Manager-Gier in den USA:Goldener Herzschlag

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US-Manager lassen sich ihren Ausstieg aus der Arbeit vergolden, und das noch über den Tod hinaus. Die letzte Ruhe bietet Stoff für eine unselige Diskussion.

Melanie Ahlemeier

Sollte Brian L. Roberts, Chef des US-Telekommunikationskonzerns Comcast, in absehbarer Zeit tot umfallen - die Trauer seiner nächsten Angehörigen könnte sich in Grenzen halten. Mehr als 298 Millionen Dollar fielen den Hinterbliebenen in den ersten fünf Jahren nach Roberts' Tod zu - inklusive Boni. Solch eine Summe dürfte auch ob eines plötzlichen und unerwarteten Todes aufgewühlte Hinterbliebene relativ schnell beruhigen.

Die Hände zum Gebet: In den USA halten Angehörige von Topmanagern auch nach deren Tod die Hände auf und kassieren kräftig ab. (Foto: Foto: ddp)

Sterbegeld in XXL-Format

Kaum weniger Geld ginge an die Erben von Eugene M. Isenberg. Fürs Ableben des Chefs von Nabors Industries, einem Bohr-Spezialisten, bekämen die trauernden Angehörigen vom Konzern insgesamt 288 Millionen Dollar, wie das Pflichtblatt des US-Kapitalismus, das Wall Street Journal, berichtet. Die Verwandtschaft von Walt-Disney-Chef Robert Iger könnte auf 62,4 Millionen Dollar spekulieren, die von Boeing-Boss Walter James McNerney - qua Amt ohnehin ein Grenzgänger - immerhin noch auf mehr als 42 Millionen Dollar.

Der Grund für den finanziellen Leichenschmaus: Mächtige US-Konzernbosse haben sich zu Lebzeiten hervorragend abgesichert und belasten nach Kräften die Konzernbilanz. Etliche von ihnen haben nicht nur für hiesige Verhältnisse ein horrendes Jahressalär plus Boni und Aktienoptionen im Arbeitsvertrag stehen, sondern obendrein eine millionenschwere Lebensversicherung - natürlich vom Arbeitgeber finanziert.

"Golden Coffin" (goldener Sarg) nennen das US-Gehaltsexperten, die für solch ein Sterbegeld in XXL-Format kein Verständnis haben. Sie halten sich nicht an die ungeschriebene Regel, über Tote nur Gutes zu sagen.

Schock für Familie und Unternehmen gleichermaßen

Das Salär nach dem Tod entbehre jeder Grundlage, argumentieren sie. "Pay for performance" als Grundsatz der Wirtschaft gelte nach dem Ableben schlicht nicht mehr. Und die monatlichen Beiträge zur Lebensversicherung solle der "Big Boss" mit seinem hohen Gehalt zu Lebzeiten bitte schön selbst zahlen - nicht die Firma.

Die Konzerne wiederum halten den Kritikern entgegen: So ein plötzlicher Tod sei ein Schock nicht nur für das Unternehmen, sondern vor allem für die Angehörigen - und berufen sich auf die soziale Verantwortung gegenüber dem Arbeitnehmer oder eben den Hinterbliebenen.

Ebenfalls ein gern genutztes Argument für die Millionen nach dem Herzstillstand: Um gute Manager im Unternehmen zu halten, müsse ein ansprechendes Finanzpaket geschnürt werden - eine ordentlich dotierte Lebensversicherung sei Pflicht. Das allerdings lässt der New Yorker Gehaltsexperte Steven Hall nicht gelten: "Wenn der Konzernchef tot ist, muss er nicht mehr an das Unternehmen gebunden werden."

In den USA werden die Zahlungen posthum bereits seit einiger Zeit kontrovers diskutiert. Zwischenergebnis der mitunter emotional geführten Debatte? Alles ist möglich - Hauptsache der Profit stimmt.

Ob das letzte Hemd Taschen hat oder nicht, wurde dabei allerdings noch nicht abschließend geklärt.

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