Madonna:Ganz materiell

Die Popkünstlerin Madonna ist eine der gewieftesten Geschäftsfrauen Amerikas. In unzähligen Videos hat man sie tanzen, schwitzen und sich dehnen gesehen: Jetzt will sie eine Fitnessstudio-Kette starten.

Jörg Häntzschel, New York

Madonna hat einen Body-Mass-Index, von dem andere 52-jährige Frauen nur träumen können. In unzähligen Videos hat man sie tanzen, schwitzen und sich dehnen gesehen. Sie mag bei ihren Konzerten öfter mal die Peitsche schwingen, doch in Wahrheit nimmt sie sich selbst immer härter ran als ihre 20-jährigen Tänzer. Als sie vorige Woche ankündigte, eine Kette von Fitnessstudios zu eröffnen, schüttelten dennoch viele den Kopf. Fitnessstudios? Wirklich? Und ausgerechnet in Mexico City? Und dann der Name Hard Candy Fitness: "Hard" mag gut klingen, aber "Candy"?

Sängerin Madonna agiert kraftvoll bei ihrem Auftritt der 'Sticky & Sweet Tour' in Madrid. Ihr hartes Fintnesstraining, sowie ihr Händchen fürs Geld sind Markenzeichen.

Sängerin Madonna agiert kraftvoll bei ihrem Auftritt der 'Sticky & Sweet Tour' in Madrid. Ihr hartes Fitnesstraining, sowie ihr Händchen fürs Geld sind Markenzeichen.

(Foto: AFP)

Man ist ja einiges gewöhnt von den Berühmtheiten und ihren Geschäftsideen. Doch in der Regel beschränken sie sich darauf, ihren Namen für Handtaschen und Parfüms herzugeben. Mit Fitness haben zwar einige alternde Filmstars ihren Ruhm noch einmal befördert, wie etwa Jane Fonda - aber Madonna? Und dann noch eine ganze Kette - dem Laden in Mexiko City sollen zehn weitere in Russland, Brasilien, Argentinien und Europa und Asien folgen. Immerhin ist der Markt schon dicht besetzt.

Doch man muss sich um Madonna keine Sorgen machen. Schließlich blieb der Name "Material Girl", nach ihrem gleichnamigen Hit von 1985, nicht umsonst an ihr kleben. Madonna hat es nicht nur geschafft, ihre Karriere weit über das natürliche Verfallsdatum vor allem weiblicher Stars hinaus zu verlängern: Ihre jüngste Tournee, "Sticky & Sweet", spielte unglaubliche 408 Millionen Dollar ein - die erfolgreichste Solotour der Popgeschichte. Sie ist auch eine der gewieftesten Businessfrauen Amerikas.

Ihr Händchen fürs Geld offenbarte sich schon Ende der Siebziger, als sie noch Madonna Ciccone hieß und gerade aus der Detroiter Vorstadt nach New York gezogen war, um modernen Tanz zu studieren. Sie hatte schnell kapiert, dass die Action eher in den Discos und Nachtclubs der Stadt zu finden war, denn in den ernsten Tanzakademien, wo hungrige 20-Jährige dem aussichtslosen Traum nachhingen, die nächsten Nurejews zu werden.

Anstatt weiter Donuts zu verkaufen, tanzte sie auf der Club-Bühne, wo sie in einer halben Stunde 1000 Dollar verdiente, wie sich ihr Bruder Christopher, der selbst Tänzer war, in seinem vor zwei Jahren erschienenen Buch "Life with My Sister Madonna" erinnert.

Madonna holt finanziell alles heraus

Kaum war sie nach dem ersten Plattenvertrag an Freddy DeMann geraten, damals Michael Jacksons Manager, ging ihre Musikkarriere mit Hits wie "Holiday" und "Lucky Star", gefolgt von dem Megaseller "Like A Virgin", durch die Decke. Noch bemerkenswerter als diese Erfolge war jedoch, wie geschickt Madonna ihre eben erst erlangte Berühmtheit finanziell ausschlachtete.

Wer sie im Publikum seiner Modenschau haben wollte, musste 10.000 Dollar bezahlen. Wer sie im Studio fotografieren wollte, musste die Rechte an den Bildern an sie abtreten. Lange vor den meisten anderen witterte sie die neue Celebrity-Kultur und trug entscheidend dazu bei, deren heute allgemein gültige Spielregeln zu schreiben.

Erfolgreiche Platten zu produzieren, genügte in dieser neuen Ära nicht mehr. Als Superstar musste man nun auf allen Kanälen präsent sein, die Maschine mit immer neuem Stoff füttern. Dass sich ihr schauspielerisches Talent in Grenzen hielt, hielt sie deshalb nicht davon ab, angefangen mit "Desperately Seeking Susan" in etlichen Filmen mitzuspielen. Und ebenso wenig zögerte sie, 1992 den Softporno-Prachtband "Sex" herauszubringen und damit eine profitable Kontroverse zu produzieren, bloß weil andere Frauen vielleicht schöner waren.

Skandal-Spot ist hochwillkommen

Der Band, von dem in wenigen Tagen 1,5 Millionen Exemplare verkauft wurden, war eines der ersten Produkte ihrer Firma Maverick, mit der Madonna die Synergieeffekte ihrer Bekanntheit maximieren und von der anderer Stars wie Alanis Morissette profitieren wollte. Schallplatten, Filme, Bücher, Fernsehen, Merchandising: alles wurde unter einem Dach produziert, und das zu Madonnas stets gnadenlosem Beat.

Nebenbei verlieh sie ihr Image für Werbung: Versace, The Gap, H&M, BMW und andere zeigten sie in ihren Kampagnen. Doch mehr als Autos oder Kleider bewarb sie sich damit selbst - und wurde noch bezahlt dafür. Am wunderbarsten gelang ihr das mit dem berühmten Pepsi-Spot, den sie 1989 für eine Gage von angeblich fünf Millionen Dollar produzierte. Nach Protesten gegen die vermeintlich blasphemischen Szenen zog Pepsi den Spot zurück. Außer den Millionen fiel Madonna damit noch ein hochwillkommener Skandal in den Schoß.

Doch als das Internet begann, an den Geschäften der Plattenbranche zu nagen, ging es auch mit Maverick bergab. Madonna witterte die Gefahr und suchte nach einem eleganten Ausstieg. 2004 verklagte sie den Medienkonzern Time Warner, der eine Minderheit an ihrer Firma hielt, wegen Vertragsverletzung und Unregelmäßigkeiten in der Buchhaltung. Der Konzern fürchtete die schlechte Presse und kaufte ihr eilends ihren Anteil ab. Es war einer ihrer kühnsten Schachzüge.

Doch beileibe nicht der letzte. Weil sie verstanden hatte, dass sich im Popgeschäft das große Geld nicht mehr mit CD-Verkäufen, sondern mit Live-Konzerten verdienen ließ, unterschrieb sie einen Zehn-Jahres-Deal mit dem Konzertveranstalter Live Nation. Auf den ersten Blick schien dieser "360-Grad"-Vertrag allen ihren Prinzipien zu widersprechen.

Er umfasste nicht nur ihre Tourneen, sondern ihren gesamten musikalischen Output, inklusive der Platten. Doch schon bald dämmerte den Konzertmanagern, dass Madonna sie über den Tisch gezogen hatte: Die Rechte an ihren CDs, für die Live Nation viele, viele Millionen bezahlt hatte, waren mit dem ungebremsten Einbrechen des weltweiten Musikmarkts bald nahezu wertlos.

Immobilien sind ihr am liebsten

Madonna, die für ihre Knauserigkeit, ihr Misstrauen und ihr obsessives Micro-Management berüchtigt ist, ist auch bei der Geldanlage extrem vorsichtig. Am liebsten sind ihr Staatsanleihen, schreibt ihr Biograf Andrew Morton. Und Immobilien.

In London besitzt sie sechs Häuser, in Los Angeles eines, und in New York, wo sie ihr 1987 gekauftes Apartment am Central Park durch immer neue Zukäufe in einen wahren Palast verwandelt hat, expandierte sie vor einem Jahr erneut. Sie wartete, bis der Manhattaner Immobilienmarkt seinen Tiefpunkt erreicht hatte und sicherte sich dann ein Townhouse an der Upper East Side mit 26 Zimmern und 13 Bädern - nicht ohne den Preis von 40 auf 32 Millionen heruntergehandelt zu haben.

Wie lange Madonna ihren Körper noch zu jugendlichen Höchstleistungen treten kann, was ihr noch alles einfällt, um die nun schon unfassbare 25 Jahre währende Aufmerksamkeit ihres Publikums weiter zu kitzeln, ist offen. Wann auch immer sie endlich beginnen will mit dem würdigen Alter: Man kann davon ausgehen, dass es sehr lukrativ sein wird.

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