Medikamente:Gesundheitsminister will Versandhandel mit rezeptpflichtigen Medikamenten verbieten

Medikamente

Versandhändler bieten Medikamente oft günstiger an - Apotheker fürchten um ihr Geschäft.

(Foto: dpa)
  • Das Gesundheitsministerium bereitet ein Gesetz vor, das den Versandhandel mit verschreibungspflichtigen Medikamenten verbieten soll.
  • Damit reagiert Gesundheitsminister Gröhe auf ein Urteil des EuGH. Das Gericht hat kürzlich die Preisbindung für rezeptpflichtige Medikamente im Versandhandel aufgehoben.

Von Thomas Öchsner, Berlin

Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) will den Versandhandel mit verschreibungspflichtigen Medikamenten in Deutschland verbieten. Das Ministerium bestätigte am Freitag einen entsprechenden Bericht. Nur durch ein Verbot lasse sich die notwendige Qualität und Sicherheit einer flächenendeckenden, wohnortnahen Versorgung mit Arzneimitteln sicherstellen. Der Minister habe dies genau geprüft und wolle dafür nun bei den Unionsabgeordneten und beim Koalitionspartner werben, sagte eine Sprecherin des Ministeriums der Süddeutschen Zeitung.

Einen genauen Zeitplan, wann das Gesetz in Kraft treten solle, gebe es noch nicht. Es ist jedoch zu vermuten, dass Gröhe versuchen wird, das Verbot noch vor den Bundestagswahlen im Herbst 2017 gesetzlich zu verankern.

Der Europäische Gerichtshof hatte am 19. Oktober in einem überraschenden Urteil die Preisbindung für rezeptpflichtige Medikamente im grenzüberschreitenden Versandhandel aufgehoben. Versandapotheken wie die niederländische Kette Doc Morris können Kunden nun Boni einräumen und so deren Zuzahlung zu bestimmten Medikamenten verringern.

In anderen EU-Ländern gibt es bereits Verbote

Gröhe hatte bereits nach dem Urteil angekündigt, alles tun zu wollen, um "ortsnahe Apotheken" zu erhalten. "Der Versandhandel kann die wohnortnahe Versorgung durch Präsenzapotheken nicht ersetzen", sagte der Bundesgesundheitsminister. Die unmittelbare persönliche Verantwortung der freiberuflich tätigen Apotheker sei "ein Garant dafür, dass sich die Menschen vor Ort kompetent sowie vertrauensvoll beraten und versorgt fühlen".

Die CSU-geführte Landesregierung in Bayern hatte ebenfalls eine Bundesratsinitiative angekündigt, um den Versandhandel mit verschreibungspflichtigen Arzneimitteln untersagen zu lassen. "Es darf keine Rosinenpickerei zulasten der Apotheken vor Ort und damit der ortsnahen Versorgung der Patienten geben", sagte die bayerische Gesundheitsministerin Melanie Huml (CSU).

Die Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände hält ein Verbot des Versandhandels europarechtlich für möglich. In Italien, Frankreich und Österreich gibt es solche Verbote bereits. Man kann aber davon ausgehen, dass ausländische Händler gegen ein Verbot in Deutschland juristisch vorgehen werden. Ungewiss ist auch, ob Gröhe sein Vorhaben durchsetzen kann. Der Koalitionspartner SPD ist von einem Verbot nicht angetan. Schließlich hatte die frühere sozialdemokratische Gesundheitsministerin Ulla Schmidt im Jahr 2004 den Weg für den Versandhandel frei gemacht.

Erste Krankenkassen streben Zusammenarbeit mit Doc Morris an

Nach dem EuGH-Urteil loten gesetzliche Krankenkassen bereits ihre Chancen aus, durch eine Zusammenarbeit mit Versandapotheken ihre Arzneimittelkosten zu senken. "Wir haben sehr viele Anfragen von Krankenkassen", bestätigte der Vorstandsvorsitzende der Versandapotheke Doc Morris, Olaf Heinrich, der Frankfurter Allgemeinen Zeitung. Wie genau diese Kooperationen aussehen könnten und inwiefern die Kassen möglicherweise davon profitieren, könne er aber noch nicht sagen.

Die AOK beispielsweise hält eine derartige Zusammenarbeit prinzipiell für möglich. "Krankenkassen sind im Sinne stabiler Beitragssätze immer daran interessiert, hochwertige Arzneimittel für ihre Versicherten zu einem günstigen Preis einzukaufen. Und wenn der Versandhandel Einsparmöglichkeiten bietet, ist das eine gute Sache", sagt der Vorstandsvorsitzende des AOK-Bundesverbands, Martin Litsch. Es sei allerdings wichtig, dass der Rabatt der Solidargemeinschaft zu Gute komme und nicht dem Einzelnen.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: