Medienunternehmen:Auf Leos Spuren

Der US-Finanzinvestor KKR kauft in hohem Tempo Film- und Fernsehfirmen. Nicht nur der neue Konzernname "Leonine" erinnert an die alte Kirch-Gruppe. Geld ist diesmal aber genügend vorhanden.

Von Caspar Busse

Medienunternehmen: Constance Wu und Jennifer Lopez in einer Szene aus dem Film "Hustlers".

Constance Wu und Jennifer Lopez in einer Szene aus dem Film "Hustlers".

(Foto: AP)

Es klingt wie eine Hommage an den legendären Leo Kirch, also an den 2011 gestorbenen Münchner Medienunternehmer, der einst als Filmhändler anfing, daraus eine bedeutende Mediengruppe aufbaute, sich am Ende aber völlig übernommen hatte und Insolvenz anmelden musste. Nicht nur, dass der US-Finanzinvestor KKR gerade in sehr hohem Tempo und mit viel Geld Medienfirmen in Deutschland zusammenkauft und an so etwas wie einer Wiederauferstehung der 2002 kollabierten Kirch-Gruppe arbeitet. Jetzt hat die Holding für die Aktivitäten auch einen neuen Namen bekommen - und der lautet ausgerechnet: Leonine.

"Bei der Wahl der neuen Marke als Unternehmensnamen war für uns entscheidend: Sie soll unseren engen Bezug zu unserer auch international hochgeschätzten Heimat Bayern und München widerspiegeln", teilte Fred Kogel mit, der Vorstandschef des neuen Unternehmens ist. Mit Leonine habe man eine Verbindung zu Bayern mit seinem Wappentier, dem Löwen, gefunden. Der englische Begriff "leonine" heißt löwenartig. Es gebe auch ein gutes Team "mit großer Leidenschaft, Erfahrung, Expertise und Kreativität", schreibt Kogel noch. Der 58-Jährige war übrigens selbst einmal in den Jahren 2001 und 2002 Geschäftsführer bei der Kirch-Gruppe und galt ein Vertrauter von Leo Kirch.

Es gibt einige Parallelen: So will Leonine die gesamte Kette im Mediengeschäft abdecken - also von der Produktion von Filmen und Serien (Content, wie das heute heißt) über die Verbreitung, den Lizenzhandel bis hin zu eigenen Fernsehsendern. Gerade sicherte sich Leonine alle Auswertungsrechte an dem Kinofilm "Hustlers", der auf einer wahren Geschichte basiert und gerade in den USA zum Überraschungserfolg wurde. Jennifer Lopez spielt darin die Anführerin einer Gruppe ehemaliger Stripperinnen, die reiche Wall-Street-Kunden ausnimmt.

Kern des neuen Unternehmens ist die Tele München Gruppe (TMG), die KKR im Februar von dessen Gründer Herbert Kloiber erworben hatte (der übrigens den Spitznamen "Der kleine Kirch" hatte). TMG produziert für das Kino und das Fernsehen (zum Beispiel auch die Kultserie "Hubert und Staller"), handelt mit Lizenzen, ist im Kinoverleih tätig und mit gut 30 Prozent am frei empfangbaren Fernsehsender RTL II beteiligt. Auch der Sender Tele 5 gehört zu der Gruppe, außerdem die an der Börse notierte Odeon Film und der Filmverleiher Concorde. TMG war aber nur der Anfang. Seitdem hatte KKR weitere Firmen erworben: Den Rechtehändler Universum Film, die Produktionsfirma I & U, die bislang in Besitz des Fernsehmoderator Günther Jauch war, der auch weiter an Bord bleiben will, oder Wiedemann & Berg Film, der Produzent, die einst den Oscar-prämierten Film "Das Leben der Anderen" produzierte. Das soll auch noch nicht das Ende sein: Ab Januar 2020 werde es weitere operative Unternehmensteile geben, hieß es am Freitag. Das Geschäft werde künftig in drei große Bereiche unterteilt, hieß es: Produktion, Distribution und Lizenzhandel. Die Produktionsfirmen Wiedemann & Berg Film, Odeon Film und I& U würden ihre bisherigen Namen behalten, auch Tele 5 oder RTL II. Alle übrigen Unternehmen aber würden von Anfang 2020 an unter der neuen Marke Leonine firmieren, darunter Tele München, Universum und Concorde.

