Machtkampf beim Handelskonzern Metro:Böses, böses A-Wort

Als Chef hatte es Eckhard Cordes beim Handelskonzern Metro von Anfang an nicht leicht. Seinen Untergebenen fehlt eine langfristige Strategie, in der Führungsetage heißt es, er habe die Zügel nicht in der Hand. Jetzt könnte eine Verbalentgleisung ihn endgültig den Job kosten.

Karl-Heinz Büschemann

Eckhard Cordes wirkt stets so, als stecke er in einem Korsett. Der 60-jährige Vorstandsvorsitzende des Düsseldorfer Handelskonzerns Metro zeigt sich in der Öffentlichkeit gerade und unterkühlt. Der Mann verkörpert Disziplin. Cordes redet kaum ein Wort zu viel, der Scheitel seiner Kurzhaarfrisur ist so exakt gezogen, als sei er betoniert. Kann es sein, dass sich dieser herrschte Mann um seine Zukunft bringt, weil er einen Vertreter der Arbeitnehmer im Aufsichtsrat "Arschloch" genannt hat?

Metro-Chefsessel wackelt

Metro-Chef Eckhard Cordes muss schon länger um seinen Posten fürchten. Das "A-Wort" könnte ihm nun zum Verhängnis werden.

(Foto: dpa)

Das böse A-Wort haben Mitglieder des Metro-Aufsichtsrats aufgeschnappt, als das Gremium Ende Juli im russischen St. Petersburg tagte. Einer hat es nach Duisburg gemeldet, wo die Unternehmerfamilie Haniel ihren Sitz hat, die bei Metro mit dem Clan der Schmidt-Ruthenbergs das Sagen hat. Die Folgen für den Manager, der seit Monaten angezählt ist, waren fatal. Am Mittwoch, so berichten Insider, teilte der Sippen-Chef Franz Markus Haniel dem Manager mit, man müsse die Verlängerung seines Vertrages noch einmal überdenken - wegen der Petersburger Entgleisung. Ein Metro-Aufsichtsrat sagte der SZ am Freitag, die Chancen für die Verlängerung des Vertrages seien gering geworden. "Die Wolken über ihm werden sehr dunkel", so der Vertreter der Kapitalseite. "Die Zahl seiner Freunde nimmt ab."

Hartnäckige Gerüchte

Schlechter konnte es für Cordes nicht kommen. Am letzten Mittwochabend sollte eine monatelange Hängepartie beendet werden. Zuletzt hatte es so ausgesehen, als seien die Tage von Cordes, dessen Vertrag Ende Oktober 2012 ausläuft, bei Metro gezählt. Zwischen ihm und seinem Aufsichtsratschef Jürgen Kluge herrscht Krieg. Seit fast einem Jahr halten sich die Gerüchte, Kluge, der Vorstandschef des Metro-Großaktionärs Haniel, wolle Cordes loswerden. Seine Solidaritätsbekundungen für Cordes wirken hohl und aufgesetzt.

Der Metro-Chef hängt in der Luft, und das ist zum Schaden des Handelskonzerns, der mehr als 250 000 Beschäftigte und jede Menge Probleme hat - und der nichts so sehr braucht, wie einen handlungsfähigen Vorstandsvorsitzenden. Wohl noch nie wurde der Chef eines Dax-Konzerns auf so quälende Weise öffentlich und scheibchenweise demontiert. Cordes soll sogar schon an Rücktritt gedacht haben, heißt es im Konzern. Dazu ist er fähig: Schon einmal hat der Sohn eines Lederhändlers den Bettel stolz hingeworden, damals, als Dieter Zetsche 2005 zum Chef des Daimler-Konzerns ernannt wurde. Cordes, der seit 1976 in dem Autokonzern war und sich selbst für den richtigen Mann für den Chefposten hielt, kündigte sofort. Er wechselte die Branche und wurde Chef beim Duisburger Familienkonzern Haniel, an dem 800 Firmen hängen, darunter der Cash-and- Carry-Riese Metro, dessen Vorstandschef Cordes später wurde. Der Kaufmann, der bei Daimler als erfolgreich galt, hat seitdem nur wenige gute Tage erlebt. Die Handelsbranche blieb dem einstigen Automanager eher fremd.

