Markensammler:Teil einer ganz großen Familie

Ben & Jerry's hat viele Geschwister, und alle gehören zu Unilever. Der Konzern plant einen Umbau.

Von Björn Finke, London

Ben & Jerry's hat viele Geschwister: etwa Knorr und Langnese, Axe und Rexona, Domestos und Viss, Pfanni und Lätta. All diese und zahlreiche andere Marken gehören genau wie Ben & Jerry's zu Unilever, einem börsennotierten Konglomerat mit Sitz in Rotterdam und London. Das niederländisch-britische Unternehmen kaufte die amerikanische Eiscreme-Firma im Jahr 2000, heute vertreibt Unilever die Kreationen von Ben & Jerry's in 33 Ländern. Insgesamt ist der Konzern sogar in mehr als 190 Staaten tätig, dem Unternehmen zufolge nutzen täglich zwei Milliarden Kunden irgendeins seiner Produkte. Doch nicht überall laufen die Geschäfte: Einige Großaktionäre verlangen vom niederländischen Vorstandschef Paul Polman, dass er die schwächelnde Margarine-Sparte verkaufen soll.

Bereits Ende vergangenen Jahres verkündete Unilever, das Geschäft mit Margarine und Brotaufstrichen in eine eigene Tochtergesellschaft auszugliedern. Ein Schritt, der die Arbeitnehmer in Deutschland beunruhigt. Hermann Soggeberg, Vorsitzender des deutschen Konzernbetriebsrats, sagt, er betrachte das "mit einer gewissen Skepsis" - auch wenn die Führung bislang versichert, eine Trennung sei nicht geplant. Die Abspaltung solle lediglich dem Margarine-Management mehr Flexibilität bei Entscheidungen ermöglichen, heißt es. Unilevers größte deutsche Margarinefabrik steht in Sachsen-Anhalt, in Wittenberg, wo 250 Beschäftigte jedes Jahr gut 120 000 Tonnen Margarine und Streichfette herstellen.

Insgesamt steuert das ausgegliederte Geschäft fünf Prozent zu Unilevers 48 Milliarden Euro Jahresumsatz bei. Doch Kunden kaufen immer weniger Margarine - darunter leiden Konzernmarken wie Rama, Lätta, Becel oder Sanella. "Es gibt definitiv einen Trend, weniger Brot zu essen. Also wird weniger Aufstrich gebraucht", sagt Vorstandschef Polman. In einer Umfrage der Investmentbank Bernstein unter Großaktionären sprachen sich einige Anteilseigner für den Verkauf der abgetrennten Sparte aus.

Ohnehin hat sich Polman, der seit sechs Jahren an der Spitze steht, von manchen Lebensmittel-Marken verabschiedet und stattdessen lieber in Gesundheits- und Kosmetikprodukte investiert. Die sollen mehr Wachstum versprechen. Erst im vergangenen Monat übernahm der Konzern, der im vorigen Jahr mit gut 172 000 Beschäftigten 5,5 Milliarden Euro Gewinn erzielte, den amerikanischen Hautcreme-Fabrikanten Kate Somerville Skincare.

Zusammengenommen vertreibt Unilever mehr als 400 Marken, nach Procter & Gamble aus den Vereinigten Staaten und Nestlé aus der Schweiz ist das Unternehmen die Nummer drei unter den Konsumgüter-Herstellern der Welt. Mehr als die Hälfte des Umsatzes macht Vorstandschef Polman, der früher selbst bei Procter & Gamble und Nestlé gearbeitet hat, in Schwellenländern.

Dieser Anteil soll weiter wachsen, genau wie die Gesundheits- und Kosmetiksparte, die mittlerweile für mehr als ein Drittel der Umsätze steht. Ein Fünftel stammt von Haushaltsreinigern, der Rest entfällt auf Nahrungsmittel und Getränke. Zu diesem Geschäftsbereich gehört auch Ben & Jerry's - neben anderen Eiscreme-Marken wie Langnese, Solero oder Magnum.

Bei seiner Übernahme im Jahr 2000 ist der US-Hersteller eben in einer sehr großen Familie mit sehr vielen Geschwister-Marken gelandet.

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