McDonald's:"M" steht für mutlos

McDonald's: McDonald's will eine "moderne, progressive Burger-Firma" werden, sagt Konzernchef Easterbrook - gleich mehrmals. Wie viele Jobs durch seinen Sparkurs wegfallen, verrät er dagegen nicht.

McDonald's will eine "moderne, progressive Burger-Firma" werden, sagt Konzernchef Easterbrook - gleich mehrmals. Wie viele Jobs durch seinen Sparkurs wegfallen, verrät er dagegen nicht.

(Foto: Karen Bleier/AFP)
  • Der neue Chef des Burgerbraters McDonald's enttäuscht bei der Vorstellung seiner Strategie: Statt einer Vision gibt es vor allem Sparpläne.
  • Dabei schrumpft das Geschäft des Fast-Food-Marktführers, getrieben von billiger Konkurrenz einerseits und Gourmet-Angeboten andererseits, seit Jahren.
  • Experimente mit einem hochwertigeren und individuelleren Angebot laufen zwar auch bei McDonald's. Sie sind aber teuer und widersprechen eigentlich dem Geschäftsmodell.

Analyse von Kathrin Werner

Sehr wenig Lob, sehr viel Tadel

Nur 54 Sekunden. Gerade mal so viel Zeit nimmt sich der neue McDonald's-Chef Steve Easterbrook für sein Lob für Mitarbeiter, Lieferanten und die große Geschichte des Konzerns. Dann kommt das große Aber: "Aber kein Unternehmen und keine Marke hat ein gottgegebenes Recht auf Erfolg", sagt er. "Es ist Realität, dass unsere Leistung in letzter Zeit dürftig war. Die Zahlen lügen nicht."

Genau 22 Minuten und 16 Sekunden widmet Easterbrook in einer Videobotschaft dem Tadel und seinen Plänen, wie er McDonald's verändern will. "In den vergangenen fünf Jahren hat sich die Welt außerhalb schneller bewegt als innerhalb unseres Unternehmens", sagt er. "Ich werde nicht vor der dringenden Notwendigkeit zurückschrecken, dieses Unternehmen neu auszurichten."

Würde die Wirtschaftswelt nach dem Motto "Gefahr erkannt, Gefahr gebannt" funktionieren, dann hätte Easterbrook keinen Grund mehr zur Sorge. Der Brite, Jahrgang 1967, ist seit Anfang März Chef des Fast-Food-Weltmarktführers. Er hat 20 Jahre, den Großteil seiner Karriere, bei McDonald's verbracht und kennt die großen Probleme des 60 Jahre alten Konzerns. Anleger, Finanzanalysten und Mitarbeiter haben mit wachsender Aufregung darauf gewartet, dass er ihnen erklärt, wie er sie lösen will. Bislang sieht es allerdings nicht so aus, als würden sie seinen Ideen vertrauen. Nachdem McDonald's sein Video ins Internet gestellt hatte, sank der Aktienkurs um fast zwei Prozent. Und die Ratingagentur S&P hat die Kreditwürdigkeit des Unternehmens herabgestuft.

Es soll vor allem gespart werden

Denn statt einer neuen Vision, wie er McDonald's-müde Kunden zurück in die rund 36 000 Restaurants locken will, redet Easterbrook in seinem Video vor allem vom sparen. Er will zum Beispiel 3500 Filialen, die im Moment dem Konzern gehören, an Franchisenehmer verkaufen. Bis Ende 2018 soll McDonald's nur noch zehn statt derzeit 19 Prozent aller Restaurants selbst betreiben.

Außerdem organisiert Easterbrook die Abteilungen um. Bislang führen Regionalfürsten ihre Reiche, der heutige Konzernchef selbst war einst für Europa zuständig. Nun werden die Länder nicht mehr nach Geografie zusammengefasst, sondern nach Wachtumstempo in vier Gruppen. Deutschland, Australien, Kanada, Frankreich und Großbritannien bilden künftig eine Einheit namens "internationale Führungsmärkte". China, Russland, Polen, Spanien, die Schweiz, Südkorea, Italien und die Niederlande sind die Gruppe mit starkem Wachstum. Die USA sind eine eigene Einheit, der Rest der Welt ist die vierte Gruppe. Die neue Struktur soll pro Jahr 300 Millionen Dollar einsparen.

Ob und wie viele Arbeitsplätze wegfallen, verrät Easterbrook dagegen nicht. McDonald's soll eine "moderne, progressive Burger-Firma" werden - das sagt er dagegen gleich mehrfach.

Seit Jahren schrumpft das Geschäft

McDonald's kämpft schon seit Jahren mit Kundenschwund, vor allem im wichtigen Heimatmarkt. Das Unternehmen hat in den USA rund 14 000 Filialen, die mehr als 40 Prozent zum Betriebsgewinn beisteuern - Tendenz fallend. Der Umsatz in den bestehenden Restaurants, der wichtigste Vergleichswert, sinkt seit fünf Jahren. Der Geschmack der Menschen hat sich verändert. Sogar die traditionell wenig gesundheitsbewussten Amerikaner schrecken inzwischen vor Massennahrung mit viel Fett und Kalorien zurück.

Zugleich schlagen sich die traditionellen Erzrivalen Burger King und Wendy's besser im Billigsegment. In der mittleren Preisklasse werben zudem Firmen wie Chipotle Mexican Grill, Panera und Five Guys die Kunden ab. Die meiste Aufmerksamkeit bekommt gerade aber die Burgerkette Shake Shack aus New York, die schnell wächst, erst vor wenigen Monaten mit großem Erfolg an die Börse gegangen ist und jetzt frisches Geld für die Expansion hat.

Burger von echten Köchen

Außerdem gibt es immer mehr Luxus-Burger-Spezialisten. Nicht nur in der Gourmet-Hauptstadt New York sondern inzwischen in jeder amerikanischen Kleinstadt boomen alternative Hamburgerrestaurants, bei denen richtige Köche die Burger braten. Der Trend ist inzwischen auch in Deutschland und vielen anderen Ländern angekommen.

Immer neue Anbieter kommen hinzu, die damit werben, dass ihr Essen besser, gesünder, frischer und persönlicher ist als bei McDonald's - und trotzdem schnell serviert. Sie haben sogar einen neue Gruppenbezeichnung bekommen: Fast Casual. Auch beim Frühstück, mit dem McDonald's einen großen Teil seiner Umsätze macht, wächst die Konkurrenz zum Beispiel durch die Tex-Mex-Kette Taco Bell - und zwar so aggressiv, dass amerikanische Medien schon von einem Frühstückskrieg sprechen.

Imagekrise unter dem großen "M"

McDonald's hat ein Imageproblem, die Marke steht für billige Kalorienbomben, schlechte Arbeitsbedingungen und Zutaten mit ungeklärter Herkunft. Easterbrook soll das ändern, deshalb hatten die Aktionäre darauf gehofft, dass er in seinem Video mehr von seiner Kundenstrategie und neuen Produkten sprechen würde.

Anfangs sah es auch so aus, als würde er schnell handeln: Unmittelbar nach der Amtsübernahme hatte Easterbrook McDonald's neue Richtlinien für Antibiotika-Hühnchen verordnet, die bei ökobewussten Kunden gut ankommen sollen. In den amerikanischen Filialen soll McDonald's kein Geflügel mehr verkaufen, das mit Medikamenten gefüttert wurde, die auch bei der Behandlung von Menschen verwendet werden. So solle das Risiko gesenkt werden, dass die Antibiotika in der Humanmedizin nicht mehr wirken.

Teure Experimente

Das Unternehmen hat in den vergangenen Monaten zudem schon einige Tests gestartet, um das Angebot zu modernisieren. In einigen Restaurants in Kalifornien läuft ein Pilotprogramm namens Create Your Taste, bei dem Kunden ihren Hamburger nach eigenem Geschmack zusammenstellen können. Sie haben zum Beispiel mehr Auswahl an Brötchen und "natürlichen Käsesorten", die Fleischplatten werden erst gegrillt, wenn die Kunden sie bestellt haben. Es gibt außerdem Premium-Sandwiches, zum Beispiel mit Sirloin-Steak.

All diese Gerichte sind allerdings teuer für McDonald's - und der Konzern ist mit dem Konzept großgeworden, an möglichst viele Menschen möglichst schnell immer genau das Gleiche zu verkaufen. Die Spezialisierungen machen das Geschäft komplizierter, dauern länger und brauchen mehr Arbeitskräfte. "Offensichtlich wollen Kunden mehr Anpassungsmöglichkeiten in Schnellrestaurants, aber traditionell sind Anpassungsmöglichkeiten nicht die Stärke von McDonald's. Franchisenehmer beklagen sich schon, dass Restaurants zu kompliziert zu managen werden", sagte Mark Kalinowski, Restaurantexperte bei der Finanzberatung Janney Montgomery Scott, der New York Times. Es sei ein Dilemma. "Auf der einen Seite wollen Kunden mehr Anpassungsmöglichkeiten, was zu mehr Komplexität führt, und auf der anderen Seite gibt es Franchisenehmer, die Vereinfachung und weniger Komplexität wollen."

Tests in Österreich und den USA

Österreich ist der Testmarkt für Europa. An 22 Standorten gibt es schon neue Schalter, an denen man sich Burger selbst zusammenstellen kann, zum Beispiel mit einer anderen Sauce oder eine Extra-Scheibe Käse. Das Essen wird erst nach der Bestellung zubereitet. In Wien gibt es schon seit Monaten einen McDonald's-Lieferdienst.

McDonald's testet nun auch in dem Krisenmarkt der Vereinigten Staaten, ob dem Unternehmen ein Lieferservice neue Kunden bringen kann. In New York arbeitet der Burgerbrater seit Neuestem mit dem Start-up Postmates zusammen, das Einkäufe und Essen für verschiedene Restaurants und Supermärkte ausliefert. Ob hungrige New Yorker bereit sind, für einen Big Mac und die Liefergebühr insgesamt zwölf Dollar zu zahlen, ist aber noch unklar.

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