Media-Saturn:Manager begehren gegen Kellerhals auf

An diesem Freitag will Media-Saturn-Gründer Kellerhals Firmenchef Haas schassen. Jetzt kritisieren die Manager erstmals offen den Machtkampf - und richten einen eindringlichen Appell an die Eigentümer.

Von Uwe Ritzer, Ingolstadt

"Townhall-Meeting" nennen es Firmen im Business-Sprech, wenn sie eine größere Zahl von Mitarbeitern zusammenrufen, um sie über Neuigkeiten zu informieren. Am Mittwoch gab es gleich zwei solcher Versammlungen im neuen Gebäude L der Media-Saturn-Zentrale in Ingolstadt. Hunderte Beschäftigte des größten europäischen Elektro-Händlers trafen sich dort.

Die Stimmung im Unternehmen sinkt rapide, seit sich die Media-Saturn-Eigentümer - der Düsseldorfer Handelskonzern Metro AG und Firmengründer Erich Kellerhals - öffentlich und vor Gerichten immer heftiger streiten, wer von ihnen das Sagen bei Media-Saturn hat. Deren Geschäftsführung hielt sich bei dem Thema bislang tunlichst raus, um keinen der beiden Gesellschafter zu verärgern. Nun aber gibt das Management um den kommissarischen Media-Saturn-Chef Pieter Haas, 50, diese Zurückhaltung auf.

Der Streit schade dem Unternehmen inzwischen massiv, es könne nicht angehen, dass Media-Saturn nur noch als Zankapfel wahrgenommen und schlecht geredet werde, sagte Haas Teilnehmern zufolge bei den Mitarbeitertreffen. Und er projizierte wesentliche Teile eines brisanten Briefes an die Wand, den seine Geschäftsführerkollegen an Metro und an Erich Kellerhals geschrieben haben. Darin positioniert sich das Media-Saturn-Management erstmals und äußert unverhohlene Kritik am Machtkampf der Eigentümer. Anlass dafür ist das heftige Gezerre um Pieter Haas selbst.

Kellerhals will Haas notfalls per Gerichtsbeschluss abberufen

An diesem Freitag trifft sich die Gesellschafterversammlung von Media-Saturn in Ingolstadt. Kellerhals hat die außerordentliche Sitzung mit dem Ziel einberufen, Haas zu schassen. Parallel dazu fuhr der 74-jährige Milliardär mit Wohnsitz Salzburg juristisches Geschütz auf. Er will die Abberufung des Managers notfalls auch gerichtlich erzwingen. Haas, so sein Vorwurf, sei als Geschäftsführer unfähig und habe Media-Saturn Anfang 2013 von heute auf morgen im Streit verlassen.

Erich Kellerhals hält etwa 22 Prozent der Media-Saturn-Anteile, hat aber bei wichtigen Fragen gegenüber dem Mehrheitseigner Metro (78 Prozent) ein Vetorecht. Haas misstraut er, weil er in ihm vor allem einen Metro-Gesandten sieht. Letzteres ist per se auch nicht falsch. Neben seinem Job in Ingolstadt sitzt Haas noch im Vorstand der Metro AG, zuständig für Media-Saturn. Für Kellerhals ein Interessenskonflikt, weil die Metro über die Elektro-Sparten ihrer Töchter Kaufhof und Real ein Konkurrent von Media-Saturn sei.

Von 2001 bis 2008 war Pieter Haas, Sohn eines Niederländers und einer Österreicherin, Holland-Chef von Media-Saturn. Anschließend stieg er in die Geschäftsführung der Dachgesellschaft Media-Saturn-Holding auf, die er aber Anfang 2013 in Richtung Düsseldorf, dem Hauptsitz der Metro, verließ. Er betont, nicht vom Unternehmen und seinen Kollegen, wohl aber von "unzumutbaren" Attacken Kellerhals' auf die Geschäftsführung des Elektronikkonzerns (21 Milliarden Umsatz, 65 000 Mitarbeiter) genervt gewesen zu sein.

Media-Saturn: Mitarbeiter und Geschäftsführung kritisieren, dass der Gesellschafterstreit den Elektrohändlern Media-Markt und Saturn bereits massiv schade.

Mitarbeiter und Geschäftsführung kritisieren, dass der Gesellschafterstreit den Elektrohändlern Media-Markt und Saturn bereits massiv schade.

(Foto: Lajos Jardai/Bloomberg)

Anfang Mai kehrte der Vater von drei Kindern auf Geheiß der Metro wieder nach Ingolstadt zurück. Anstelle von Media-Saturn-Chef Horst Norberg, der zermürbt von Sticheleien Kellerhals' aufgegeben hatte. Er übernahm die Nachfolge kommissarisch, denn der künftige Media-Saturn-Chef wird erst noch gesucht.

Pieter Haas, ein eloquenter Mann mit leichtem holländischen Akzent, genießt offenkundig den Rückhalt aller seiner sieben Geschäftsführerkollegen. Diese formulierten vor wenigen Tagen besagten Brandbrief an die Metro und Kellerhals, und stellten sich dabei hinter Haas.

Angst und Unmut unter Mitarbeitern

Mit der Abberufungs-Klage von Kellerhals gegen Haas sei "eine neue Eskalationsstufe im Verhältnis von Gesellschaftern zu ihren Geschäftsführern erreicht", heißt es darin. Die Manager fürchten, dass die Auseinandersetzung um den Chefposten "wiederum die Handlungsfähigkeit der Geschäftsführung als auch die Strategieumsetzung der Media-Saturn gefährden wird". Die Geschäftsführung wolle "zumindest vorerst in der jetzigen Zusammensetzung arbeiten". Zugleich appelliert der SZ zufolge das Management, keine weiteren öffentlichen Personaldebatten zu führen. Weder Kellerhals noch Metro wollten den Brief kommentieren.

Das Management fürchtet die Fortsetzung des dreijährigen Eigentümerstreits. Auch unter Mitarbeitern wachsen Angst und Unmut. Während Horst Norberg als Media-Saturn-Chef einen Mittelweg zwischen den zerstrittenen Gesellschaftern suchte und sich öffentlich zurückhielt, äußerte Nachfolger Pieter Haas zuletzt offen Kritik an Erich Kellerhals. Dieser entfache "unnötige Störfeuer", und für ihn stünde "ganz offenkundig" nicht die Firma im Vordergrund, sagte er in mehreren Interviews.

Vor allem aber beklagt Haas, dass durch die Auseinandersetzungen "ein völlig falsches Bild" von Media-Saturn entstanden sei. Niemand nehme wahr, dass das Unternehmen große Fortschritte auf dem Weg vom stationären Handelsverbund hin zum Multi-Channel-Anbieter mache, der stationäres und Onlinegeschäft verzahnt. Man sei nach wie vor die Nummer eins in Europa und setze anderthalb Milliarden Euro alleine im Online-Geschäft um, rechnet Haas gerne vor. Andere Firmen würden angesichts dessen bejubelt, bei Media-Saturn nehme es niemand mehr wahr. Solche Töne kommen in der Belegschaft an. Allerdings weniger bei Erich Kellerhals.

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