Süddeutsche Zeitung

Facebook-Gründer:Noch kurz die Welt retten

  • Facebook-Gründer Mark Zuckerberg will den allergrößten Teil seiner Aktien - und damit seines Vermögens - spenden.
  • Damit folgt er dem Vorbild vieler amerikanischer Großindustrieller, die in den USA etwa Universitäten gegründet haben.
  • Ganz ohne eigenen Nutzen ist die Spende für Zuckerberg allerdings nicht: Er und seine Erben sparen so auch Steuern.

Von Kathrin Werner

Max muss mit gut einem Prozent der Familienaktien auskommen, den Rest wollen ihre Eltern spenden. Das kleine Mädchen, sein voller Name ist offenbar Maxima, ist an diesem Dienstag zur Welt gekommen, sein Vater ist ein berühmter und sehr reicher Mann: Mark Zuckerberg. "Du hast uns einen Grund gegeben, über die Welt nachzudenken, in der du leben wirst", schreibt er in einem Brief an seine Tochter, den er - natürlich - bei Facebook veröffentlicht. "Wie alle Eltern möchten wir, dass du in einer besseren Welt als der heutigen aufwächst." Und deshalb geht das Familienvermögen nicht an Max, sondern an wohltätige Zwecke.

Der Gründer des sozialen Netzwerks Facebook und seine Frau Priscilla Chan haben verkündet, dass sie im Laufe ihres Lebens 99 Prozent ihrer Facebook-Aktien spenden werden. Derzeit ist dieses Aktienpaket rund 45 Milliarden Dollar wert. Zuckerberg und Chan wollen Projekte unterstützen, die die Welt von Krankheiten, Hunger und Ungleichheit befreien, sie wollen Bildung, saubere Energien und Zugang zu Technik für alle Menschen fördern. Geld soll auch in die Entwicklung neuer Technologien fließen, etwa in Lernprogramme für Kinder, eines von Zuckerbergs Lieblingsthemen. Der Gründer und seine Frau wollen die Welt verbessern. "Wir werden unseren Teil dazu beitragen, nicht nur weil wir dich lieben, sondern auch, weil wir eine moralische Verpflichtung gegenüber allen Kindern der nächsten Generation haben", schreiben sie an Max. Zuckerberg ist gerade mal 31 Jahre alt. Die Probleme, denen sich seine Stiftung widmen soll, schrieb er an seine Tochter, "sind zu wichtig, um zu warten, bis du oder wir älter sind".

Großzügige Spenden haben Tradition in USA

Großzügige Spenden sind in den USA üblich: Mit großem Vermögen kommt auch große Verantwortung. Die zehn größten Spender gaben im vergangenen Jahr 7,1 Milliarden Dollar von ihrem Gesamtvermögen von 377 Milliarden Dollar ab. Nicht nur die Superreichen geben, auch die Mittelklasse: 2014 haben Amerikaner 358,4 Milliarden Dollar gespendet, 7,1 Prozent mehr als im Jahr davor. Ein Durchschnittshaushalt gibt laut National Philantropic Trust 3000 Dollar (2840 Euro). Zum Vergleich: Die Deutschen haben laut dem Marktforscher GfK 2014 rund fünf Milliarden Euro gespendet. Hinter der Großzügigkeit der Amerikaner steckt auch der Glaube, schließlich sind die Amerikaner im Vergleich religiöser, und die meisten Religionen verpflichten zu Spenden, der Glaube der puritanischen Einwanderer hat die Gesellschaft geprägt.

Deshalb sind besonders die Wochen vor Weihnachten die Zeit für Charity. Eine Gruppe von Hilfsorganisationen hat den 1. Dezember jetzt sogar zum "Giving Tuesday" erklärt - nach dem Thanksgiving-Fest und dem damit alljährlich verknüpftem Shopping-Event Black Friday, an dem es große Rabatte gibt, forderten sie Amerikaner dazu auf, an dem Tag etwas zu spenden. Zuckerberg ist ihrem Aufruf gefolgt. In der Vorweihnachtszeit sind die Briefkästen der Amerikaner Tag für Tag voll mit Briefen und Hochglanzprospekten, in denen Museen, Theater, Obdachlosenunterkünfte, Entwicklungshilfe- und Umweltgruppen, die Kinderkrebshilfe oder die Stiftung der Nationalparks um milde Gaben bitten. In New York gibt es fast jeden Abend Galas, in denen jemand Spenden sammelt. Hier treffen sich die Reichen und Schönen der Stadt. Laut dem National Center for Charitable Statistics gibt es in den USA 2,3 Millionen sogenannter Non-Profits, die hauptsächlich von Spenden leben. Wo der Staat weniger zuschießt, springen Privatleute ein: Ohne die Donations käme das öffentliche Leben in den USA zum Stillstand, es gibt deutlich weniger Subventionen etwa für Kultur als in Deutschland.