"Es ist unser Ziel, die neuen Möglichkeiten einer veränderten Content-Welt zu nutzen", sagte Kogel. Leonine soll sich als Anbieter für hochwertige Inhalte etablieren. Die Zeit ist günstig, da Inhalte derzeit sehr gefragt sind. Der Streaminganbieter Netflix etwa plant sehr hohe Investitionen, auch für deutsche Serien und Filme. Gleichzeitig bauen Konzerne wie Disney eigene Angebote auf, auch deutsche Sender wie Pro Sieben, Sat 1 oder RTL setzen wieder verstärkt auf heimisches Programm. Die Nachfrage ist also hoch, die Kapazitäten aber beschränkt. Das alles ist gut für das Geschäftsmodell von Leonine. Schon im Februar teilte Philipp Freise, Partner bei KKR, mit, es sei eine Plattform geplant, "die vom Filmset bis ins Kino und zur Fernsehauswertung die komplette Wertschöpfungskette mit starker eigener Produktion abdeckt und die wir durch weitere Firmenzukäufe ausbauen werden".

Als Chef wurde Fred Kogel engagiert, der seit Jahrzehnten im deutschen Mediengeschäft ist. Er fing beim Bayerischen Rundfunk an, war dann im Privatradio aktiv und von 1993 bis 1995 Unterhaltungschef beim ZDF. Danach wurde er Chef des Privatsenders Sat 1, später war er in der Führung von Kirch-Media tätig und als Vorstandsvorsitzender von Constantin Film, der Kinofirma, die einst von Erfolgsproduzent Bernd Eichinger gegründet worden war. Zudem war Kogel Manager von Harald Schmidt. Zuletzt fungierte er als Chef der Constantin Medien, unterlag dort aber einem Machtkampf mit dem Schweizer Großaktionär Bernhard Burgener.

Nun arbeitet er für den New Yorker Finanzinvestor KKR, das Unternehmen gehört zu den größten Beteiligungsfirmen überhaupt. Gegründet wurde die Firma unter anderem von Henry Kravis. Derzeit wird ein Vermögen von fast 200 Milliarden Dollar verwaltet. KKR ist an mehr als hundert Firmen beteiligt, die zusammen 750 000 Mitarbeiter beschäftigen. In den vergangenen Jahren gab es mehrere Investitionen in deutsche Medienhäuser. So baute KKR zusammen mit Bertelsmann die Musikrechtefirma BMG auf. KKR hielt zudem lange zusammen mit dem Investor Permira die Mehrheit an Pro Sieben Sat 1, stieg 2014 mit einem hohen Gewinn wieder aus. Zuletzt gab es immer wieder mal Spekulationen, die Amerikaner könnten an einer Rückkehr interessiert sein, da der Senderverbund gut zu den Aktivitäten von Leonine passen würde. Doch inzwischen hat sich der italienische Fernsehanbieter Mediaset des Ex-Premiers Silvio Berlusconi mit knapp zehn Prozent an Pro Sieben Sat 1 beteiligt.

Constantin Medien AG - Außerordentliche HV

Fred Kogel ist Vorstandschef des neuen Medienkonzerns Leonine. Der Name klingt ein wenig nach bayerischem Löwen, in München hat die Firma ihren Sitz, und eine Hommage an den legendären Leo Kirch.

(Foto: Peter Kneffel/dpa)

Parallel zu Leonine hat KKR auch 42,5 Prozent an der Berliner Axel Springer AG, unter anderem Herausgeber von Bild und Welt, übernommen. "Es gibt keine Pläne, das zusammenzuführen, das würde gar keinen Sinn ergeben", sagte Springer-Chef Mathias Döpfner der SZ. Johannes Huth, der Europachef von KKR, betonte, die jüngsten Investitionen im Medienbereich seien unabhängig voneinander. Er fügte aber auch an: "Jedes Investment steht auf eigenen Füßen. Wenn es aber Möglichkeiten gibt, dass Beteiligungen zusammenarbeiten können, werden wir das natürlich fördern." Axel Springer hatte schon mehrmals versucht, im Fernsehgeschäft Fuß zu fassen. Und umgekehrt gab es lange einen ungeliebten Großaktionär bei den Berlinern, und der hieß Leo Kirch.

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