang Juli die Preise von rund 40 Medikamenten erhöht. Darunter sind Bestseller wie die Schmerzkapseln Lyrica, die Blutdruckpillen Norvasc, Chantix-Raucherentwöhnungsmittel und die Lungenkrebsbehandlung Xalkori. Es ist bereits Pfizers zweite Runde mit Preiserhöhungen in diesem Jahr. Zwar liegen viele der einzelnen Steigerungen bei zehn Prozent oder knapp darunter, im Gesamtjahr summiert sich das aber auf einen zweistellige Prozentsatz. Viagra, Pfizers Medikament gegen Erektionsstörungen, wurde diesmal 9,4 Prozent teurer. Zusammen mit einem ähnlichen Anstieg im Januar liegt nun der Listenpreis für einen Monatsvorrat bei 2211 Dollar. "Wir ändern die Preise für etwa zehn Prozent unserer Medikamente, einschließlich einiger Fälle, in denen wir den Preis senken", verteidigte sich das Unternehmen. Laut der Zeitung Financial Times senkte Pfizer den Preis von fünf Produkten, je zwischen 16 und 44 Prozent.

Die USA haben die höchsten Medikamentenkosten der Welt. Der Durchschnittsamerikaner bezahlt pro Jahr 1100 Dollar für Arznei. Jeder Vierte kann wegen der hohen Preise seine Pillen nicht regelmäßig nehmen. Anders als zum Beispiel in Deutschland reguliert die amerikanische Regierung die Preise nicht. Pharmakonzerne legen sie danach fest, was sie am Markt erzielen können. Die Industrie argumentiert, dass sie die hohen Preise braucht, um neue Präparate zu entwickeln. Kritiker verweisen auf hohe Margen, Marketingbudgets und Managergehälter.

Seit einiger Zeit steht die Branche unter stärkerer Beobachtung - nicht nur wegen Trump. Zuletzt hatte es zwei Fälle gegeben, die viele Amerikaner erzürnt haben. Der junge Pharmamanager Martin Shkreli hatte ein altes, zuvor sehr billiges Antiparasitikum, das oft an Babys und Menschen mit HIV/Aids verabreicht wird, mit seiner Firma Turing aufgekauft und abrupt den Preis um 5000 Prozent gesteigert. Das hat ihm den Titel "meistgehasster Mann Amerikas" eingebracht. Kurze Zeit später machte der Pharmakonzern Mylan den lebensrettenden Allergie-Stift EpiPen in mehreren Schritten um 400 Prozent teurer. Dieser Fall wurde sogar zum Gegenstand Kongressanhörungen.

Trump hatte die Medikamentenpreise in den USA schon mehrfach kritisiert, allerdings meist nur mit Tweets oder Schlagworten bei Wahlkampfveranstaltungen. Konkrete Gesetzesänderungen stehen bislang nicht an. Trotzdem haben sich einige Pharmakonzerne verpflichtet, statt der bislang üblichen Preiserhöhungen zweimal im Jahr nur noch einmal zu erhöhen und die Steigerungen, soweit möglich, unter zehn Prozent zu halten. Pfizer gehörte nicht dazu. Trump verkündete im Mai, dass sogar "massive" freiwillige Preissenkungen bevorstehen. Davon war bislang nichts zu sehen. Entsprechend passte es dem US-Präsidenten nicht, dass Pfizer nun das Gegenteil tat. Laut den Pharmafirmen bedeuten die Listenpreise nicht unbedingt steigende Gewinne oder Kosten für Patienten, weil sie am Ende oft Rabatte geben, vor allem um sich bei den Mittelsmännern, die für Krankenkassen verhandeln, gegen die Konkurrenz durchzusetzen.

Auch Bernie Sanders reagierte auf Trumps Tweet

Pfizer-Chef Ian Read verteidigt seine Branche immer wieder. In den vergangenen Jahren seien die Kosten für verschreibungspflichtige Medikamente in den USA relativ stabil geblieben, wenn man den Anteil an den gesamten Gesundheitsausgaben betrachtet. Dass Medikamente für Patienten teurer werden, liege nicht an den Herstellern, sondern an den Krankenkassen, die zum Beispiel die Selbstbeteiligungen erhöhen. "Es geht nicht um Medikamentenpreise. Die Erschwinglichkeit der Medikamente ist das Problem", sagte er.

Auch Bernie Sanders, der linke Senator aus Vermont, brachte sich per Twitter zum Thema ein: "Hören Sie auf, nur über hohe Medikamentenpreise zu reden @real-DonaldTrump", schrieb er. "Wenn es Ihnen ernst ist mit dem Thema, sollten Sie Ihre republikanischen Freunde im Kongress auffordern Gesetze einzuführen, die Medicare dazu bringen, Medikamentenpreise zu verhandeln und den Import von sicheren, preiswerten Medikamenten aus Kanada und anderen Ländern zu erlauben." Medicare ist die staatliche Krankenversicherung für Menschen über 65 Jahre. Sie hat mehr als 58 Millionen Kunden - und damit sehr viel Macht, die sie allerdings bislang nicht nutzt für Verhandlungen über Medikamentenpreise.

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