Topmanagement:Im Zweifel für den Mann

Topmanagement: Antoine de Saint-Affrique bekam den Vorzug. Die Regierung in Paris ist darüber gar nicht glücklich.

Antoine de Saint-Affrique bekam den Vorzug. Die Regierung in Paris ist darüber gar nicht glücklich.

(Foto: VALERIANO DI DOMENICO/AFP)

Der Joghurtkonzern Danone entscheidet sich gegen eine Chefin - und beruft einen Chef. Die Regierung in Paris sieht sich bestätigt: Eine gesetzliche Frauenquote in Vorständen ist nötig.

Von Leo Klimm, Paris

Der Verwaltungsrat hatte die Wahl zwischen zwei ebenbürtigen Kandidaten. Zwischen einem profilierten Manager - und einer profilierten Managerin. Das Gremium entschied sich für den Mann: Antoine de Saint-Affrique, bisher Chef des Kakaoherstellers Barry Callebaut, soll den kriselnden französischen Danone-Konzern ab 15. September führen. Der Beschluss des Verwaltungsrats des weltweit größten Herstellers frischer Milchprodukte wurde am Montagabend bekannt gegeben. De Saint-Affriques Konkurrentin Nathalie Roos, bis vor Kurzem Vorständin beim Beauty-Konzern L'Oréal, geht leer aus. Doch die Entscheidung zulasten der weiblichen Kandidatin sorgt in Frankreich bis in die Reihen der Regierung für Kritik.

Schon der Rauswurf des früheren Danone-Lenkers Emmanuel Faber im Winter, der nun die Nachbesetzung des Chefpostens nötig machte, wirkte wie die Rückkehr zum hergebrachten, konservativen Firmenbild: Faber hatte soziale und ökologische Belange als gleichberechtigte Ziele neben klassischem Profitstreben definiert - doch gerade mit den Gewinnen waren die Aktionäre nicht zufrieden. Jetzt zieht der Verwaltungsrat um dessen Vorsitzenden Gilles Schnepp bei der Spitzenpersonalie einen Mann vor. Von allen Unternehmen aus dem Pariser Index 40 CAC, in dem die größten börsennotierten Konzerne Frankreichs geführt sind, wird damit auch künftig nur eines von einer Frau geleitet: der Energieversorger Engie.

"Grundsätzliche Blockade"

Roos bringe "die benötigten Fähigkeiten und die Persönlichkeit mit. Und trotzdem reicht es nicht für sie", beklagt Olivier Marti, Chef der spezialisierten Personalberatung Women First in der Zeitung Le Parisien. "Es scheint hier eine grundsätzliche Blockade zu geben." Marti sieht demnach sexistische Entscheidungsmuster am Werk. Bitter für Roos: Als es 2020 um die Neubesetzung des Vorstandsvorsitzes bei L'Oréal ging, wurde sie schon einmal übergangen. Ein Mann bekam den Vorzug.

"Ich respektiere die Wahl des Unternehmens", sagt Élisabeth Moreno, beigeordnete Ministerin für Gleichstellungsfragen, mit Blick auf Danone. "Es wäre aber ein starkes Signal des Fortschritts gewesen, eine zweite Frau an der Spitze eines CAC-40-Konzerns zu haben."

Die Ministerin sieht den Fall Roos als weitere Bestätigung für ein jüngst verabschiedetes Gesetz zur Frauenquote in Firmenvorständen, wie es ähnlich in Deutschland geplant ist: Vergangene Woche verabschiedete die französische Nationalversammlung verpflichtende Regeln, denen zufolge von 2027 an 30 Prozent der Posten im höchsten Entscheidungsgremium von mittelgroßen und großen Unternehmen weiblich besetzt sein müssen; von 2030 an beträgt die Quote 40 Prozent. Zurzeit liegt der Anteil bei 22 Prozent. In den Verwaltungsräten gilt in Frankreich schon seit zehn Jahren eine gesetzliche Quote. Dadurch erreichte der Frauenanteil in den Kontrollgremien zuletzt etwa 45 Prozent.

Der neue Mann verspricht Erfolg

An der Börse spielt der Geschlechterkampf um die Führung von Danone und anderer Konzerne offensichtlich keine Rolle: De Saint-Affriques bevorstehende Berufung jedenfalls beflügelte die lange gebeutelte Danone-Aktie am Montag. De Saint-Affrique, 56, wird von seinen Fürsprechern zugutegehalten, dass er schon Erfahrung als Unternehmenschef hat und bei Investoren wohl gelitten ist. Der Absolvent der US-Elite-Uni Harvard und Ex-Manager des Konsumgüterherstellers Unilever stand seit 2015 an der Spitze des Schweizer Konzerns Barry Callebaut - und führte den größten Kakaoproduzenten der Welt mit Erfolg. Vor wenigen Wochen kündigte er überraschend seinen Rücktritt an, was Spekulationen um die Rückkehr in seine Heimat Frankreich und um einen Wechsel zum größeren Danone-Konzern auslöste.

Auch de Saint-Affriques Konkurrentin Roos, 55, kann auf Erfolge verweisen. Die L'Oréal-Sparte für Profiprodukte wuchs unter ihrer Leitung stetig. Zuvor war die Elsässerin ebenfalls in der Lebensmittelindustrie tätig, beim US-Konzern Mars. In Paris gilt Roos als eine der einflussreichsten Frauen der französischen Geschäftswelt. Doch so weit, Danone-Chefin zu werden, reicht ihr Einfluss nicht.

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