Medien:Die Kittelrevolution - Sat.1 verfilmt Schlecker-Pleite

Berlin (dpa) - Mit blauen Kittelschürzen ziehen sie in den Kampf. Die Kassiererinnen tanzen zu Sambarhythmen auf dem Kopfsteinpflaster vor ihrer "Schlikker"-Filiale.

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Berlin (dpa) - Mit blauen Kittelschürzen ziehen sie in den Kampf. Die Kassiererinnen tanzen zu Sambarhythmen auf dem Kopfsteinpflaster vor ihrer "Schlikker"-Filiale.

"Verehrte Kunden", ruft die Schauspielerin Katharina Thalbach (60, "Der Minister") in der Rolle der Drogeriemarkt-Angestellten Greta. "Wir haben super Angebote, und wir haben super Service, und wir haben natürlich super Preise." Im Schaufenster pappen Schilder wie "Dieser Laden gehört uns" - und trotzdem kommt im Radio bald die Nachricht vom endgültigen Aus.

Was vor gut zwei Jahren die Drogeriekette Schlecker traf, landet nun im Herbst als Komödie im Fernsehen. Sat.1 dreht derzeit "Die Schlikkerfrauen". Der Film ist angelehnt an die Unternehmenspleite, bei der rund 25 000 Menschen ihren Job verloren. Für die Dreharbeiten hat das Filmteam ein Ladenlokal im Berliner Stadtteil Spandau umgebaut. Ramschige Zopfgummis hängen in den Regalen und die Shampooflasche "Schlikker clean" verspricht "Duschen & Cremen in Einem".

In der Geschichte wollen vier Kassiererinnen ihren Markt retten. Annette Frier (40, "Danni Lowinski") spielt Angie - "alleinerziehend, zwei Kinder von zwei Vätern, die beide nicht bezahlen", erklärt sie. Als die Drogerie Pleite macht, muss sie Hartz IV beantragen. Kurzerhand nehmen die Frauen den Firmengründer Theo Schlikker als Geisel. Er wird gespielt vom adretten Sky du Mont (67, "Buddy"). Schauspielerin Thalbach sagt über du Mont: "Ein Traummann."

Sat.1 greift erneut ein wirtschaftlich und politisch brisantes Thema auf. "Es geht hier überhaupt nicht um eine Abrechnung", erklärt Regisseur Uwe Janson, der für den Sender mit "Der Minister" schon den Rücktritt von Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg zur TV-Satire machte. Jetzt will er Tragik und Komik verbinden.

Ursprünglich war die Produktion für RTL im Gespräch gewesen. Die Gesamtbetriebsratschefin von Schlecker hatte damals entsetzt auf eine geplante TV-Komödie reagiert. Eine Sprecherin am Set spricht nun von einem Missverständnis. Regisseur Janson betont, der Film frage nach der Verantwortung, die ein Unternehmen für seine Mitarbeiter habe.

Als du Mont das Drehbuch bekam, hat er seine Figur erstmal gegoogelt. Thalbach hat vor allem viel gelesen: "Ich bin jetzt nicht auf einmal eine Fachverkäuferin für 'nen Drogeriemarkt geworden." Sie habe aber früher um die Ecke eine Filiale gehabt, "wo ich immer sehr gerne war und mich unterhalten habe mit einer besonders dicken Kassiererin". Auch beim Dreh hat sie mit früheren "Schleckerfrauen" gesprochen.

Denn das Filmteam versucht, sich den Segen von denen zu holen, die am meisten unter der Pleite litten: den Mitarbeitern. Nicole Zocher arbeitete 15 Jahre lang für die Drogerie, bis sie ihre Kündigung im Briefkasten hatte. "Ich bin auf den Balkon - weil ich brauchte dann ja doch nicht in meine Filiale fahren -, habe eine Zigarette geraucht und ein Glas Wein getrunken", sagt sie. "Und saß dann auch abends bis mein Mann kam." Bei den Dreharbeiten unterstützte sie nun das Team.

Zocher nahm zum Beispiel das Ladenlokal aus dem Film unter die Lupe. Auch in den echten Filialen sei es so eng gewesen. "Zwei Einkaufswagen nebeneinander ging nicht." Sie erzählt, dass Mitarbeiter ihr Handy nicht im Geschäft aufladen durften. Das kostet ja Strom. Und dass im Büro tatsächlich ein Bild vom Firmenchef hing - "er, mit seiner Frau dahinter". Für sie sei der Film eine Herzensangelegenheit, weil er zeige: Die Schleckerfrauen sind "keine dummen Mädels, sondern starke, toughe Frauen".

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