Machtkampf bei Internetfirma:Hätte Yahoo nur gegoogelt

Yahoo bekommt keine Ruhe in den gebeutelten Laden. Der Umsatz rutscht ab, das einstige Kerngeschäft mit der Suchmaschine ist weggebrochen - und nun muss Chef Thompson einräumen, dass er bei seinem akademischen Titel geschummelt hat. Sein Gegenspieler arbeitet an einem Putsch.

Franz Baden

Titel machen sich gut für die Karriere. Das ist in der Politik genauso wie in der freien Marktwirtschaft. Und für einen Chef der Internetfirma Yahoo, die nun schon seit einigen Jahren mit dem eigenen Abstieg beschäftigt ist, würde sich ein Bachelor in Informatik nun einmal extrem gut machen. Leider hat Scott Thompson (der derzeitige Amtsinhaber), anders als im Lebenslauf angegeben, nur einen Bachelor in Buchhaltung - weshalb er sich jetzt wortreich, aber inhaltsarm beim Personal entschuldigt hat.

Scott Thompson

Scott Thompson gerät wegen eines falschen Bachelortitels unter Druck.

(Foto: AP)

"Ich übernehme dafür die volle Verantwortung und möchte mich bei euch entschuldigen", schrieb der falsche Informatik-Bachelor in einem Brief. Alle hätten hart gearbeitet, "um den Konzern nach vorn zu bringen, aber dieser Vorfall hat den gegenteiligen Effekt". Und, so Thompson: "Ich hoffe, die Angelegenheit wird schnell beigelegt."

Da hat der reuige Yahoo-Vorstandschef die Rechnung sicher ohne Daniel Loeb gemacht, den Hedgefonds-Manager und Großaktionär. Thompsons Gegenspieler hat die unkoschere Angelegenheit aufgedeckt, die geradezu nach Konsequenzen verlangt, schließlich war die geschönte Vita auch der Börsenaufsicht SEC gemeldet worden. Loeb fordert nunmehr Einblick in die Aufzeichnungen von Yahoo.

Aufgeklärt werden soll, unter welchen Umständen Thompson überhaupt Vorstandschef werden konnte. Auch bezweifelt der Störenfried die Qualifikation mehrerer Yahoo-Verwaltungsräte. Die Anteilseigner hätten "ein Recht auf totale Transparenz", teilt Loebs Investmentfirma Third Point mit. Sie hält knapp sechs Prozent an dem amerikanischen Online-Unternehmen.

Die Absicht des renitenten Hedgefonds-Managers ist klar: Er will, nebst einigen Getreuen, selbst in das Kontrollgremium von Yahoo einziehen und dort den Ton angeben. Sechs Verwaltungsräte sollen gehen, darunter Patti Hart, die zuständig war für die Suche nach einer Person, die sich auf den Chefstuhl von Yahoo setzt - einen typischen Schleuderstuhl, auf dem sich etwa Carol Bartz nicht lange gehalten hat. Yahoo habe nicht erklärt, warum ein Firmenchef angeheuert wurde, "ohne die Qualifikationen des Kandidaten auch nur rudimentär zu überprüfen", heißt es in einem öffentlichen Brief der Third-Point-Leute.

"Unehrenhaftes Verhalten"

Yahoo bekommt einfach keine Ruhe in den gebeutelten Laden. Der Umsatz ist ins Rutschen geraten, das einstige Stammgeschäft - die Dienstleistung einer Suchmaschine - ist fast komplett zu Google gewandert, den Marktführer. Vielleicht hätten die Yahoo-Verantwortlichen ein paar Fakten zu Vorstandschef Thompson besser einmal googeln sollen, witzeln einige in dem Konzern.

Das Unternehmen selbst hatte zunächst die Personalien-Klitterung als "unbeabsichtigten Fehler" bezeichnet, was die eigene Glaubwürdigkeit sicherlich nicht erhöht hat. Es fehlt noch immer an genauen Angaben, wie es zu dem Fehler gekommen war - und das trotz der lautstark angekündigten Untersuchung.

Investor Loeb hat jeden wissen lassen, was er von der Causa hält. Per Schreiben fordert er die Entlassung des Chefs - wegen "unehrenhaften Verhaltens".

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