Marathon-Verhandlung über Lkw-Maut:Warten auf die Entscheidung

Fast zwölf Stunden verhandelte Manfred Stolpe mit Toll Collect über den endgültigen Vertrag zur Autobahn-Maut. Um 6 Uhr morgens legte das Betreiberkonsortium ein neues Angebot vor, das genau durchgerechnet wurde. Dann teilte ein Sprecher mit: "Es ist gibt ein Ergebnis", welches der Verkehrsminister in Kürze vorstellen will.

Die zentralen Fragen der Verhandlung seien nach wie vor Haftung und Strafzahlungen für den Fall, dass das satellitengestützte Mautsystem nicht zum vorgesehenen Zeitpunkt - 2005 für eine Light-Variante und 2006 für das voll funktionsfähige System - eingeführt werden kann, sagte Ministeriumssprecher Felix Stenschke nach der Vorlage des neuen Angebots.

truck_AP

Wann wird sie kommen, die Lkw-Maut auf deutschen Autobahnen?

(Foto: Foto: AP)

Der Bund verlangt bei weiteren Fehlschlägen vollen Schadensausgleich. Den wollen die hinter dem Konsortium stehenden Konzerne DaimlerChrysler, Deutsche Telekom und Cofiroute auf 500 oder allenfalls 600 Millionen Euro begrenzen. Dieser Summe stehen jedoch Einnahmeausfälle im Verkehrshaushalt von fast drei Milliarden Euro gegenüber.

Bis zur Vorlage des neuen Angebots hatte es geheißen, die Wahrscheinlichkeit von Kündigung und Fortsetzung des Toll-Collect- Vertrages hielten sich die Waage. "Das Ergebnis ist noch immer offen", hatte Stenschke wenige Stunden zuvor erklärt. "Ich kann keine Prognose wagen."

Monatelange Hängepartie soll beendet werden

Über Stunden hatte sich die Suche nach Lösungen im Maut-Streit als äußerst schwierig erwiesen. Als sicher gilt jedoch, dass heute eine Entscheidung über Fortführung oder Kündigung des Vertrages fällt. Eine Vertagung sei nie diskutiert worden, hieß es aus Verhandlungskreisen.

Nach monatelanger Hängepartie hatte Verkehrsminister Manfred Stolpe (SPD) auch unter dem Druck des Parlaments angekündigt, er werde sich nach dieser Sitzung abschließend und endgültig äußern.

Verkehrsexperte Schmidt erwartet Kündigung

Trotz der Bewegung in den Mautverhandlungen rechnet der verkehrspolitische Sprecher der Grünen, Albert Schmidt, weiterhin mit einer Kündigung des Konsortiums Toll Collect. Das Rennen sei zwar offen, sagte Schmidt im ZDF-Morgenmagazin. "Aber das Konsortium scheint knallhart zu bleiben, so dass ich eher mit einer negativen Entscheidung rechne."

Der Grund für die bisherige Kompromisslosigkeit liege darin, dass es um sehr viel Geld gehe, erläuterte der Grünen-Politiker. So habe der Bund bei betrieblichen Pannen des Mautsystems Anspruch auf eine Entschädigung von jährlich 2,8 Milliarden Euro. Denen stehe ein Angebot von nur 500, höchstens 600 Millionen gegenüber.

"Da sind wirklich Welten dazwischen. Also auf solche Haftungsdeckelungen zu Lasten des Bundes können wir uns nicht einlassen. Solange ich keine bessere Ansage und Bedingungen von Toll Collect sehe, halte ich eine Kündigung für unausweichlich."

Auch Vertreter des Haushaltsausschusses des Bundestags hatten Stolpe zuletzt zur Vorbereitung der Vertragskündigung aufgefordert.

Verhandlungsbeginn um 21 Uhr

Dem Konsortium Toll Collect werden zahlreiche technische Pannen bei der seit Ende August 2003 überfälligen Maut angelastet. Auch geht es um Leistungsminderungen und ein automatisches vom Bund abgelehntes Kündigungsrecht von Toll Collect, sofern das Unternehmen auch die neuen Maut-Einführungstermine Anfang 2005 und 2006 um mindestens jeweils ein halbes Jahr verpasst.

Stolpe und die Manager von Toll Collect verhandeln seit 21 Uhr mit Unterbrechungen über die Bedingungen der Maut-Einführung, die seit August bereits zwei Mal verschoben worden ist. Über den Inhalt des neuesten Vorschlages wurde nichts bekannt.

Ob die für 09:30 Uhr angesetzte Pressekonferenz stattfinden kann, hing weiterhin von den Fortschritten bei den Verhandlungen ab. Auch eine Kündigung des Vertrags wurde weiterhin nicht völlig ausgeschlossen.

Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: