Medien:Der große Bruder und die 16 kleinen Promilein

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Für die Armen: ein offener Holzverschlag. Foto: Willi Weber/SAT.1/dpa (Foto: dpa)

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Köln (dpa) - Wer im Duden das Wort "Märchen" nachschlägt, findet dort diese Erklärung: Ein Märchen sei eine Erzählung, "in der übernatürliche Kräfte und Gestalten in das Leben der Menschen eingreifen und meist am Ende die Guten belohnt und die Bösen bestraft werden".

Bei den Brüdern Grimm bewegten sich Schneewittchen und Rotkäppchen durch diese Geschichten. Figuren, die Generationen inspirierten. Bei Sat.1 werden es von Freitag an (7. August, 20.15 Uhr) Claudia Kohde-Kilsch und Ikke Hüftgold sein.

Der Sender lässt eine neue Schar mehr oder minder Prominenter in sein "Promi Big Brother"-Haus einziehen, das fleißige Arbeiter in Kleinarbeit im eher schmucklosen Köln-Ossendorf zusammengezimmert haben. Wobei Haus es gar nicht richtig trifft: Diesmal ist eine Welt, wenn auch in überschaubarer Größe von etwas mehr als 700 Quadratmetern. Eine Märchenwelt.

Das Setting ist neu, das Prinzip dahinter aber bereits erprobt. Die Bewohner werden in arm und reich geteilt. Arm, das ist diesmal "Märchenwald", eine Mischung aus Feldlager bei "Game of Thrones" und Kinder-Erlebnispark. Zum Duschen müssen die Kandidaten an einer galgenähnlichen Konstruktion ziehen, bevor Wasser aus einem Felsen tröpfelt. Geschlafen wird in einem offenen Holzverschlag. Immerhin gibt es einen kleinen Teich, in den man die Füße hängen kann.

Auf der anderen Seite, begrenzt von Spitztürmen liegt rosenumrankt das "Schloss", so kitschig, dass man meinen könnte, Harald Glööckler habe das Interieur ausgewählt. Ein prächtiger Schwan ziert die Wand hinter einer frei stehenden Badewanne, im Lustgarten blubbert ein Whirlpool. Wer das Haus betritt, läuft zudem an einer Ahnengalerie mit Porträts ehemaliger "Promi Big Brother"-Sieger vorbei. Hier wird es dann bisweilen weniger royal. Unter anderem blickt Silvia Wollny, Patronin der Trash-TV-Megafamilie "Die Wollnys", den Besucher an.

Gedanklich ist man damit beim Personal 2020 angekommen. Möchte man gehässig sein, könnte man sagen: Der Zusatz "Promi" ist das eigentliche Märchen, das "Big Brother" diesmal erzählt. Es sind schon recht viele Namen dabei, bei denen sich selbst Trash-TV-Nerds am Kopf kratzen. Aber zum einen ist eine Wimbledon-Siegerin mit "Wo haben sie die denn ausgegraben?"-Faktor dabei. Zum anderen ist längst bewiesen, dass aus A-Prominenz nicht unbedingt A-Unterhaltung folgt. Das Genre gebiert seine eigenen Stars.

Die Wimbledon-Siegerin - wenn auch im Doppel-Wettbewerb - ist Claudia Kohde-Kilsch (56), die zu aktiven Zeiten in den 80ern immer im Schatten von Steffi Graf (51) stand. Eine weitere Kandidatin, deren Namen man zuordnen kann: Kathy Kelly (57), die der Kelly Family entspringt. Dahinter muss man bereits Jenny Frankhauser (27) nennen, die kurioserweise erst als Nachrückerin dazu stieß, weil die Soap-Darstellerin Saskia Beecks (32) kurz vor Sendestart zurückzog. Frankhauser ist die Halbschwester von Daniela Katzenberger (33) und gewann 2018 die Königsklasse des Reality-TV, das RTL-Dschungelcamp. Insgesamt sollen in diesem Jahr 16 Bewohner einziehen, die coronakonform vorher natürlich in Quarantäne waren.

Darunter ist auch Party-Sänger Ikke Hüftgold (43), eine Art Wiederkehr von Mickie Krause mit lyrisch noch niederschwelligeren Malle-Texten ("Dicke Titten, Kartoffelsalat") und klarer Auffassungsgabe: "Wir sind ja nicht zum Spaß da drin, sondern um uns für die Leute da draußen richtig zu blamieren." Interessant dürfte zudem der Auftritt von Schauspielerin Jasmin Tawil (38) werden, die nach ihrer Trennung von Sänger Adel Tawil (41) einen Absturz erlebte. Sat.1 umreißt diese Phase so: "Jasmin hat Geldsorgen, verlässt Deutschland, taucht ab und gilt sogar einige Zeit als verschollen."

Bei "Promi Big Brother" will die junge Mutter nun Geld verdienen, um ihrem Sohn Dinge zu ermöglichen, wie sie sagt. In diesem Punkt ist die Show ganz und gar wie ein Märchen: Es geht oft um die Taler.

© dpa-infocom, dpa:200805-99-53488/3

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