Maschinenbau:China und die roten Linien

Maschinenbau: Ein Mitarbeiter von Krones arbeitet an einer Streckblasmaschine für PET-Flaschen. In diesem Jahr rechnet der deutsche Maschinenbau mit einem Produktionsplus von einem Prozent.

Ein Mitarbeiter von Krones arbeitet an einer Streckblasmaschine für PET-Flaschen. In diesem Jahr rechnet der deutsche Maschinenbau mit einem Produktionsplus von einem Prozent.

(Foto: Armin Weigel/dpa)

Der Verband VDMA hält an seinen Prognosen fest. Aber die Branche ist alles andere als sorgenfrei. Sorgen machen Präsident Karl Haeusgen das Verhältnis zu China und der Mangel an Arbeitskräften.

Von Elisabeth Dostert, Frankfurt

Die sehr länglichen Ausführungen von Karl Haeusgen am Dienstag in Frankfurt zur Lage des deutschen Maschinenbaus lassen sich in etwa so zusammenfassen: "Passt schon." Der Unternehmer und Präsident des VDMA sieht jedenfalls keinen Anlass, die bisherigen Prognosen für die Produktion zu korrigieren, obwohl die "See rau ist, rauer als erwartet und Winde aus verschiedenen Richtungen bliesen." 2022 werde die Produktion voraussichtlich um real ein Prozent zulegen, so der VDMA. Die Aufträge reichten für zwölf Monate. Der Auftragsbestand für das nächste Jahr sei "ungewohnt hoch", sagt Haeusgen. Dennoch rechnet der VDMA für 2023 mit einem leichten Rückgang der Produktion um zwei Prozent.

"Das ist mit Sicherheit keine Krise", sagt Haeusgen. Obwohl all die Probleme, die er dann aufzählt, schon ein wenig nach Krise riechen: Lieferengpässe, Lieferkettengesetz, Regulierungswut in Europa, der Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine, die Energiepreise und ihre Bremsen, die hohe Inflation, der Inflation Reduction Act der USA, China, Fachkräftemangel. Müsste er jetzt eine Rangliste der größten Sorgen erstellen, was Haeusgen nicht mag, aber dann doch tut, stünde China ziemlich weit oben.

Das Land ist ein wichtiger Markt und Produktionsstandort für die deutschen Hersteller von Maschinen und Anlagen. Kurz- und mittelfristig sei er "nicht ersetzbar", sagt Haeusgen. Wandel durch Handel, das funktioniere unter Staatspräsident Xi Jinping nicht mehr, das sei allerdings zu Beginn seiner Regierung nicht absehbar gewesen. Dass es generell nicht funktioniere, weist Haeusgen zurück: "Das ist großer Mist." Es funktioniere nur eben nicht mehr. Dass es vielen Menschen in China heute besser gehe, sei nicht das Ergebnis "autokratischer Strukturen, sondern wirtschaftlicher Offenheit."

Jenseits von China

Zum ersten Mal legt der VDMA ein Positionspapier zu China vor mit Forderungen und Fakten. Es sei richtig und wichtig, dass die Bundesregierung eine Neubewertung des Verhältnisses zu China vornehme, sagt Haeusgen. Die "aggressive Wirtschaftspolitik" der Volksrepublik stelle die mittelständische Industrie vor großen Herausforderungen. Die Bevorzugung chinesischer Firmen gefährde das deutsche Exportmodell. Es gebe Firmen, zu deren Umsatz China 20 bis 30 Prozent beitrage. Die deutsche Politik könne mit ihren Förderinstrumenten dabei helfen, Märkte "beyond China" zu erschließen. Als ein Beispiel nennt Haeusgen Indien.

Noch sieht er kein "Decoupling", also eine Entkoppelung, von China, aber es gibt Szenarien, falls es so weit kommen sollte. Dazu gehöre, die lokalen Einheiten in China auch juristisch so aufzustellen, dass sie unabhängig arbeiten könnten und notfalls "separiert" werden könnten. "Wenn China Taiwan angreift, haben wir ein ganz neues Spiel und zwar ein grausames", sagt Haeusgen. Für die Unternehmen wäre das eine rote Linie. "Wenn China Taiwan angreift, ist Schicht im Schacht, was die Geschäfte anbetrifft", so Haeusgen.

Und dann gibt es noch ein "fundamentales" Problem, das im Ranking oben steht: der Fachkräftemangel, er dämpfe die Produktion. Wobei Haeusgen lieber vom Arbeitskräftemangel spricht, denn es fehle Personal vom Geringqualifizierten bis hin zum Ingenieur. 14 000 Stellen seien im Maschinenbau derzeit unbesetzt. In der nächsten Dekade, wenn die Babyboomer in Rente gehen, verliert die Branche laut VDMA rund zehn Prozent ihrer Mitarbeiter. Der Arbeitsmarkt werde künftig kein Konjunkturindikator mehr sein, weil er ob der demografischen Entwicklung "leergesaugt" werde, so Haeusgen. Die Zuwanderung müsse erleichtert werden, fordert er, und das inländische Potential an Arbeitskräften besser genutzt werden, zum Beispiel in dem der Beschäftigungsgrad von Frauen erhöht werde. Ihr Anteil an den gut eine Million Beschäftigten im Maschinenbau liegt bei insgesamt knapp 17 Prozent. Der Vorstand von Haeusgens Firma Hawe Hydraulik hat fünf Mitglieder, alles Männer.

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