Hörsäle und ganze Lehrstühle mit den Namen der Gönner

Im Unterschied zum Mittelstand können die Superreichen ihren Namen per Spende verewigen. In Universitäten sind oft einzelne Hörsäle und manchmal sogar gesamte Lehrstühle nach einem Gönner benannt. Wer das Ballett, die Konzerte oder die Oper im New Yorker Lincoln Center besucht, kann kaum einen Schritt machen, ohne ein gesponsertes Etwas zu betreten - sogar die Betontreppe an der Außenseite trägt einen Spendernamen. Eine Kuriosität: 2014 überwies das Lincoln Center der Familie Fisher 15 Millionen Dollar, damit sie auf den Namen Avery Fisher Hall verzichtet. Das Lincoln Center wollte einen neuen Mäzen mit dem Recht anlocken, das berühmte Konzertgebäude, das einst Philharmonic Hall hieß, nach sich zu benennen. Mit Erfolg: Der Hollywood-Milliardär David Geffen spendete 100 Millionen Dollar für die Renovierung, jetzt spielen die Philharmoniker in der David Geffen Hall.

Die amerikanische Philanthropie hat Tradition bis zurück ins 19. Jahrhundert. Schon Andrew Carnegie, der Stahl-Magnat aus Pittsburgh, und John Rockefeller, der mit Ölgeschäften reich wurde, waren große Wohltäter. Rockefellers Spenden führten zur Gründung von Universitäten in Chicago und New York. Carnegie gründete eine Uni in Pittsburgh, die heutige Carnegie Mellon University. Ihn trieb auch der Gedanke, dass sich die Kinder und Enkel anstrengen und selbst erfolgreich sein sollen, die "Faulen, die Trunkenen, die Unwürdigen" sollten keinen Reichtum behalten, schrieb er. 90 Prozent seines Vermögens spendete er ab 1901 für wohltätige Zwecke.

Für die Milliardäre von heute gibt es den "Giving Pledge". Bill Gates, der reichste Mensch der Welt, hat die Initiative gemeinsam mit dem legendären Investor Warren Buffett 2010 gegründet. Sie verpflichteten sich, die Mehrheit ihres Vermögens für gute Zwecke zu spenden, und forderten andere auf, es ihnen gleichzutun. Bisher haben sich 138 Milliardäre angeschlossen, darunter SAP-Gründer Hasso Plattner, Tesla-Gründer Elon Musk, Investor Carl Icahn und New Yorks Ex-Bürgermeister Michael Bloomberg. Zuckerberg war einer der ersten Unterzeichner, er hat schon etliche Millionen gespendet, etwa für Schulen.

Steuervorteile für Zuckerberg und seine Erben

Seine Aktien gibt er nicht alle auf einmal ab, sondern nach und nach. Er behält also für die nähere Zukunft die wichtigen Stimmrechte für die von ihm gegründete Firma und will auch Facebook-Chef bleiben. In einer Mitteilung an die Börsenaufsicht SEC schrieb das Unternehmen, dass Zuckerberg in den nächsten drei Jahren Aktien im Wert von jeweils nicht mehr als einer Milliarde Dollar pro Jahr übertragen will. Größere Summen könnten Durcheinander an der Börse bringen.

Interessant ist auch die Rechtsform, die Zuckerberg für seine Spenden gewählt hat. Er bringt die Aktien nicht in eine Stiftung oder den üblichen Charitable Trust ein, sondern in die Chan-Zuckerberg-Initiative, LLC. LLC steht für Limited Liability Company, die Rechtsform ist in den USA relativ neu und von der deutschen GmbH abgeleitet. Die Haftung der Eigner ist beschränkt, wenn die LLC Verluste schreibt, ist das Privatvermögen also sicher. Die LLC gilt aber nicht als Unternehmen und wird nicht selbst mit Steuern belegt, die Gewinne oder Verluste melden die Eigentümer in ihrer eigenen Steuererklärung. Die Chan-Zuckerberg-Initiative soll auch investieren, die Gewinne fließen wiederum an wohltätigte Zwecke. Die Übertragung ihres Vermögens bringt den Reichen auch Steuervorteile, unter anderem bei der Kapitalertragsteuer. Und ihre Nachkommen müssen keine Erbschaftsteuer zahlen.

Zuckerbilds Vorbild dürfte die berühmte Bill-&.-Melinda-Gates-Stiftung sein, die entstand, als der Microsoft-Gründer 45 Jahre alt wurde. Sie überprüft genau mit Daten und Zahlen, welche Maßnahmen und Investitionen sich lohnen und verteilt das Geld für ähnliche Zwecke wie Zuckerberg. Der Facebook-Gründer nennt Gates einen "Helden meiner Kindheit".

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Quelle:
SZ vom 03.12.2015/sry
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