Fast Food:Russlands McDonald's-Ersatz gehen die Kartoffeln aus

Fast Food: Pommes in einem McDonald's-Restaurant in Hamburg. Anders als in Russland gibt es hier keine Lieferengpässe bei Fritten.

Pommes in einem McDonald's-Restaurant in Hamburg. Anders als in Russland gibt es hier keine Lieferengpässe bei Fritten.

(Foto: Rüdiger Wölk/Imago)

Die ersten Filialen der Nachfolge-Kette eröffnen - und müssen ausgerechnet auf Pommes verzichten. Damit erlangt die Kartoffel abermals Bedeutung im Kampf der Ideologien.

Von Lea Hampel

Ob, wie und warum Geschichte sich wiederholt, darüber wird in diesen Tagen aus guten Gründen oft gestritten. Sicher ist nur: Gelegentlich wiederholen sich Szenen, so etwa vergangene Woche in Moskau. Da standen am Puschkin-Platz viele Menschen an, um einen Burger zu essen. Im Zentrum der Stadt wurde eine der 30 Filialen der Fastfood-Kette eröffnet, die unter dem Namen "Lecker und Punkt" die bisherigen Läden des US-Konzerns McDonald's an den gleichen Standorten mit den gleichen Mitarbeitern und dem gleichen Essen ersetzt. Wobei: mit dem fast gleichen Essen.

McDonald's jedenfalls hatte nach dem Einmarsch in die Ukraine die meisten seiner rund 850 Geschäfte in Russland geschlossen und die 62 000 Mitarbeiter freigestellt. Im Mai gab der Konzern bekannt, sich komplett zurückzuziehen. Offiziell begründet wurde das mit der "humanitären Krise" in der Ukraine. Inoffiziell dürften lauter werdende Boykottaufrufe und der Rückzug anderer Unternehmen eine Rolle gespielt haben. Der Konzern hat seine Niederlassungen an den Bergbau- und Ölunternehmer Alexander Gowor verkauft, der seit 2015 in Sibirien 25 Filialen betrieb und bei der Filialeröffnung in Moskau den schönen Satz sagte: "Es wird auf jeden Fall nicht schlechter als früher."

Ob das stimmt, bleibt abzuwarten. Es scheinen eben nicht nur die gelben Ms verschwunden, die die Mitarbeiter teils eigenhändig von den Tabletts geschmirgelt haben. Auch auf den "Big Mac" müssen Kunden verzichten, ebenso auf die Kindertüten "Happy Meal" und "Mc Flurry"-Eis. Diese Produkte befand McDonald's als zu prägend für die Marke, um sie Nachfolgern zu überlassen. Viel dramatischer aber ist, dass gleich in den ersten Tagen Pommes fehlten. Das Unternehmen begründet: Es gäbe nicht genug russische Kartoffeln und Importe wären aus offensichtlichen Gründen derzeit nicht möglich.

Fast Food: Mitarbeiterinnen arbeiten in einem neu eröffneten Fast-Food-Restaurant in einer ehemaligen McDonald's Filiale. Nachdem McDonald's als Reaktion auf Russlands Angriffskrieg in der Ukraine alle Filialen im Land schloss, eröffnen Filialen wieder unter einem neuen, russischen Besitzer.

Mitarbeiterinnen arbeiten in einem neu eröffneten Fast-Food-Restaurant in einer ehemaligen McDonald's Filiale. Nachdem McDonald's als Reaktion auf Russlands Angriffskrieg in der Ukraine alle Filialen im Land schloss, eröffnen Filialen wieder unter einem neuen, russischen Besitzer.

(Foto: Dmitry Serebryakov/dpa)

Und so wiederholt sich in diesem Fall Geschichte gleich mehrfach. 1990 galt die Eröffnung einer McDonald's Filiale als Zeichen, damals der Annäherung an den Westen, "heißes Essen, das half, den Kalten Krieg zu beenden", wie es ein Korrespondent bei BBC schildert. Nun gilt die Schließung wieder als Signal, wenn auch für das Gegenteil. Und wieder stehen die Menschen für neuartige Brötchen mit Fleischbelag an - vermutlich auch, um zu schauen, ob sich die Hoffnung des Firmenchefs erfüllt, dass es "keinen Unterschied in Qualität oder Atmosphäre" gibt.

Vor allem aber erlangt die Kartoffel abermals Bedeutung im Kampf der Ideologien. Legendär ist die Propagandalüge um angebliche Käfer, die US-Flugzeuge Anfang der 1950er Jahre über ostdeutschen Felder verteilt haben sollen, um die Kartoffelernte zu zerstören. Im jetzigen Fall fühlte sich unter anderem ein russisches Ministerium bemüßigt, "Es gibt Kartoffeln und Punkt" über soziale Medien zu verkünden.

Seitens der neuen Fastfood-Kette heißt es wiederum zur Beruhigung, mit der neuen Ernte im Herbst bekäme der Burger seine Pommes zurück. Stück für Stück sollen zudem in den nächsten Monaten weitere Filialen eröffnet werden. Sollten sich entgegen aller Erwartungen die Dinge beruhigen, hat sich übrigens McDonald's ein Rückkaufsrecht für 15 Jahre gesichert. Eines ist schon sicher: Die Menschen werden in jedem Fall anstehen.

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