Gründe für eine Kündigung gibt es genug

Es kam knüppeldick. Erst musste Cordes den Regiestuhl bei Haniel an Ex-McKinsey-Mann Kluge abtreten sich mit der Leitung von Metro begnügen. Dann fand er keine Strategie für den Krisenkonzern. Mal wollte er die Tochter Kaufhof oder den Lebensmittelfilialisten Real verkaufen, mal wieder nicht. Die Untergebenen haben für dieses Zick-Zack wenig Verständnis. Mancher nimmt Cordes übel, dass er als Haniel-Chef den Anteil des Mischkonzerns an Metro von 16 Prozent auf 34 Prozent erhöhte und damit die Verschuldung der Mutterfirma in bedrohliche Höhen trieb. Aufsichtsräte kreiden ihm an, dass er den Konflikt mit dem Gründer des Metro-Ablegers Media-Saturn, Erich Kellerhals, nicht in den Griff bekommt. Kellerhals hat bei der Elektronik-Kette weitreichende Vetorechte und macht den Metro-Männern das Leben sauer. Das wären durchaus Gründe, einen Vorstandschef zu feuern.

Aber es gibt auch viel Kritik am Aufsichtsratsvorsitzenden Kluge, auch aus dem Kreis der Kontrolleure. Ein Vertreter der Kapitalseite sagt über den ehemaligen Unternehmensberater: "Der hat die Zügel nicht in der Hand. So verselbständigen sich Entwicklungen." Das dürfe nicht weitergehen. Sein Fazit: "Alle nehmen Schaden." Und: "Cordes wird demontiert."

Auch Werner Klockhaus meldet sich zu Wort. Der stellvertretende Aufsichtsratsvorsitzende ist der Mann, den Cordes in St. Petersburg beleidigt haben soll. Im Gespräch mit der SZ gibt sich der Arbeitnehmervertreter gelassen. Die Äußerung sei nach der Sitzung beim Bier an der Theke gefallen, das sei nur Flachs gewesen. Klockhaus: "Das darf man nicht so ernst nehmen. Ich habe ihm das nicht übel genommen." Da sei nichts zurückgeblieben. Hier wolle wohl jemand dem Vorstandschef Schaden zufügen "und zwar gezielt", sagt der Arbeitnehmer-Vertreter. Und diese Person sei sicher nicht im Arbeitnehmerlager zu finden, sondern auf der Kapitalseite.

Er habe, räumt Klockhaus ein, jede Menge Meinungsverschiedenheiten mit Cordes über die Strategie. Er wisse zum Beispiel nicht, wohin der Vorstandschef mit dem Konzern gehen wolle. Die Mitarbeiter würden im Unklaren gelassen. Das könne aber kein Grund sein, ihn auf dem offenen Markt zu diffamieren. "Man kann verschiedener Meinung sein, aber bitte fair". Es werde bald ein Gespräch mit Cordes über seinen Kurs geben.

Am 2. November tagt der Metro-Aufsichtsrat wieder. Dann darf das Gremium laut Gesetz erstmals offiziell über die Verlängerung des Vertrags sprechen. Aus Konzernkreisen ist zu hören, dass die Metro-Eigentümer Haniel und Schmidt-Ruthenbeck den wankenden Chef stützen. Im Aufsichtsrat schwindet der Rückhalt wegen der Äußerungen an der Theke. "Es kommen viele Dinge zusammen und solche Bemerkungen darf ein Vorstandsvorsitzender nicht machen", so ein Aufsichtsrat. Über Cordes heißt es bei Metro: "Der wird kämpfen."

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