Machtkampf bei VW:Streit lähmt Konzern

Der Stuttgarter Sportwagenbauer Porsche sägt am Stuhl von VW-Aufsichtsratschef Ferdinand Piëch - und sucht dabei Unterstützung bei Niedersachsens Ministerpräsidenten Wulff.

Karl-Heinz Büschemann

Der VW-Konzern steuert auf einen massiven Konflikt zu. Die Familien Porsche und Piëch, denen der VW-Großaktionär Porsche gehört, planen den Hinauswurf von Ferdinand Piëch, der dem Aufsichtsrat von Volkswagen vorsitzt. Sie suchen dabei die Unterstützung des niedersächsischen Ministerpräsidenten Christian Wulff (CDU). Der Konflikt blockiert das Management des Autokonzerns.

Machtkampf bei VW: Die Familien Porsche und Piëch streiten um die Macht bei Volkswagen.

Die Familien Porsche und Piëch streiten um die Macht bei Volkswagen.

(Foto: Foto: dpa)

Die Familien Porsche und Piëch, Nachfahren des Autokonstrukteurs Ferdinand Porsche, verhandeln derzeit offenbar darüber, wie der 71-jährige Ferdinand Piëch als VW-Aufsichtsratsvorsitzender abberufen werden kann. "Die sind dazu entschlossen", heißt es aus Unternehmenskreisen.

Dieser ungewöhnliche Vorgang, dem ein Eklat am Freitag im Aufsichtsrat vorausging, lähmt die Führung des Autokonzerns mit seinen weltweit 330.000 Beschäftigten. Ferdinand Piëch hat bei VW eine einflussreiche Rolle; ohne ihn fällt in Wolfsburg keine wichtige Entscheidung.

Der Autoingenieur war von 1993 bis 2001 VW-Vorstandschef und ist seitdem Vorsitzender des Aufsichtsrates. Gleichzeitig ist Piëch Miteigentümer des Sportwagenherstellers Porsche, der gerade dabei ist, die Macht bei VW zu übernehmen. Piëch gilt als mächtiger Gegner von Porsche-Chef Wendelin Wiedeking, dessen Abberufung er angeblich insgeheim betreibt.

Am Freitag hatte sich Piëch bei einer Aufsichtsratssitzung von VW bei einer Abstimmung der Stimme enthalten und damit überraschend gegen das Votum der Kapitalseite gestellt. Er verhalf damit einem Antrag des Betriebsrates zur Mehrheit. Die Arbeitnehmer bei VW lehnen den Einstieg von Porsche ab. Mit seiner Stimmenthaltung düpierte Piëch die Arbeitgeberseite und fiel seinem Vetter Wolfgang Porsche sowie dem Porsche-Vorstandsvorsitzenden Wiedeking in den Rücken. Die Porsche-Vertreter hatten für die Ablehnung des Antrages gestimmt.

Damit eskaliert der Streit um die Übernahme von VW durch Porsche. Für besonderen Unmut hatte bei der Besitzerfamilie gesorgt, dass Piëch zu der Aufsichtsratsitzung nicht einmal persönlich erschienen war, sondern seine Stimme schriftlich abgegeben hatte. "Ich bin entsetzt über das Abstimmungsverhalten des Aufsichtsratsvorsitzenden", erklärte Wolfgang Porsche hinterher. Über Wolfgang Porsche sagt ein Vertrauter: "Der ist stinksauer." Auch andere Mitglieder der Familien Piëch und Porsche seien "außer sich".

Der Einstieg von Porsche sorgt im VW-Konzern für Unruhe bei Management und Belegschaft. Auch die Landesregierung von Niedersachsen ist alarmiert. Das Bundesland hält 20 Prozent der VW-Aktien. Porsche wolle die Mitbestimmungsrechte der VW-Arbeiter einschränken, lautet hier der Vorwurf. Am Freitag hatten während der Aufsichtsratssitzung vor der Konzernzentrale in Wolfsburg deshalb 40000 Arbeiter für den Erhalt des VW-Gesetzes demonstriert, das Niedersachsen bei wichtigen Entscheidungen, etwa der Schließung einer Fabrik, ein faktisches Vetorecht einräumt.

Die Ablösung von Piëch als Chef des Aufsichtsrates ist nur möglich, wenn sich Niedersachsens Ministerpräsident an die Seite von Porsche stellt. Die Staatskanzlei in Hannover lässt erkennen, dass Wulff dazu bereit wäre - aber nur, wenn das Land im Gegenzug eine dauerhafte Garantie für sein Vetorecht erhält. Dazu ist Porsche aber bisher nicht bereit. "Die wollen mit dem Kopf durch die Wand", sagt ein Vertreter der Staatskanzlei, der die Porsche-Seite zu mehr Flexibilität ermahnt. "Die Tür ist offen."

Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: