Magna soll Opel übernehmen:"Die holen jetzt die Motorsäge raus"

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Autozulieferer Magna will mit Opel einen Autohersteller wieder flott bekommen, der seit Jahren nur Verluste macht. Wie soll das gelingen?

Die Erleicherung scheint groß zu sein. Magna übernimmt Opel und alles ist gut. Wirklich? Die beiden unabhängigen Fachleute, die die Bundesregierung in die Opel-Treuhand entsandte, haben erhebliche Zweifel an der Tragfähigkeit des neuen Konzepts von Magna - daher stimmte der frühere Conti-Chef Manfred Wennemer gegen die Übernahme, und der Insolvenzexperte Dirk Pfeil enthielt sich der Stimme - offenbar, um im Beirat mit den insgesamt vier Stimmberechtigen Mitgliedern ein Patt zu vermeiden. Später sprach Pfeil von einer politischen Entscheidung, bei der betriebswirtschaftliche Kriterien weniger wichtig waren.

Wennemer bezweifelt, dass sich Opel am Markt durchsetzen und wettbewerbsfähig sein werde. Mit 1,5 Millionen Autos produziere das neue Unternehmen im Jahr 2012/13 "viel zu wenig, um effizient zu sein".

Wenn der Geschäftsplan der neuen Gesellschaft erfüllt werde, müsse sie 2011 Insolvenz anmelden, zitiert ihn die FAZ. Davor könnte sie nur eine Änderung des Insolvenzrechtstes schützen. Das Unternehmen sei auch künftig zu klein, produziere zu teuer und an den falschen Standorten. Jetzt liege das gesamte Risiko auf den Schultern der Steuerzahler.

Magna-Eigentümer Frank Stronach dämpfte ebenfalls in einem Interview mit der Boulevardzeitung Österreich jede Euphorie: "Opel hat schon lange keinen Profit mehr gemacht und die Wirtschaft ist zurzeit auch nicht so blühend. Es wird für alle Beteiligten ein harter Weg werden. Wir sind sicher erst am Anfang."

"Kantiger Arbeitgeber"

Die Eckdaten der Magna-Pläne waren früher schon durchgesickert: Das Unternehmen will offenbar rund 3000 der mehr als 25.000 Opel-Arbeitsplätze in Deutschland streichen, dabei aber alle vier deutschen Standorte erhalten. Europaweit sollen rund 10.500 Stellen bei Opel und der britischen Schwester Vauxhall wefallen - das wäre jeder fünfte Arbeitsplatz.

Die IG Metall erwartet denn auch zähe Verhandlungen: "Magna ist ein harter, kantiger Arbeitgeber angelsächsischer Prägung", warnte der Frankfurter IG-Metall-Bezirksvorsitzende und Opel-Aufsichtsrat Armin Schild. "Die holen jetzt sofort die Motorsäge raus."

Gestritten werden dürfte vor allem um die angestrebten Sanierungsbeiträge der Beschäftigten des Autobauers. Die IG Metall will die eingeforderten Beiträge nicht ohne Gegenleistung bringen. "Unsere Untergrenze ist der Flächentarifvertrag. Wir machen uns schließlich nicht selber Konkurrenz", sagte Schild. Allenfalls zeitweise könne vom Flächentarif abgewichen werden.

Von Beginn an sei klar gewesen, dass es bei "New Opel" keine betriebsbedingten Kündigungen und keine Werks- und Standortschließungen geben dürfe. Es sei auch keineswegs ausgemachte Sache, dass ein Arbeitnehmerbeitrag von 1,2 Milliarden Euro tatsächlich nur einem Unternehmensanteil von zehn Prozent entspreche. Die Belegschaft erwarte für ihre Beiträge eine Verbesserung der Mitbestimmung bei Opel und fordere eine zukunftsorientierte Unternehmensstrategie, sagte der Gewerkschafter.

Freie Bahn für GM

Magna hat aber noch weitere Probleme: GM bleibt mit 35 Prozent an Opel beteiligt und will sich damit den uneingeschränkten Zutritt zum Allerheiligsten der Autofirma offenhalten: der Entwicklungsabteilung.

Zudem hat aufgrund der Vereinbarung mit den Amerikanern Opel künftig keinen Zutritt zu wichtigen Märkten wie China und USA, Kanada und Südkorea. Überdies muss Magna Interessenskonflikte mit den bisherigen Kunden der Autozulieferers vermeiden. Das Unternehmen baut für große Autohersteller wie BMW und VW Sondermodelle und erhält dadurch tiefen Einblick in die Fahrzeugtechnik anderer.

"Sobald die Übernahme erfolgreich abgeschlossen ist, wird Magna angemessene 'Firewalls' errichten, um eine vollständige Trennung zwischen dem laufenden Autozuliefergeschäft und Opel zu garantieren, so dass vertrauliche Kundeninformationen umfassend geschützt bleiben", versicherte Magna-Mann Stronach denn auch eilig.

Ob freilich die anderen Unternehmen dem Glauben schenken, ist offen: Volkswagen hatte bereits vor kurzem angekündigt, bei der Vergabe von neuen Aufträgen genau zu prüfen, ob mit dem Zusammenschluss des Rüsselsheimer Autobauers und Magna Wettbewerbsnachteile für VW entstünden.

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