Martin Shkreli:"Kleiner, gieriger Mann"

Lesezeit: 2 min

Der Hedgefondsmanager hat sehr viele Feinde. Das US-Gericht hatte Mühe, genug Geschworene zu finden.

Von Bastian Brinkmann

Bei amerikanischen Prozessen entscheidet eine Jury, ob der Angeklagte schuldig ist oder nicht. Die Juroren dürfen nicht voreingenommen sein, also zum Beispiel niemanden wegen der Hautfarbe vorverurteilen. Solche Leute werden nicht als Geschworene aufgenommen. Wenn man der meistgehasste Mann des Internets ist, fallen ganz schön viele Juroren durch.

Martin Shkreli, 34, hat sehr viele Feinde. Er verfünfzigfachte den Preis für ein Aids-Medikament, das machte ihn weltweit bekannt. Seine Gegner nennen ihn in sozialen Netzwerken deshalb ironisch "Pharma Bro", für Pharma Kumpel. Gerade wurde er wegen Wertpapierbetrugs verurteilt. Der Richter muss das Strafmaß noch entscheiden, ihm drohen bis zu 20 Jahre Haft. Gegen Kaution von fünf Millionen Dollar bleibt er auf freiem Fuß.

Das Magazin Harper's veröffentlicht nun Protokolle, die zeigen, wie verdammt schwierig es war, Geschworene für diesen Prozess zu finden, die Shkreli nicht hassten. Mehr als 200 Menschen lehnte das Gericht dem Bericht zufolge ab.

Schon Geschworenen-Kandidat Nr. 1 legte munter los. "Ich kenne den Angeklagten und ich hasse ihn. Ich denke, er ist ein kleiner, gieriger Mann." Das Gericht erinnert ihn, dass die Geschworenen sich nur auf Beweise stützen dürfen. Ob er dem zustimme? "Keine Ahnung, ob ich das kann. Ich würde mich nicht in dieser Jury sehen wollen." Das klingt immerhin ehrlich. Auch Anwärter Nr. 10 versteckt seine Meinung über Shkreli nicht. "Die einzige Sache, bei der ich unparteiisch bin, ist die Frage, in welches Gefängnis er muss", sagte er.

Juror Nr. 28 ärgerte die Preiserhöhung für das Medikament, die der Angeklagte verantwortet hatte. "Ich kann einfach nicht verstehen, warum er so dumm ist", sagte er. "Am liebsten würde ich 'rübergehen und ...." Da unterbricht ihn der Gerichtsvertreter, dankt ihm für seine Mühen. "Ist der blöde oder gierig? Ich kapier' das nicht", sagt Nr. 28 zum Abschied.

Kandidat Nr. 59 nahm Shkreli die Sache mit dem Wu-Tang-Clan-Album übel. Die bekannte Rap-Gruppe hatte von einem Album nur eine einzige Kopie veröffentlicht. Für zwei Millionen Dollar soll Shkreli sie gekauft haben. Er prahlte damit, dass er sich die von Fans so lange ersehnte Musik gar nicht angehört habe. Nicht lustig, sagte der potenzielle Juror: "Er hat sich gegenüber dem Wu-Tang Clan respektlos verhalten", sagte er. "Sie sind entschuldigt", sagte das Gericht. Im Prozess ging es gar nicht um Rap-Musik oder seine Medikamentenpreise, sondern um Anlegergelder. Die Staatsanwaltschaft hatte ihm vorgeworfen, die Investoren ausgetrickst und ihr Geld zweckentfremdet zu haben. Die Vorwürfe hatten viele potenzielle Geschworene schon in der Zeitung gelesen und sich ein Urteil gebildet, was sie ebenfalls disqualifizierte.

Anwärter Nr. 144 wurde gefragt, ob er "ergebnissoffen" an den Fall herangehen könnte. "Ich glaube nicht", antwortete der, denn: "He kind of looks like a dick", was höflich übersetzt ungefähr heißt, dass Shkreli ja schon wie ein Lackaffe aussehe. Das Gericht entließ auch Kandidat Nr. 144 aus der Jury-Pflicht. Der nächste, bitte.

© SZ vom 18.08.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: