Süddeutsche Zeitung

Märkte bejubeln EZB-Chef:Draghi will Euro um jeden Preis retten

Mario Draghi will den Zusammenbruch des Euro verhindern - koste es was es wolle. Mit einer resoluten Ankündigung versetzt der italienische EZB-Chef die Märkte in Euphorie. Die Zentralbank hat tatsächlich die Mittel, um die angeschlagenen Euro-Staaten zu entlasten. Doch der Einsatz wäre nicht ohne Risiko.

Ein Zentralbanker hat Macht: Er kann Geld schaffen. Und er kann mit Worten viel bewegen. An diesem Donnerstag nun hat Mario Draghi, der Chef der Europäischen Zentralbank, viel geredet - und angedeutet, dass Geld keine Rolle spielt. "Die EZB wird alles Notwendige tun, um den Euro zu erhalten", sagte er auf einer Investorenkonferenz in London. "Und glauben Sie mir - es wird ausreichen."

An den Märkten schossen daraufhin der Euro und Aktienkurse nach oben. Und, weit wichtiger: Die Renditen für zehnjährige spanische Anleihen fielen wieder unter die Marke von sieben Prozent. Dieser Wert gilt als Krisenmaßstab - lange kann ein Land mit Spaniens Schuldenlast solch hohen Zinsen nicht ertragen. Eine Woche lang hatte Madrid mit einem so hohen Wert zu kämpfen - nach Draghis Worten deutet sich nun etwas Entspannung an.

Eine Option könnten in diesem Zusammenhang Anleihenkäufe sein. Staaten versteigern ihre Schulden, diese Papiere werden dann auf dem sogenannten Sekundärmarkt gehandelt. Hier könnte die EZB in aller Stille als Käufer auftreten und so die Renditen für Staaten wie Spanien und Italien drücken. 2010 hatte sie bereits 211 Milliarden Euro auf diese Weise investiert.

Anleihenkäufe stehen in der Kritik

Den Steuerzahler kosten solche Operationen zunächst nichts, die Zentralbank erschafft ja ihr eigenes Geld. An alten griechischen Anleihen, die die EZB auf dem Sekundärmarkt gekauft hatte, verdienen die Steuerzahler der Euro-Zone im Moment sogar: Griechenland zahlt die Kredite mit Zinsen zurück, die Gewinne daraus fließen in die Budgets der Euro-Länder. Wenn allerdings ein Land in die Pleite rutscht, wäre wohl das Geld der EZB verloren.

Die Anleihenkäufe der EZB werden durchaus kritisiert: Einerseits, weil damit der Druck auf die Krisenländer verloren gehe, die notwendigen Reformen durchzuziehen. Andererseits weil es der EZB nicht erlaubt ist, Staaten direkt Kredite zu geben. Das aber würde sie mit dem Kauf von Staatsanleihen tun.

Die Zentralbank ist zuerst der Preisstabilität verpflichtet, bekämpft also die Inflation. Politiker hätten oft lieber ein wenig mehr Inflation, um großzüger Geld für Wahlversprechen ausgeben zu können, hat die EZB gerade in einer eigenen Studie festgestellt.

Die EZB hatte vor drei Wochen den Leitzins auf das historische Tief von 0,75 Prozent gesetzt. In normalen Zeiten gilt der Leitzins als schärfstes Schwert einer Notenbank. Doch damals schon deutete die EZB an, die Zinssenkung werde wohl wenig bringen, der Märkt könnte sich auf neue Maßnahmen einstellen. Welche das sein werden, lässt Draghi allerdings auch jetzt offen.

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