"Moonswatch":Diese Uhr könnte zu Rudelbildung führen

"Moonswatch": Nicht nur zum Anheulen gut: Der Uhrenhersteller Swatch will an Vollmond glänzende Geschäfte machen.

Nicht nur zum Anheulen gut: Der Uhrenhersteller Swatch will an Vollmond glänzende Geschäfte machen.

(Foto: imago; Swatch; Bearbeitung: SZ)

Die Uhrenmacher von Swatch werfen ein Modell auf den Markt, das nur bei Vollmond zu haben ist - und dessen Zeiger auch nur bei Vollmond produziert wird. Soll das ein Witz sein?

Von Benjamin Emonts

Der Vollmond macht Leute verrückt. Er lässt sie schlecht schlafen, macht sie nervös und ja manche verwandelt er dem Volksmund zufolge gar in blutrünstige Werwölfe. Aus Marketingsicht darf der neueste Coup von Swatch insofern als entweder genial oder gewagt gelten: Die Schweizer Uhrenmanufaktur will ihr neuestes Modell der gehypten Serie "Moonswatch" nur an Tagen mit Vollmond verkaufen. Auf dass die Kundschaft, um in der Sprache der Werwölfe zu bleiben, sich darum reißt.

So war es zumindest vor einem Jahr. Als die "Moonswatch" auf den Markt kam, führte dies weltweit zu Rudelbildungen vor Verkaufsstätten, wie man sie vorher nur vor Apple-Stores kannte. In den Fußgängerzonen in Berlin, Hamburg und München warteten Uhrenliebhaber zu Hunderten in langen Schlangen. Manche harrten sogar über Nacht in Zelten aus, um ein Exemplar zu ergattern. In Berlin war die Meute am Kurfürstendamm so groß, dass die Polizei sich einschaltete. Einige Uhren-Liebhaber offerierten glücklichen Käufern teils noch auf dem Gehsteig - Achtung Marketing-Gag - Mondpreise für ihre Uhren. Im Internet verdreifachten sich die Preise mal eben.

Die Uhr bringt dreistellige Millionenumsätze

Die "Moonswatch" ist das Ergebnis einer Kooperation der beiden Schweizer Uhrenhersteller Swatch und Omega, wobei nur Swatch die Uhren vertreibt. Sie heißt so, weil sie einer berühmten Armbanduhr namens "Omega Speedmaster Moonwatch" nachgebaut wurde. Der Astronaut Buzz Aldrin soll diese Uhr anno 1969 auf dem Mond getragen haben. Ein von Neil Armstrong geschossenes Foto kurz vor der Landung beweist das angeblich.

Bisher gab es die "Moonswatch" in elf verschiedenen Varianten, die in ihrem Design an unterschiedliche Planeten erinnern. Sie heißen etwa "Mission to Mars" oder "Mission on Earth". Während das Vorbild, die mechanische "Speedmaster", derzeit rund 7500 Euro kostet, gibt es die aus Plastik hergestellten Modelle für erschwingliche 250 Euro. Die Strategie, eine Luxusuhr der breiten Masse zu verkaufen, zahlte sich aus. Die Swatch Group, zu der auch Omega zählt, verkaufte im Jahr 2022 mehr als eine Million Exemplare und strich einen dreistelligen Millionenumsatz ein.

Im Netz hagelt es auch Kritik

Und nun das neue Modell, pünktlich zum ersten Geburtstag der Moonswatch: die "Mission to Moonshine Gold" - bescheiden klingt anders. Sie kostet 276 Euro und soll nach Wunsch des Herstellers noch exklusiver wirken als ihre Vorgänger. Zu erstehen gab es die quarzgesteuerte Uhr am Dienstag zunächst nur an den Standorten Zürich, London, Mailand und Tokio. Online sind die Uhren überhaupt nicht zu bekommen. Als Prunkstück gilt der vergoldete Sekundenzeiger. Laut Hersteller besteht er - hört, hört - aus "Omega Moonshine Gold", einer dünnen Schicht aus recyceltem Gold. Die Zeiger, auch das meint das Unternehmen offenbar ernst, werden nur bei Vollmond produziert. Die nächste Charge lässt entsprechend - wie ein Blick in den Mondkalender zeigt - bis zum 6. April auf sich warten.

Die Marketing-Strategie beruht schließlich auf dem Prinzip der Verknappung, auch wenn die Uhren grundsätzlich nicht limitiert sind. Das kann man exklusiv finden - oder daneben. Im Internet jedenfalls sind Teile der Meute ziemlich erbost. Viele Leute haben offenbar keine Lust, täglich in den Shops anzurufen, geschweige denn stundenlang anzustehen. Sie fordern den Online-Handel der Moonswatch.

Und Kritik hagelt es in sozialen Netzwerken auch an der Neuauflage selbst. Das neue Modell "Mission to Moonshine Gold" habe - abgesehen vom vergoldeten Zeiger - nicht viel mehr zu bieten als das Vorgängermodell "Mission to Moon". So entsteht bei manchen Kommentatoren der Eindruck, das neue Modell sei lediglich "more of the same", also eine beliebige Wiederholung, die erschaffen wurde, um die Erfolgsstory der "Moonswatch" auf Teufel komm raus fortzuschreiben. Bilder von wartenden Rudeln vor den Shops gingen am Dienstag dennoch wieder um die Welt. Es war schließlich Vollmond.

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