Luftverkehr - Hahn-Flughafen:Flughafen Hahn: Haupteigentümer kann Schulden nicht zahlen

China
Flughafen Hahn. Foto: Thomas Frey/dpa/Archivbild (Foto: dpa)

Direkt aus dem dpa-Newskanal

Hahn/Peking (dpa) - Der Haupteigentümer des Hunsrück-Flughafens Hahn ist in tief in eine Schuldenkrise gestürzt. Wie der chinesische Mischkonzern HNA am Freitag mitteilte, konnten Schulden nicht mehr zurückgezahlt werden. Deshalb hätten Gläubiger beim Volksgericht der chinesischen Provinz Hainan ein Insolvenzverfahren und die Neuausrichtung des Unternehmens beantragt. Man wolle mit dem Gericht zusammenarbeiten, hieß es weiter.

Der gefährdete Hunsrück-Flughafen Hahn im strukturschwachen Hunsrück gehört zu 82,5 Prozent dem chinesischen Großkonzern, die restlichen 17,5 Prozent liegen beim Bundesland Hessen. Der ehemalige US-Militär-Airport ist der einzige größere Flughafen in Rheinland-Pfalz. Die Hahn-Geschäftsführung äußerte sich vorerst nicht auf Anfrage.

Der Ausbruch der Corona-Pandemie, die die Luftverkehrsindustrie besonders schwer trifft, hatte es dem hoch verschuldeten Großkonzern HNA zusätzlich erschwert, seine finanziellen Verpflichtungen zu erfüllen. So gab es bereits 2020 Gerüchte, dass die HNA-Flugzeugsparte Hainan Airlines an staatliche chinesische Fluggesellschaften verkauft werden könnte. Der Konzern hatte sich in den vergangenen Jahren mit milliardenschweren Beteiligungen weltweit schwer verschuldet. Zeitweise hielt HNA sogar fast zehn Prozent der Anteile an der Deutschen Bank, hat sich dort aber wieder zurückgezogen.

Der CDU-Spitzenkandidat der rheinland-pfälzischen Landtagswahl am 14. März, Christian Baldauf, erinnerte daran, dass das Bundesland seinen 82,5-Prozent-Anteil am Flughafen Hahn 2017 "quasi im Schlussverkauf" an HNA veräußert habe. Der chinesische Konzern zahlte damals rund 15 Millionen Euro. Baldauf fragte die Mainzer Ministerpräsidentin Malu Dreyer und ihren Innenminister Roger Lewentz (beide SPD), was sie von der Schieflage von HNA gewusst hätten: "Wurde ein Plan für den Hunsrück-Airport entwickelt? Am Hahn hängen Tausende Jobs." Der Flughafen habe auch noch nach seinem Verkauf Beihilfen und damit Steuergeld bekommen. Das hessische Finanzministerium äußerte sich zunächst nicht zur Schuldenkrise von HNA.

Am Abend teilte das rheinland-pfälzische Innenministerium mit, ihm würden derzeit keine entsprechenden Informationen vorliegen. "Das Ministerium hat in einem Schreiben an den chinesischen Generalkonsul in Frankfurt um weitere Informationen gebeten, vor allem auch, ob und welche Auswirkungen auf das Engagement der HNA Group am Flughafen Frankfurt-Hahn zu erwarten sind", hieß es aus Mainz.

Kaum Fluggäste, geschlossene Läden - das Hahn-Passagierterminal gleicht gegenwärtig wegen der Corona-Krise oft einem Geisterflughafen. Die Zahl der Passagiere stürzte im Dezember 2020 im Vergleich zum Vorjahresmonat um 80,6 Prozent auf 16 172 ab, wie die Arbeitsgemeinschaft Deutscher Verkehrsflughäfen (ADV) kürzlich mitteilte.

Anders sah es beim Frachtgeschäft aus: Es legte zugleich um 53,2 Prozent auf 23 186 Tonnen zu. Der Flughafen Hahn besitzt eine begehrte Nachtflugerlaubnis. Nur vier andere größere deutsche Airports haben ebenfalls eine. Außerdem profitiert der Flughafen von Fracht, die vor Corona als Beiladung von Passagierflügen geflogen worden wäre.

Experten vermuteten bislang, dass der Hahn von der Volksrepublik China womöglich auch als ein Brückenkopf ihrer Strategie "Neue Seidenstraße" zur Ausdehnung ihres internationalen wirtschaftlichen und politischen Einflusses gesehen werde.

Im Juli 2020 hatte es laut Staatsanwaltschaft Koblenz eine Razzia bei "sechs am Flughafen Hahn tätigen Gesellschaften" gegeben. Ermittlungen gegen drei "Verantwortliche" begannen zusammen mit der Steuerfahndungsstelle des Finanzamtes Trier. Das Schweigen zu Details erklärte die Staatsanwaltschaft mit Hinweis auf das Steuergeheimnis und "um den Ermittlungszweck nicht zu beeinträchtigen".

Und der Minderheitsgesellschafter Hessen? Das Finanzministerium in Wiesbaden teilte im November 2020 mit: "Wir haben kein strategisches Interesse am Flughafen Hahn." Hessen sei auch nicht für dessen Verluste aufgekommen. Das Bundesland sei weiter bereit, seinen Anteil an einen geeigneten Investor zu verkaufen.

© dpa-infocom, dpa:210129-99-225086/4

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: