Fußballspieler beim Pokern:Bube, Dame, Kruse, Ass

Fußballspieler beim Pokern: Max Kruse ist derzeit am Pokertisch efolgreicher als auf dem Fußballplatz.

Max Kruse ist derzeit am Pokertisch efolgreicher als auf dem Fußballplatz.

(Foto: Michael Matthey/dpa)

Fußballprofi Max Kruse ist beim VfL Wolfsburg suspendiert - und spielt derweil um viel Geld. Er hat nun ein prestigeträchtiges Pokerturnier gewonnen.

Von Benjamin Emonts

Vor gar nicht langer Zeit sah man Fußballprofi Max Kruse beim Jubeln noch so: Mit abgespreizten Armen mimte er ein Flugzeug und steuerte direkt auf die Fankurve zu, wo ihn die Fans frenetisch empfingen. Und heute? Sieht das irgendwie anders aus. Max Kruse hält ein funkelndes Armband in die Kamera, er grinst über das ganze Gesicht, und vor ihm liegen Spielkarten und stapelweise Chips. Manche munkeln bereits, dass die Bilder Kruses neue Karriere illustrieren. Die Karriere eines erfolgreichen Pokerspielers.

Entstanden sind die Bilder am Mittwoch im King's Casino im tschechischen Rozvadov, dem europäischen Mekka für Pokerspieler. Max Kruse hat dort ein Turnier der World Series of Poker Europe gewonnen. Er ließ 412 Spieler hinter sich und machte aus 1650 Euro Einsatz schlappe 124 000 Euro. Klar, angesichts seines kolportierten Jahresgehalts von 3,8 Millionen Euro mag die Summe wie Peanuts wirken. Doch das diamantene Sieger-"Bracelet", das er sich umlegen durfte, ist im internationalen Pokerzirkus eine der höchsten Auszeichnungen. "Ich bin überwältigt", sagte Kruse nach dem Triumph. "Es war eine Achterbahn der Gefühle."

Betrachtet man Poker als Sport, so hat Kruse seit Langem mal wieder positive sportliche Schlagzeilen geschrieben. Der Ex-Nationalspieler zählte einst zu den besten Offensivspielern der Bundesliga. In dieser Saison jedoch stand er für den VfL Wolfsburg kaum auf dem Platz. Erst erlitt er eine Verletzung, dann wurde er suspendiert. Kruse gilt mittlerweile als ein bisschen trainingsmüde und zu schwer für den ganz großen Sport.

Fußballspieler beim Pokern: Im Februar verwandelte Max Kruse (li.) in Frankfurt noch einen Elfmeter. Mittlerweile ist er beim VfL Wolfsburg suspendiert.

Im Februar verwandelte Max Kruse (li.) in Frankfurt noch einen Elfmeter. Mittlerweile ist er beim VfL Wolfsburg suspendiert.

(Foto: Peter Hartenfelser/imago images)

Umso aktiver ist er auf seinen sozialen Kanälen. Er hat sich dort kürzlich etwa auf einer Erotikmesse gezeigt oder über einen Mitspieler geschimpft, der ihm mangelnden Fleiß vorgeworfen hatte. Und jetzt das Casino. Driftet ein aussortierter Fußballer da gerade ab?

Poker gleicht in der Weltspitze einer Wissenschaft

Zumindest aus pokertechnischer Sicht lässt sich das verneinen. Kruse arbeitet an seinem Pokerspiel schon seit mehr als zehn Jahren. Öffentlich gespielt hat er bereits im Jahr 2015, als er bei Stefan Raab die "TV Total Pokernacht" für 50 000 Euro gewann. Danach versuchte er regelmäßig, bei den Weltmeisterschaften in Las Vegas eines der begehrten Bracelets zu gewinnen. Wenn der Fußball im Sommer pausierte, spielte Kruse dort Turnier um Turnier. Da er dank seines Gehalts stets hohe Einsätze berappen konnte, durfte er sich mit den Allerbesten der Welt messen. Immer wieder erzielte er beachtliche Erfolge.

Dass er mit der Elite mithalten kann, ist das eigentlich Bemerkenswerte an der Geschichte. Abseits des Spielfelds wirkt Kruse manchmal sehr impulsiv und nicht immer so, als würde er all seine Spielzüge reiflich durchdenken. Poker dagegen gleicht in der Weltspitze einer Wissenschaft. Die Profis bereiten sich akribisch auf ihre Turniere vor. Sie brauchen viel Geduld, Disziplin und mathematisch-strategisches Denken. Nicht umsonst haben viele Profis vor ihrer Karriere erfolgreich Schach gespielt und schon im Kindesalter Strategiespiele beherrscht. Pokerprofi zu sein, ist ein Fulltime-Job.

Diese "Skills", wie es im Fachjargon heißt, hätte man einem Amateurspieler wie Kruse nicht zwingend zugetraut. In der Szene aber genießt er durchaus Respekt. Der TV-Pokerexperte Michael Körner, der die "TV Total Pokernacht" moderierte, adelt ihn auf Nachfrage: "Er ist ein sehr variabler Spieler. Er kann sich gut Situationen anpassen und muss eine Engelsgeduld haben." Kruse selbst spielte nach seinem Erfolg übrigens sofort das nächste Turnier, allerdings ohne Erfolg. "Momentan kann ich Poker nur als Hobby spielen. Aber vielleicht werde ich nach meiner Karriere noch mehr spielen", sagte er. Klingt tatsächlich so, als wollte sich jemand ein zweites Standbein aufbauen.

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